Cover

Table of Contents

Title Page

Kurzbeschreibung

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

Auch in dieser Serie

Über die Autorin

Copyright

Eine hemmungslose Berührung

 

Der Club der ewigen Junggesellen – Buch 6

 

Tina Folsom

Kurzbeschreibung

 

Rochelle Wright ist Ermittlerin bei der Börsenaufsichtsbehörde und lebt für ihren Job. Als verlässliche und besorgte Schwester hilft sie ständig ihrem Bruder aus der Patsche. Doch manchmal muss auch sie aus ihren Gewohnheiten ausbrechen und abschalten. Sie verbringt eine heiße Nacht mit einem charmanten Fremden, den sie glaubt nie wieder zu sehen.

Geschäftsmogul Zach Ivers ist erfolgreich, gut aussehend und Single. Doch als ihn plötzlich die Börsenaufsicht ins Visier nimmt, wird seine geordnete Welt auf den Kopf gestellt, denn die Agentin, die ihm Insiderhandel nachweisen soll, ist keine andere als die reizende Rochelle, in deren Armen er die Nacht zuvor verbracht hat.

Obwohl Zach und Rochelle sich plötzlich auf gegnerischen Seiten wiederfinden, entfacht die Begierde, die in ihrer gemeinsamen Liebesnacht zwischen ihnen entflammt war, erneut. Doch sich dieser Leidenschaft hinzugeben, kann Rochelle ihren Job und Zach seine Firma kosten.

 

* * * * *

Copyright © 2015 Tina Folsom

* * * * *

 

1

 

Zach Ivers schlug mit der Faust auf den Schreibtisch und starrte seinen Anwalt Rick Bourdon fassungslos an. Hatte er richtig gehört?

„Die Securities und Exchange Commission ermittelt gegen mich wegen Insiderhandel?“ Das hatte ihm gerade noch gefehlt. „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“

„Meine Quelle ist zuverlässig. Die hat mich noch nie in die Irre geführt, Zach. Agent Wright wird morgen hier auftauchen.“ Rick lockerte seine Krawatte und stieß einen Atemzug aus. „Wir müssen uns darauf vorbereiten.“

Zach sprang von seinem Ledersessel hoch und beugte sich über den Schreibtisch. „Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen, verdammt noch mal! Irgendjemand will mich hier in Verruf bringen. Rick, Sie müssen herausfinden wer.“

Rick tigerte vor Zachs Schreibtisch hin und her. „Leichter gesagt als getan. Meine Quelle weiß nicht, auf welchen Hinweis hin die SEC die Ermittlung gegen Sie eingeleitet hat. Verdammt, wenn herauskommt, dass wir gewarnt wurden, dann steht die Sache noch viel schlimmer für Sie.“

Zach schnaubte wütend. „Das passt ja wieder zeitlich zusammen! Morgen kommen drei unserer größten Aktionäre. Wenn die Wind von dieser Ermittlung bekommen, dann kann ich deren Unterstützung für unser neues Projekt in Russland abschreiben. Und ohne die drei bekomme ich nicht genug Stimmen im Vorstand.“

„Davenport, Leach und Grover?“, fragte Rick.

Zach nickte kurz.

„Soll ich versuchen, die Besprechung kurzfristig zu verschieben?“

„Nein! Dann kommt erst recht Verdacht auf. Ich fürchte, ich muss mich morgen sowohl den Aktionären als auch der SEC stellen.“

Zach rieb sich das Kinn und blickte durch die deckenhohen Fenster hinaus. Die Sonne ging gerade über Manhattan unter, doch dieses Mal konnte er die herrliche Aussicht aus dem sechzigsten Stock seines Bürogebäudes nicht genießen.

„Gehen Sie, Rick, lassen Sie mich nachdenken.“

Sein Anwalt machte ein paar Schritte in Richtung Tür, blieb aber dann stehen. „Noch was.“

Zach drehte seinen Kopf zur Seite und sah Rick müde an. „Noch mehr schlechte Nachrichten?“

Rick ließ seine Schultern hängen und sah plötzlich in seinem grauen Anzug zehn Jahre älter aus. „Dieser Agent Wright ist allem Anschein nach ein Bluthund. Wenn der sich erst einmal in etwas festgebissen hat, dann lässt er nicht so schnell wieder los. Seien Sie auf der Hut.“ Er zögerte. „Und, es tut mir leid.“

Zach zuckte mit den Schultern. „Nicht Ihre Schuld, Rick.“ Er kämmte seine Finger durch sein dunkles Haar. „Gehen Sie nach Hause zu Ihrer Frau. Sie können hier jetzt auch nichts ausrichten.“

Rick nickte. „Soll ich morgen an Ihrer Seite sein, wenn die SEC auftaucht?“

„Lieber nicht, sonst vermuten die gleich, dass wir gewarnt wurden. Alles läuft wie üblich. Ich lasse Sie rufen, wenn ich Sie brauche. Gute Nacht, Rick.“

„Gute Nacht, Zach“, antwortete Rick und verließ das Büro.

Als die Tür einschnappte, war es totenstill in dem riesigen Raum. Zach ließ seine Augen umherschweifen. All dies gehörte ihm. Er hatte es sich selbst aufgebaut: Ivers International, ein Unternehmen mit Geschäftsvorhaben in der ganzen Welt. Sein persönliches Vermögen ging in die Hunderte von Millionen und die Firma selbst war Milliarden wert. Er war immer noch CEO und Vorstandsvorsitzender, denn mit fünfunddreißig wollte er die Arbeit noch nicht aufgeben. Was sollte er sonst auch tun? Er liebte die Herausforderung.

Und obwohl er bei Verhandlungen skrupellos sein konnte, hatte er nie illegale Methoden benutzt, um zu erreichen, was er wollte. Jeder wusste das. Und jeder respektierte ihn dafür. Und jetzt kam die SEC angelaufen und wollte mit diesem absurden Verdacht auf Insiderhandel seinen Ruf ruinieren? Und nicht nur das: Insiderhandel wurde mit Gefängnis und hohen Geldbußen bestraft. Er würde seine Firma verlieren.

„Verdammt!“, knirschte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Er durfte sich nicht das Schlimmste ausmalen. Er musste positiv denken. Schließlich hatte die SEC keine Beweise für einen Insiderhandel, denn er hatte alle seine Aktiengeschäfte immer angemeldet und nur mit Aktien seiner Firma gehandelt, wenn dies gemäß der Börsenregelungen für Insider erlaubt war.

Zach ließ sich wieder an seinem Schreibtisch nieder und hob den Telefonhörer ab. Was er jetzt brauchte, war ein Drink mit seinen Freunden. Das würde ihm helfen, abzuschalten.

Er wählte schon fast automatisch Jays Nummer, als er zögerte. Den würde er nicht erreichen. Schließlich war Jay mit seiner Verlobten Tara auf seiner Jacht unterwegs. Eine Art Vor-Flitterwochen. Zach schüttelte den Kopf. Jay war genauso ein verliebter Narr wie seine Freunde Paul und Daniel. Beide hatten vor kurzem ihre Traumfrauen geheiratet und obwohl sie in Manhattan wohnten, waren die beiden jetzt weniger verfügbar für spontane Männerabende als zuvor. Daniels Frau Sabrina stand kurz davor, das erste Kind zu entbinden, und Pauls Frau Holly war ihr nur etwa drei Monate auf den Fersen.

Zach wählte die nächste Nummer auf seiner mentalen Liste und lauschte auf den Klingelton.

„Hey, Zach, was gibt’s?“, beantwortete Xavier den Anruf.

„Guten Abend Xavier. Wie sieht’s aus? Hast du Zeit auf einen Drink? In der Fountain Bar?“, meinte Zach.

„Du, Mist, leider nicht. Ich bin mit den Japanern unterwegs. Du weißt ja, wie die Geschäfte machen: Da gehört ein Abend in einer Karaoke-Bar dazu. Willst du mitkommen?“

Zach verdrehte die Augen. „Um Gottes willen, bloß nicht! Viel Spaß!“

„Du verpasst was“, warnte Xavier und lachte.

„Ja, ganz bestimmt. Ich seh mal, ob Hunter Zeit hat.“

„Hunter kommt erst morgen aus den Hamptons zurück.“

„Bist du dir sicher?“

„Ja, er rief am Nachmittag an.“

„Alles klar. Auf bald dann.“ Zach legte auf und wählte nochmals.

Es klingelte viermal, doch sein Freund Wade nahm nicht ab.

„Kommt schon, Jungs, was ist denn heute Abend los?“, sagte er zu sich selbst. Sonst hatte er doch nie Schwierigkeiten, einen Kneipenpartner zu finden.

Er wählte die letzte Nummer und trommelte mit den Fingern auf den Mahagoni-Schreibtisch.

„Zach“, kam leise Michaels Stimme durch die Leitung. „Wo brennt’s?“

„Nirgends, aber vielleicht willst du mir helfen, in der Fountain Bar meinen Durst zu stillen.“

Michael lachte leise. „Ich stille schon meinen Durst, aber nicht mit dir. Außer du hast dich in eine heiße Blondine mit Kurven verwandelt. Auf die warte ich nämlich gerade.“

„Da kann ich leider nicht dienen“, meinte Zach leicht enttäuscht. „Kenne ich die Glückliche?“

„Gott sei Dank nicht, sonst hättest du sie mir vor der Nase weggeschnappt. Dieses Mal bin ich dir zuvorgekommen.“

Zach schüttelte lachend den Kopf. Michael war ein gut aussehender Kerl, hatte Geld und Charme, und war bei den Frauen beliebt. An Frauenmangel durfte er wirklich nicht leiden. „Dann wünsche ich dir eine gute Nacht.“

„Hmm“, meinte Michael. „Da kommt sie ja. Oh ja, eine sehr gute Nacht… Die sieht ja noch leckerer aus als bei Tageslicht. Du, ich muss gehen…“

Dann klickte es auch schon in der Leitung und Michael war weg.

Zach legte den Hörer zurück aufs Telefon. Es sah also so aus, als müsste er alleine in die Bar ziehen, um seinen Kopf frei zu bekommen und sich vor dem morgigen Tag ein wenig zu entspannen.

Er nahm sein Sakko, das über seinem Sessel gehangen hatte, und warf es sich über die Schulter. Das Vorzimmer war leer. Seine Assistentin war schon vor einer Stunde nach Hause gegangen.

In völliger Stille fuhr er mit dem Aufzug ins Erdgeschoss hinunter und schritt durch die Eingangshalle mit der gläsernen Fassade.

„Gute Nacht, Mr. Ivers“, rief ihm der Nachtpförtner zu.

„Gute Nacht“, antwortete er und trat in die laue Sommernacht hinaus.

2

 

Rochelle Wright presste das Handy an ihr Ohr und holte tief Luft, um das zu sagen, was sie schon vor geraumer Zeit hätte sagen sollen. „Steve, ich kann dir nicht ständig aus der Klemme helfen, sonst lernst du nie, auf eigenen Beinen zu stehen.“

Da, jetzt war sie es endlich losgeworden. Am anderen Ende der Leitung war es plötzlich still. Hatte er etwa aufgelegt?

„Ach, komm schon, Schwesterchen!“

Offenbar nicht. Ihr Bruder hatte noch nicht aufgegeben.

„Selbst du kannst kein Blut aus einem Stein herausquetschen. Ich kann dir kein Geld mehr geben. Ich habe nichts mehr. Und außerdem –“

„Das stimmt doch nicht!“, unterbrach er sie aufgebracht. „Du hast doch einen Superjob. Die zahlen dir doch eine Menge Kohle.“

„Die ich zum Leben brauche. Weißt du überhaupt, wie teuer meine winzige Wohnung ist? Und jedes Jahr geht die Miete rauf!“ Aus dem Augenwinkel sah Rochelle, wie der Barkeeper ihr auf ihren verbalen Ausbruch hin einen Blick zuwarf.

„Dann zieh doch von Manhattan nach Queens oder in die Bronx. Da ist es billiger.“

Dieser Kommentar brachte sie erst recht auf die Palme. „Damit ich jeden Tag zwei Stunden in der U-Bahn sitzen kann?“ Sie schnaubte, nicht nur verärgert über ihren Bruder, sondern auch über sich selbst. Wie waren sie eigentlich auf dieses Thema gekommen? Es ging ja bei diesem neuesten Familienstreit nicht um sie, sondern um den Taugenichts am anderen Ende der Leitung.

„Und lenke ja nicht vom Thema ab!“, fügte sie hastig hinzu. „Ich bin nicht dein Goldesel, den du jedes Mal anzapfen kannst, wenn du wieder bei irgendeiner idiotischen Geschäftsidee Geld verlierst.“

„Jetzt bist du aber unfair, Rochelle!“, beschwerte er sich.

„Bin ich das? Hast du mitgezählt, wie oft du mich schon angepumpt hast und ich dir aus dem Schlamassel geholfen habe?“ Sie hatte das nämlich getan. „Viel zu oft!“

„Ach, Rochelle, komm schon, das ist das letzte Mal. Ich schwöre es“, versuchte Steve ihr jetzt zu schmeicheln.

Sie schüttelte den Kopf. „Du bist mein Bruder und ich liebe dich. Aber es ist an der Zeit, dass du lernst, dass deine Handlungen Konsequenzen nach sich ziehen. Und für die bist nur du selbst verantwortlich.“

Sie nahm das Handy vom Ohr und drückte auf „Beenden“. Es tat ihr mehr weh, als es ihrem Bruder wehtun würde. Ihm ständig zu helfen hatte vielleicht sogar dazu geführt, dass er bei allem, was er anpackte, scheiterte. Schließlich fing sie ihn ja immer wieder auf. Da hatte Steve doch keinerlei Ansporn, wenn er wusste, dass er immer wieder auf sie zurückgreifen konnte. Vielleicht war es an der Zeit, dass er lernte, ohne Stützräder zu fahren.

Mit einem Seufzer legte Rochelle ihr Handy auf die Bar und leerte ihren Cocktail.

„Familienprobleme?“, fragte der Barkeeper mit einem mitleidigen Lächeln und näherte sich.

Sie verdrehte die Augen. „Leider kann man sich seine Geschwister nicht aussuchen.“

Er nickte. „Ja, das Problem haben viele.“ Er deutete zu ihrem leeren Glas. „Nochmals das Gleiche?“

„Ja, bitte.“

Während er sich daran machte, den Drink zu mixen, ließ Rochelle ihren Blick in der Bar umherschweifen. Es war ruhig. Nur wenige Gäste saßen an den kleinen Tischen und unterhielten sich leise. Aus den Lautsprechern rieselte moderne Jazzmusik. Normalerweise ging Rochelle nicht in Midtown aus, doch heute Abend hatte sie nach der Arbeit noch eine kurze Besorgung machen müssen und war danach zufällig an der einladend aussehenden Kneipe vorbeigekommen. Etwas gestresst von der Arbeit und dem Druck, den ihr Chef auf sie ausübte, war sie kurzerhand eingekehrt.

„Bitte sehr.“ Der Barkeeper stellte den Drink vor sie hin und streckte ihr die Hand entgegen. „Lance.“

Sie schüttelte sie. „Rochelle“, stellte sie sich vor. „Ist es hier immer so ruhig?“

„Montags ab und zu, ja, aber von Donnerstag bis Samstag ist es hier gerammelt voll. Heute sind es eher die Stammgäste.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich habe Sie hier noch nie zuvor gesehen.“

„Ich arbeite downtown und wohne in dem East Village. Ich bin selten hier in der Gegend. Aber heute brauchte ich einfach einen Drink.“

Lance nickte mit dem Kopf in Richtung Handy. „Deswegen?“

Sie seufzte. Wenn Steve nur ihr einziges Problem wäre, dann wäre ihr Leben ein Zuckerschlecken. Doch auch in der Arbeit gab es genug, weswegen sie sich nicht wohlfühlte, nicht zuletzt ihres Chefs Todd Yochum wegen. Seit sie ihm deutlich gemacht hatte, dass sie auf seine Annäherungsversuche nicht eingehen würde, setzte er sie noch mehr unter Druck. Wenn er geglaubt hatte, dass sie sich dadurch erweichen ließ, dann hatte er aber nicht mit ihrer Hartnäckigkeit gerechnet. Lieber würde sie sich vom nächstbesten Fremden an die Wäsche gehen lassen als von ihrem arroganten Chef.

„Unter anderem. Leider hat mein Bruder ständig Geldprobleme und glaubt, ich sei seine Privatbank.“

„Na, zum Glück wissen meine Geschwister, dass sie da bei mir kein Glück haben. Mich pumpt keiner an.“ Er machte eine ausschweifende Handbewegung und deutete damit die Bar an. „Gehört mir leider nicht. Ich arbeite nur hier“, meinte der Barkeeper. „Arbeiten Sie denn auf der Wall Street?“

Lance meinte vermutlich damit, dass sie bei einem Börsenmakler angestellt war, also ließ sie ihn in dem Glauben. „So ähnlich. Wie lange sind Sie denn schon Barkeeper hier?“

„Ein paar Jahre. Macht Spass. Ich lerne viele interessante Leute kennen.“ Die Tür ging auf und Lance blickte in deren Richtung. „Ah, Stammkunde. Entschuldigen Sie bitte kurz.“ Er nickte ihr zu und ging zum anderen Ende des Tresens.

„Hey Zach! Wie läuft’s?“

Rochelle nahm einen Schluck von ihrem Drink und ließ das köstliche Getränk ihre Kehle benetzen.

„Langer Tag“, meinte der Neuankömmling.

Seine Stimme war tief und angenehm und Rochelle konnte nicht anders und warf einen Blick in seine Richtung. Der Mann trug einen dunklen Anzug und nickte Lance gerade zu.

„Das Übliche?“

„Heute brauche ich etwas Stärkeres.“ Er deutete auf die Reihe von Whiskyflaschen hinter Lance. „Einen Maker’s Mark, ohne Eis, bitte.“

Rochelle ließ ihre Augen über den Mann, den Lance Zach genannt hatte, schweifen. Sein Profil war edel. Eine gerade Nase, kräftige Wangenknochen, ein kantiges Kinn. Dunkle Schatten lagen auf seinem Kinn, denn obwohl er glattrasiert war, kamen bereits seine Bartstoppeln an die Oberfläche seiner Haut. Sein Haar war dunkel, fast schwarz, und es war kurz geschnitten. Seine Hand lag auf dem Bartresen und er trug keinen Ring am Finger. Sonderbar erleichtert hob sie ihren Blick zurück zu seinem Gesicht.

Ihr Atem stockte.

Zach sah sie direkt an. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er bemerkt, wie sie ihn begutachtet hatte, als befände er sich auf einem Versteigerungspodium.

Hitze wallte in ihr auf und brachte ihre Wangen zum Brennen. Schnell wandte sie ihren Kopf weg und griff nach ihrem Glas. Doch selbst ein Schluck ihres kalten Cocktails konnte sie nicht kühlen. Mit bebender Hand stellte sie das Glas wieder auf den Tresen. Sie wollte sich mit den Händen Luft zufächeln, doch das konnte sie nicht, da der heiße Mann am anderen Ende der Bar es gesehen hätte.

Ja, der heiße Mann, denn genau das war er. Wenn sie geglaubt hatte, dass er im Profil gut aussah, dann war das noch gar nichts im Vergleich zu seinem Antlitz. Er war mehr als nur attraktiv. Seine Augen waren stechend blau und von dichten Wimpern umgeben. Starke, perfekt gewölbte Augenbrauen zeichneten sich darüber ab. Und seine Lippen: Sie waren voll und stark. Wie es sich wohl anfühlen würde, diese auf ihrer Haut zu spüren?

Nein, so durfte sie nicht denken. Das war doch verrückt. Sie war doch nicht hier, um einen Fremden aufzureißen.

„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“

Rochelle schwang auf ihrem Barhocker herum und starrte direkt in das tiefe Blau seiner Augen. Sie öffnete ihren Mund, doch kein Laut kam heraus.

„Darf ich vorstellen?“, fragte plötzlich Lance von seinem Platz hinter der Bar und stellte einen Drink auf den Tresen. „Zach, Rochelle. Rochelle, Zach.“

Zach lächelte sie charmant an. „Na, jetzt sind wir ja schon fast Freunde.“ Er deutete auf den Barhocker neben ihr. „Darf ich?“

Sie nickte schnell und schluckte, um ihre trockene Kehle zu befeuchten. „Natürlich.“

Er nahm neben ihr Platz und drehte sich, sodass sein Körper ihr zugewandt war. Unwillkürlich fiel ihr Blick auf seine leicht geöffneten Beine, doch schnell fing sie sich wieder und griff nach ihrem Glas. Sie versuchte, ihre Nervosität zu überspielen, und suchte nach einem Gesprächsthema.

„Arbeiten Sie hier in der Gegend?“, fragte sie schließlich.

„Nicht weit von hier.“ Er hob sein Glas. „Wollen Sie mit mir anstoßen?“

„Worauf?“

Er rückte ein bisschen näher. „Auf unzählige Möglichkeiten.“

Sie verschluckte sich fast. Dieser Mann sprühte nur so vor Sex-Appeal und er wusste es auch. Oder benahm er sich nur so, weil sie ihn so unverhohlen gemustert hatte? Das hatte sie sich vermutlich alles selbst zuzuschreiben.

Rochelle stieß ihr Glas leicht an seines und nahm den Stier bei den Hörnern, denn irgendetwas an dem Mann brachte sie dazu, ihm die Stirn bieten zu wollen. „Ich nehme an, das ist Ihre übliche Anmache?“

Zach schmunzelte und warf Lance einen Blick zu. Der Barkeeper lachte und zuckte mit den Schultern.

„Da tun Sie mir aber Unrecht, Rochelle“, meinte Zach, bevor er einen Schluck von seinem Drink nahm. „Wie mein Freund Lance hier bestätigen kann, komme ich nicht hierher, um Frauen anzumachen; das mache ich lieber nicht in meinem Stammlokal. Hier komme ich zum Ausspannen her.“ Dann zwinkerte er ihr gutmütig zu. „Auch wenn ich da gerne mal eine Ausnahme mache.“ Er ließ einen anerkennenden Blick über sie schweifen. „Vor allem, wenn die Frau außerordentlich schön ist.“

Rochelle spürte ein Kribbeln über ihre Haut huschen. Und obwohl sie vermutete, dass er dieses Kompliment nicht ernst meinte und wahrscheinlich jeder Frau das Gleiche sagte, fühlte sie, wie ihr Körper auf seinen Charme reagierte und zu erwachen begann.

Sie neigte ihren Kopf leicht. „Danke, aber ich will Sie auf keinen Fall dazu bringen, Ihre Gewohnheiten meinetwegen zu ändern.“

„Jetzt stellen Sie mich aber hin, als wäre ich eingefahren und nicht zu einer Veränderung bereit. Glauben Sie mir, ich verändere mich gerne; sehr oft sogar, je nachdem, was von mir erwartet wird. Da bin ich sehr vielseitig.“ Er zwinkerte ihr zu.

Eigentlich sollte sie schockiert sein, doch sonderbarerweise blieb diese Reaktion bei ihr aus. Stattdessen sah sie ihn interessiert an. Sie war schon von vielen Männern angemacht worden, doch Zach war anders. Er wirkte weder aufdringlich noch schleimig. Im Gegenteil, es schien, als machte er nur Spass und erwartete gar nicht, dass sie auf seine Worte einging.

„Wie vielseitig?“

Die Worte waren ihr einfach herausgerutscht. Sie wollte sich die Hand über den Mund schlagen, aber stattdessen war sie wie gelähmt.

Zach lachte laut auf und warf dabei den Kopf zurück. „Touché!“ Sein Lachen war entwaffnend, ebenso wie seine nächsten Worte. „Danke. Ab und zu muss ich mal in die Schranken verwiesen werden, sonst werde ich zu übermütig.“ Er wechselte einen Blick mit Lance. „Stimmt’s, Lance?“

Lance grinste und wandte sich dann an sie. „Selbst er kann nicht immer alles bekommen, was er will. Wurde mal Zeit, dass ihm das jemand beibringt.“ Er fing an, ein Bier zu zapfen. „Obwohl er ein netter Kerl ist.“

Zach verdrehte die Augen. „Wirklich, Lance? Ein netter Kerl? Nach allem, was ich hier schon an Geld in dieser Bar ausgegeben habe, musst du mir so in den Rücken fallen?“ Trotz der Anklage schmunzelte Zach, dann beugte er sich verschwörerisch zu Rochelle. „Hören Sie nicht auf ihn. Ich bin überhaupt nicht nett. Ich bin ein regelrechter Halunke ohne Manieren und Feinheiten. Und keine Frau ist vor mir sicher.“

Rochelle konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

„Siehst du, was du jetzt angestellt hast?“, klagte Zach den Barkeeper spaßend an. „Jetzt nimmt sie mich nicht mal mehr ernst.“ Zach leerte seinen Whisky. „Verstehen Sie jetzt, warum ich also nie in meiner Stammkneipe eine Frau anmachen würde?“ Er deutete mit dem Daumen Richtung Lance und zog eine Grimasse.

Rochelle grinste Zach an. „Ja, bei so einem Hindernis ist das natürlich alles Zeitverschwendung. Kann ich schon verstehen.“

Als er ihr verschmitzt zulächelte, ließ sie ihre Augen nochmals über ihn schweifen. Ja, er war heiß, gut aussehend, doch etwas anderes war noch viel wichtiger: Mit ihm so zu scherzen, hatte für einen Moment ihre Probleme in den Hintergrund gedrängt. Und das war genau das, was sie im Moment brauchte.

„Darf ich Ihnen einen Drink zahlen, Zach?“

Er starrte sie verwundert an. Dann lächelte er. „Sie wollen mich doch nicht etwa betrunken machen, damit Sie Ihr Unwesen mit mir treiben können?“

Der Idee war sie plötzlich gar nicht so abgeneigt. Schließlich musste sie abschalten und sich entspannen. Sie schmunzelte. „Wäre das so schlimm?“

„Mir ist schon Schlimmeres widerfahren.“

3

 

Im Spiegel, der über der Bar hing, beobachtete Zach, wie Rochelle sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Seit einer Stunde lachten sie jetzt schon miteinander und sprachen über belanglose Dinge und er konnte seine Augen nicht von ihr nehmen.

Ihr langes, kastanienbraunes Haar hing in leichten Wellen über ihre Schultern und er konnte sich vorstellen, wie er es mit seinen Fingern durchkämmte und sein Gesicht in ihrer Fülle vergrub und den Duft einatmete. Das Grün ihrer Augen leuchtete einladend, wann immer sie ihn anlachte. Strahlendweiße Zähne waren der perfekte Kontrast zu ihren blutroten Lippen, die er sich nur allzu gut auf seinem Körper vorstellen konnte.

Doch nicht nur ihre Schönheit faszinierte ihn. Ihr offenes Wesen und ihr herzliches Lachen sprachen ihn ebenso an. Sie war selbstbewusst und klug, Attribute, die er bei einer Frau sehr schätzte, denn von Frauen, die nichts im Hirn hatten und nur ihren Körper benutzten, um Männer anzulocken, hatte er genug. Rochelle war eine Herausforderung – eine Frau mit einem heißen Körper, der seinen Schwanz zum Pochen brachte, und einem Kopf, der ihn auf der intellektuellen Ebene ansprach. Doch im Moment beherrschte ihn sein Schwanz, und dessen Bedürfnissen musste er nachgehen.

„Hätten Sie Lust, mit mir zum Essen zu gehen?“, fragte er Rochelle mit einem Lächeln.

Sie begegnete seinem Blick und beugte sich näher. Ihre Hand glitt auf seinen Unterarm. „Sie wollen doch nicht wirklich zum Essen gehen, oder?“ Ihre Wimpern flatterten.

Er strich mit seinem Finger über ihren Handrücken und genoss die sanfte Berührung ihrer samtenen Haut. „Haben Sie denn keinen Hunger?“

Er spürte, wie seine Stimme plötzlich rau geworden war, und war sich vollkommen bewusst, dass sie es auch bemerkt haben musste.

„Hunger habe ich schon.“ Sie drückte seinen Arm sanft. „Aber nicht auf Essen.“

Zach schluckte schwer. Verdammt, das war doch das, was er normalerweise sagen würde. Langsam brachte er seinen Kopf näher zu ihrem, sodass sie nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt waren.

„Vielleicht kann ich Ihnen helfen, den Hunger zu stillen.“

„Aber nur, wenn es Ihnen recht ist. Ich will Sie ja nicht bedrängen.“

Er legte seine Hand über ihre und drückte sie leicht. „Es macht mir nichts aus, ein bisschen bedrängt zu werden. Das spornt mich eher an.“ Er rutschte etwas auf seinem Barhocker in ihre Richtung und ließ sein Knie gegen ihren Oberschenkel gleiten. „Nicht dass ich im Moment einen Ansporn bräuchte.“ Er senkte den Blick zu seinem Schritt, wo sich seine Erektion bereits unter seiner Anzughose bemerkbar machte.

Rochelle lachte leise und brachte ihren Mund zu seinem Ohr. „Dann sollten wir uns vielleicht lieber mal auf den Weg machen, bevor hier etwas in die Luft geht.“

Zach drehte seinen Kopf zur Seite. „Lance, zahlen bitte.“

Dann machte er sich daran, seine Kreditkarte herauszuholen und sie auf den Tresen zu legen, bevor er sich wieder Rochelle zuwandte. Er fuhr mit der Hand in ihr Haar und streichelte ihren Nacken. „Es sieht so aus, als breche ich heute Nacht meine eigene Regel.“

„Die Regel, in Ihrer Stammkneipe keine Frau aufzureißen?“ Sie gluckste. „Keine Angst, Sie werden sich keine neue Stammkneipe suchen müssen. Ich bin das erste und letzte Mal hier.“

Er schmunzelte. „Vielleicht wär’s an der Zeit, dass wir uns jetzt duzen.“ Er beugte sich zu ihrem Ohr und sog ihren atemberaubenden Duft ein. „Immerhin werde ich dir in ein paar Minuten die Kleider vom Leib reißen und mich in dir vergraben. Oder habe ich dein Angebot falsch verstanden?“

Ein unterdrücktes Stöhnen kam von Rochelle. „Nein, das ist genau das, was ich will.“ Ein kurzes Zögern. „Solange ich dir auch die Kleider vom Leib reißen darf.“

„Ich bitte darum.“ Er streifte mit seinen Lippen an ihr Ohrläppchen. „Um die Ecke ist ein gutes Hotel.“

Sie zog ihren Kopf zurück und sah ihn an. Dann nickte sie. Offensichtlich verstand sie ihn sofort. „Ein Hotel ist mir recht.“

Obwohl Zach nicht zu weit entfernt wohnte, hatte er nicht die Absicht, Rochelle mit zu sich nach Hause zu nehmen, denn sobald Frauen sahen, wie luxuriös er lebte und wie wohlhabend er offenbar sein musste, wurden sie meistens zu anhänglich. Und auf eine Beziehung war er im Moment nicht aus. Es gab schon genug Chaos in seinem Leben. Er brauchte keine Frau, die noch dazu beitrug. Vor allem keine so verführerische wie Rochelle, denn er konnte sich gut vorstellen, seinen Kopf zu verlieren und sich kurzerhand in eine glühende Affäre zu stürzen, die seinen Fokus von seinem Geschäft lenken würde, wenn er ihre Gesellschaft länger als eine Nacht genießen würde. Und gerade jetzt mit der anstehenden Ermittlung durch die Börsenaufsicht musste er einen kühlen Kopf bewahren.

Nachdem Zach die Rechnung beglichen hatte, steuerte er Rochelle aus der Bar. Lances Grinsen spiegelte sich in der Glastür, als Zach diese zufallen ließ. Er legte seinen Arm um Rochelles Taille und spürte sie erzittern und zögern.

Kurzerhand blieb er stehen und zog sie mit sich in den Schatten des nächsten Gebäudes. „Wenn du’s dir anders überlegt hast, dann ist das schon in Ordnung.“ Er streichelte mit den Fingerknöcheln über ihre Wange. „Ich will dich, aber wenn du das doch nicht willst, dann setze ich dich jetzt in ein Taxi und schicke dich nach Hause.“

Sie hob ihre Hand und kämmte mit den Fingern durch sein Haar. Als ihre Fingernägel seine Kopfhaut berührten, erschauderte er unwillkürlich und musste für einen Moment die Augen schließen.

„Ich will nicht nach Hause“, flüsterte sie. „Ich will viel lieber deine nackte Haut auf meiner spüren.“

„Rochelle“, murmelte er. „Ich würde dich jetzt wahnsinnig gerne küssen, aber ich fürchte, dass wir es nicht bis ins Hotel schaffen werden, wenn ich das tue.“ Er drückte sie an die Wand und presste seinen Körper an sie, um sie spüren zu lassen, wie sehr sie ihn erregte.

„Dann kann ich nur hoffen, dass es nicht weit ins Hotel ist, denn wenn ich dich so spüre, dann verwandle ich mich in eine Tigerin, die ihre Beute in den Klauen hat.“

Er zog eine Seite seines Mundes zu einem Schmunzeln hoch. „Wenn du das in ein paar Minuten ausleben willst, dann mache ich mit. Einer Tigerin wollte ich schon immer verfallen.“

Zach löste sich von ihr und nahm ihre Hand in seine. Am Ende des Blocks bog er nach rechts ab und führte sie zum Eingang des Hotels. In der eleganten Lobby war es ruhig. Er deutete auf die bequemen Sessel in der Empfangshalle.

„Warum wartest du nicht hier auf mich, während ich uns ein Zimmer besorge?“

Sie nickte. „Beeil dich.“

Er zog ihre Hand an seinen Mund und drückte ihr einen Kuss auf den Handrücken. Dann ging er auf die Rezeption zu und schritt auf den Hotelangestellten hinter dem Marmortresen zu.

Binnen weniger Minuten hatte er die Schlüsselkarte zu einem Zimmer im vierundzwanzigsten Stock in der Hand.

„Ist der Geschenkeladen noch offen?“, fragte er den Rezeptionisten.

Dieser blickte an ihm vorbei, dann lächelte er unverbindlich. „Auf dem Weg zu den Aufzügen, nach links. Sie haben Glück. Er schließt in fünf Minuten.“ Dann räusperte er sich. „Eine gute Nacht, Sir.“

Zach nickte und drehte sich um. Rochelle saß in einem der Sessel und erhob sich, als sie ihn auf sich zukommen sah. Er nahm ihre Hand und führte sie in Richtung der Aufzüge.

„Warte beim Aufzug auf mich. Ich muss noch kurz etwas besorgen.“ Er neigte seinen Kopf in Richtung Geschenkeladen, dann flüsterte er ihr ins Ohr: „Außer du bist vorbereitet und hast etwas dabei.“

Sie sah zu ihm auf. „Ich hatte nicht geplant…“

Er winkte ab. „Keine Sorge.“ Sonderbarerweise gefiel ihm die Tatsache, dass sie keine Kondome bei sich trug. Also war sie nicht wirklich darauf aus gewesen, die heutige Nacht mit einem Fremden zu verbringen. Genauso wenig wie er.

Im Laden ging er direkt zur Kasse und deutete auf eine Schachtel hinter der älteren Verkäuferin. „Eine Dreierpackung Trojans, bitte.“

Sie lächelte und ließ ihren Blick über ihn schweifen. Sie nahm eine Packung Kondome und scannte den Preis. Als er bezahlte, fiel Zachs Blick wieder zur Tür und in den Gang, wo Rochelle vor den Aufzügen auf ihn wartete.

„Einen schönen Abend noch, Sir“, meinte die Verkäuferin und übergab ihm die Packung, die sie in eine dezente braune Papiertüte gesteckt hatte.

„Gute Nacht.“

Rochelles Augen waren auf ihm, als er sich ihr näherte. Die Türen des Aufzugs öffneten sich. Rochelle trat vor ihm hinein, Zach folgte ihr. Er drückte auf den Knopf für die vierundzwanzigste Etage und wartete, bis sich die Türen schlossen und der Aufzug sich in Bewegung setzte.