Ruediger Dahlke
Von der großen Verwandlung
Wir sterben
… und werden weiterleben
Ruediger Dahlke
Von der großen Verwandlung
Wir sterben
… und werden weiterleben
Unter Mitarbeit von Margit Dahlke
ISBN 978-3-86191-144-9
1. Auflage 2020
© 2011 Crotona Verlag GmbH
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INHALT
Vom Leben und Sterben
Der moderne Tod
Konsequenzen
Eine Kultur des Sterbens
Der Tod aus spiritueller Sicht
Praktische Sterbebegleitung unter spirituellen Gesichtspunkten
Der Tod ist das Tor zum Leben
Seelenbefreiungs-Therapie
Die weite(re) Reise
Das Himmelreich
Der große Ausgleich
Unterstützung für den Körper auf seinem letzten Weg
Der Körper als Hülle und Überbleibsel
Bewusst Abschiednehmen
Exerzitien zum Umgang mit dem Tod für „Zurückgebliebene“
Wegzehrung für die Seele
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
Rainer Maria Rilke
Meinem Schwiegertiger Michaela
in Liebe und Dankbarkeit
Für Heiner, der vorausgegangen ist
und die Tür aufhalten will….
Für Peter, der nicht so lange,
aber so mutig lebte…
Für Erich, der schon so früh
so lebensmüde war…
Für Herrmann, der mit Schwung gehen wollte
und es auch tat…
Für Katharina, die ihren Zauberberg
so früh bestieg…
und für alle, die noch bleiben!
C.G. Jung: „Ich bin als Arzt überzeugt, dass es sozusagen hygienischer ist, im Tod ein Ziel zu erblicken, nachdem gestrebt werden sollte, und dass das Sträuben dagegen etwas Ungesundes und Abnormes ist, denn es beraubt die zweite Lebenshälfte ihres Zieles.
Ich finde deshalb alle Religionen mit einem überweltlichen Ziel äußerst vernünftig vom Standpunkt einer seelischen Hygiene aus gesehen… Es wäre also vom seelenärztlichen Standpunkt gut, wenn wir denken könnten, dass der Tod nur ein Übergang sei, ein Teil eines unbekannt großen und langen Lebensprozesses.“1
ÜBER DEN TOD
Ihr möchtet dem Tod entlocken sein Geheimnis
Doch wie wollt ihr es finden, wenn ihr nicht im Herz des Lebens danach sucht?
Die Eule, deren Blick allein die Nacht durchdringt, vermag vom Glanz des Lichts den Schleier nicht zu heben.
Wenn ihr den Geist des Todes wahrhaft wollt erforschen, öffnet dem Geist des Lebens weit das Herz.
Denn so, wie Fluss und Meer in Wahrheit eines sind, sind es Leben auch und Tod.
In den Tiefen eurer Hoffnungen und Wünsche liegt das verborgne Wissen um die Anderwelt;
Und wie der Samen träumt unter dem Mantel weiß von Schnee,
So träumt in euren Herzen ihr von Frühlingssonne. Vertraut auf eure Träume, denn sie sind die Hüter jenes Tors zur Ewigkeit.
Eure Todesangst gleicht nur des Hirten Zittern im Angesicht des Königs,
Dessen Hand jedoch als Anerkennung ruht auf ihm voll Güte.
Bebt nicht der Hirte zitternd noch voll Freude,
Dass er des Königs Wertschätzung erfuhr?
Ist es ein wissentliches Schauern nicht?
Denn was ist Sterben anderes, als nackt im Wind zu stehen und in der Sonne Strahl zu schmelzen.
Und wenn der Atem stockt, empfängt er die Befreiung aus der ruhelosen Flut des Lebens,
Damit er steige, wachse und zur Gottessuche sich begebe ohne Lasten.
Erst wenn ihr aus dem Fluss des Schweigens habt getrunken,
Werdet das rechte Lied ihr anfangen zu singen.
Wenn ihr des Berges Gipfel habt erklommen,
Könnt ihr den wahren Anstieg erst beginnen.
Erhebt die Erde Anspruch dann auf eure Hülle der Vergänglichkeit,
Steigt ihr empor zu neuem Tanz.2
VOM LEBEN UND STERBEN
Wer das Leben gelebt hat,
wird das Sterben annehmen,
wie den Abstieg nach einer Bergtour.
Über Leben und Sterben zu schreiben, heißt über alles zu schreiben. Mir drängt sich dieses Thema schon länger auf; denn die besten Freunde hatten ihre Lebenskerze an beiden Enden angezündet und mich früher als erwartet und nachdenklicher zurückgelassen. Meine Groß(e)Mutter hat uns schon länger und mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen. Sie hatte mir oft gedroht, nicht sterben zu können, weil ich meinen Doktor nicht machte. Entspannt hatte ich entgegnet, sie sowieso noch lange behalten zu wollen. Als ich dann die Dissertation doch abschloss, rief ich sie am Morgen der Pro-Forma-Prüfung an, um ihr die freudige Nachricht zu übermitteln. Oma Änne aber sagte, ich solle erst mal wirklich hingehen und alles sicher bestehen, sie war schließlich einiges mit mir gewohnt. Als ich ihr zwei Stunden später den Vollzug melden wollte, hob sie nicht ab, und ich wunderte mich sehr, denn es war ihr doch so wichtig gewesen. Etwas später rief mich mein Vater an und teilte mir mit, dass seine Mutter, meine Groß(e) Mutter, vor einer Stunde lächelnd in ihrem Lehnstuhl für immer eingeschlafen sei. Sie hatte genau bis zum Ende meiner „Prüfung“ gewartet. Und ich blieb mit einem eigenartigen Gefühl zurück, mit ihr eher mehr verbunden als zuvor. Ihr Sohn, mein Vater, ist ihr einige Jahre später auf seine nüchterne „naturwissenschaftliche“ Art gefolgt und wollte selbst diesen letzten Übergang empirisch erforschen.
Während ich dieses Buch schreibe, verabschiedet sich Michaela, mein Schwiegertiger, auf ihre ebenso typische wie rührende Art von uns mit Anekdoten, die noch lange lebendig bleiben und von einem besonderen Leben zeugen werden. So bin ich dankbar, mich mit Hilfe und angeregt durch meine „Vorgänger“ diesem letzten großen Thema gedanklich widmen zu dürfen.
Zum Verständnis des Daseins muss man die Regeln kennen, um erfolgreich am Spiel des Lebens teilzunehmen. Wer die „Schicksalsgesetze“ erkennt und den Spielcharakter des Lebens durchschaut, ist mit der Kenntnis des Polaritäts-und des Resonanzgesetzes auf gutem Weg. Ihm wird notwendigerweise auch das „Schattenprinzip“ begegnen und als Gegenpol zum Leben das Sterben, die Schattenseite unserer Welt. Wer das von vornherein akzeptiert, hat auch für diese andere Seite unserer Existenz gute Aussichten.
Eine der besten Vorbereitungen auf Sterben und Leben zugleich erscheint mir die Auseinandersetzung mit der Schattenwelt bereits im Leben, wie es die Helden der Antike vorgelebt haben, die allesamt in die Unterwelt des Hades abstiegen, um sich anschließend in der Oberwelt besser zurechtzufinden. Ob wir Odysseus nehmen, der im Orkus dem blinden Seher Teiresias begegnen musste, oder Herakles, der zuerst noch den Höllenhund Cerberus, heute so respektlos „innerer Schweinehund“ genannt, zu besiegen hatte, bevor er Hades konfrontieren konnte. Das „Schattenprinzip“ wird so zur Ergänzung der „Schicksalsgesetze“ und zum Leitfaden in die Welt der eigenen Schatten. Es stellt, wie jede Sterbebegleitung, mehr Lichtarbeit dar als süßliches Licht-Getue.
Unser Problem mit dem Sterben lässt sich gut am Leben und Sterben der diesbezüglich bedeutendsten Spezialistin, Elisabeth Kübler-Ross, erkennen. Wohl keine Ärztin hat in diesem Jahrhundert so viel Bewusstheit im Hinblick auf den Tod erweckt. Begonnen hat sie ihren ärztlichen Weg als Landärztin in der Schweiz. Erst später, in den USA, machte sie die Sterbeforschung salonfähig und erlangte dadurch wissenschaftlichen Weltruf. Im Alter – angetrieben von ihrem unstillbaren Bedürfnis zu helfen und der unbeugsamen Ehrlichkeit gegenüber ihren Forschungsergebnissen – hat sie den Bogen noch weiter gespannt, bis in Bereiche jenseits des Sterbens und des Todes. Damit aber hatte sie für viele Wissenschaftler den Bogen überspannt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, mochte man ihr nicht mehr folgen und verwarf zum Teil dann auch Dinge,