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Werner Hau

Traumziel Lehrer

Aufgeben war keine Option für mich

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Beim Schreiben habe ich bewusst darauf verzichtet, eine gendergerechte Sprache zu verwenden und immer die weibliche und männliche Person aufzuführen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

© 2020 by edition fischer GmbH

Inhalt

Aller Anfang ist nicht immer leicht

Erste Erfahrungen als Schüler hinter der Ladentheke

Arbeitsintensive Ferien

Mein Berufswunsch entsteht

Musik ist Leben

Das Studentenleben beginnt

Studieren kostet Geld

Erste Abnabelungsversuche

Der eigene Herr sein

Hürden wollen genommen werden

Der Reiz des Neuen

Einmal Saarländer – immer Saarländer

Der nächste interessante Ferienjob

Und schon wieder geht es auf Reisen

Langsam auf die Zielgerade

Erste schulische Gehversuche

Endlich am Ziel

Am Ziel heißt aber nicht ausruhen

Eine Freundschaft entsteht

Ein ständiger Begleiter: Bewertungen

Neuland: Schreiben

Das war erst der Anfang

Es gibt nicht nur Gabler und Kiehl

Vereinsmitgliedschaften

Ein Schritt auf der Karriereleiter

Im Mittelpunkt stehen die Schüler

Ende in Sicht

Und das Leben geht weiter

Aller Anfang ist nicht immer leicht

Es war der 13. April 1948, als ich ins Leben meiner Eltern trat. Gleich nach meiner Geburt meldete ich mich lautstark zu Wort. Für meine junge Mutter Maria war ich das pure Glück. Liebevoll hielt sie mich, ihren Erstgeborenen, im Arm. Eher skeptisch beäugte mich dagegen mein Vater Ludwig, denn die Nachkriegszeit war schwer und nun musste auch noch dieser kleine Schreihals versorgt werden.

Der zweite Weltkrieg war noch nicht lange vorbei und mein Vater hatte das große Glück, als noch junger Mann unversehrt in seine saarländische Heimatstadt Bexbach zurückkehren zu können. Sein dringender Wunsch war es, eine Berufsausbildung zu absolvieren, damit er wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen konnte und bestimmt auch, um all die schrecklichen Kriegserlebnisse hinter sich zu lassen. Eine Lehrstelle zu finden, gestaltete sich äußerst schwierig, denn die Wirtschaft in der Kleinstadt im Saarland lag danieder und es gab kaum Ausbildungsstellen. Aber auch hier hatte er Glück: In einem Unternehmen im nahegelegenen Neunkirchen bot man ihm an, ihn zum Buchbinder auszubilden. Diese Aufgabe nahm er gerne an und absolvierte schließlich noch die Meisterprüfung.

Die Arbeit als frisch gebackener Buchbindermeister bereitete ihm Spaß, mit Hingabe band er die ihm von Kunden anvertrauten Bücher. Im Laufe der Zeit bildete er sich auch im Restaurieren immer weiter und konnte so seine kreative Ader zum Ausdruck bringen, die sich in einer späteren Phase seines Lebens in der erfolgreichen Teilnahme an Ausstellungen zeigte. Damals beispielsweise, durfte er die wertvollen Bilder, die bei einem Einbruch in die katholische Kirche zerstört wurden, wiederherstellen und ihnen die ursprüngliche Schönheit zurückgeben.

Trotz all der Arbeit hatte er sich alsbald in eine junge, verständnisvolle und sehr engagierte Frau namens Maria verliebt. Mit ihr gründete er eine Familie und im Laufe der nächsten Jahre bekam ich zwei Schwestern und noch einen Bruder. Meine Eltern waren sehr fleißige Menschen und so verfolgten sie zielstrebig ihren Plan, ein Unternehmen zu gründen. Das erste Geschäft eröffneten sie bereits kurz nach meiner Geburt. Dort wurden Bücher, Zeitschriften, Schreib- und Spielwaren verkauft und mein Vater rahmte Bilder oder restaurierte Bücher in seiner darüber liegenden Werkstatt. Für mich war der Laden ein wunderbarer Ort, eine Oase, gab es doch vieles zu entdecken und auszuprobieren.

Außerdem sorgten die Angestellten, die meine Eltern inzwischen beschäftigten, sowie die Kunden für Abwechslung. So kam ich bereits als kleines Kind gerne mit vielen Menschen in Kontakt. Ich glaube, sowohl die Neugierde als auch die Kontaktfreudigkeit entwickelten sich hier bereits von klein auf, zwei Eigenschaften, die mich bis heute begleiten sollten.

Man hatte mich auf den germanischen Namen Werner getauft, der in seiner ursprünglichen Bedeutung für »sich wehren, sich schützen« steht. Und wehren musste ich mich sehr häufig. So entstand bereits in frühen Jahren – natürlich unbewusst – die Devise: Nur nicht aufgeben! Aber ich hatte ein freundliches, eher ruhiges Wesen. Während meine Mutter immer den liebevollen Part übernahm, sich, wenn nötig, helfend und schützend vor ihren Erstgeborenen stellte und ihm fast immer Verständnis entgegenbrachte, pflegte dagegen mein Vater – zumindest bei mir – einen seltsamen Erziehungsstil. Den Buben in den Arm zu nehmen, ihn für etwas zu loben, was er gut gemacht hatte, glaubte er, schade dem Jungen nur, härte ihn nicht für das Leben ab. Provozieren, herausfordern, kleinhalten empfand er als die besseren Erziehungsmittel. Wahrscheinlich dachte mein Vater, dass ich überheblich und träge werden würde und dass meine Motivation auf der Strecke bliebe. Dieses Erziehungsziel, das muss man ihm zugestehen, hat er zumindest erreicht. Denn faul war ich nie, habe stets versucht, meinen Vater von mir und meinen Leistungen zu überzeugen. Schade! Das habe ich leider nie geschafft, was mir noch heute als Siebzigjähriger leidtut.

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Erste Erfahrungen als Schüler hinter der Ladentheke

Als ich schulpflichtig wurde, besuchte ich zunächst die Volksschule in Bexbach. An meine Schulzeit habe ich grundsätzlich gute Erinnerungen, aber keine sehr detaillierten. Mit den meisten meiner Klassenkameraden verstand ich mich prima, auch mit den Lehrkräften hatte ich keine nennenswerten Probleme, bzw. sie nicht mit mir. Nach dem Unterricht lief ich mittags nach Hause und setzte mich nach dem gemeinsamen Essen pflichtbewusst an meine Hausaufgaben, wenn auch nicht mit übergroßem Eifer.

Als ich etwas älter wurde und die ersten sechs Schuljahre hinter mir lagen, hörte ich von meinen Eltern immer öfter: »Mache deine Aufgaben ordentlich, aber wenn wir dich nachmittags im Laden brauchen, rufen wir dich.«

Eine Konzentration rein auf die schulischen Arbeiten war damit dahin. Mit einem Ohr lauschte ich vom zweiten Stock ins Erdgeschoss, ob jemand nach mir rief. So kam es, dass ich als ungefähr Dreizehnjähriger des Öfteren im elterlichen Geschäft hinter der Ladentheke stand, um aus- bzw. mitzuhelfen, wenn viel Betrieb herrschte. Eigentlich machte mir diese Tätigkeit ja Spaß, kam sie doch meinem Naturell, mit Menschen zu kommunizieren, ziemlich entgegen. Besonders gerne verkaufte ich Teile der elektrischen Modelleisenbahn und die dazugehörigen Häuschen oder Figuren, sozusagen das gesamte Equipment. Vielleicht hätte ich selbst gerne eine solche Anlage besessen. Gut, dazu kam es nicht, vielleicht hatten meine Eltern mit Platzgründen dagegen argumentiert. Aber wir boten auch Modellflugzeuge zum Verkauf an, für die ich mich begeisterte. Mit viel Gefühl und Geduld baute ich die zahlreichen einzelnen Teile zusammen und freute mich sehr, wenn ich sie auf einem Feld am Ortsrand zum Fliegen bringen konnte. Meine Freunde teilten dieses Hobby nicht mit mir, sodass ich meist allein loszog, um mein selbstgebautes Modell aufsteigen zu lassen. Das ging in Ordnung, ich liebte zwar den Umgang mit anderen Menschen, konnte aber auch gut mit mir allein sein. So stand ich am Rande eines Ackers und konzentrierte mich auf mein Flugzeug. Einen Blick für die Schönheit der Natur hatte ich damals leider noch nicht. Heute würde ich mich an dem Blick in die Weite, an dem Wolkenspiel über mir und an den Kartoffelpflanzen, die vor mir wuchsen, erfreuen. Als Jugendlicher war diese Perspektive nur rudimentär entwickelt.

Nach dem Besuch der Bexbacher Volksschule wechselte ich nach Homburg/Saar an die sogenannte Mittelschule mit dem Ziel, die Mittlere Reife zu absolvieren. Ich hatte das Glück einen großartigen, einfühlsamen Klassenlehrer zu haben. Der leicht untersetzte Pädagoge mit seinem gütigen Gesichtsausdruck war stets korrekt gekleidet mit Anzug und weißem Hemd. Er interessierte sich sehr für seine Schützlinge, führte immer wieder aufbauende Gespräche mit ihnen und scheute auch vor häuslichen Besuchen nicht zurück. Auch bei meinen Eltern stand er plötzlich nachmittags im Laden.

Natürlich bekam er mit, dass ich häufig im elterlichen Geschäft mithelfen musste und mir somit die Zeit für zusätzliches Lernen fehlte. Für meine Situation zeigte er stets Verständnis. Einerseits fühlte ich mich verantwortlich, meine Eltern bei ihrer Existenzsicherung zu unterstützen, andererseits konnte ich mich auch nicht voll auf meine schulischen Aufgaben konzentrieren. Folglich ging auch die eine oder andere Klassenarbeit daneben. Mein Klassenlehrer verstand es, mich dann aber immer wieder zu motivieren und mir klar zu machen, dass ich meinen schulischen Weg unbedingt fortführen müsse, auch wenn nicht alles auf Anhieb glatt laufe. Er lobte mich, natürlich nicht für eine schlechte Note, aber für anderes, was ich augenscheinlich gut gemacht hatte. Und er sprach mir Mut zu, an mich zu glauben und mich von Rückschlägen nicht unterkriegen zu lassen. Offensichtlich erkannte er in mir Potential, im Gegensatz zu meinem Vater. Bis heute bin ich ihm dankbar, dass er sich damals so für mich eingesetzt hat und mir damit Zuversicht und mehr Selbstvertrauen verlieh.

Zu Hause lief bei einer schlechten Beurteilung ein ganz anderes Programm ab.

Meine Eltern fragten mich: »Welche Note hat denn dein Freund bekommen?«

Meistens musste ich gestehen: »Der hat eine Note besser.«

Im umgekehrten Falle, auch den gab es, dass ich besser abgeschnitten hatte, spielte der Vergleich überhaupt keine Rolle. Diese offenkundige Ungerechtigkeit nagte sehr an meinem Ego.

Häufig setzte mein Vater dann noch mit einer Drohung nach: »Mache nur so weiter, dann landest du zukünftig auf dem Bau!«

Verbal konnte ich zu diesem Zeitpunkt leider mit nichts dagegenhalten.

Arbeitsintensive Ferien

Inzwischen war ich in einem Alter angelangt, in dem man sich normalerweise auch für das andere Geschlecht interessierte. Auch ich schaute den hübschen Mädels nach und die eine oder andere hätte ich gerne einmal zu einem Eis in die Eisdiele eingeladen. Nun muss man wissen, dass ich für meinen Einsatz in unserem Geschäft kein Geld bekam und auch Taschengeld war Fehlanzeige. Wenn ich etwas benötigte, ging ich zu meinen Eltern und bat sie um den entsprechenden Geldbetrag. Wenn ich meinen Vater gefragt hätte: »Papa, kannst du mir fünf Mark geben, damit ich Rita zu einem Eis einladen kann?«, dann hätte ich im Voraus darauf wetten können, wie die Antwort ausfallen würde.

»Was mit Mädchen anfangen, in deinem Alter? Mache zuerst einmal deine Schule zu Ende!«

Auf eine derartige Reaktion konnte ich verzichten und machte mir deshalb Gedanken, wie ich zu dem einen oder anderen Geldschein kommen konnte. Einen Versuch hatte ich bereits früher schon einmal gestartet. Bei einem ortsansässigen Bauern wollte ich bei der Kartoffelernte helfen.

Bei meinen Eltern traf das auf wenig Gegenliebe, von meinem Vater wurde mein Wunsch jäh zunichte gemacht: »Wir brauchen dich im Laden!«

Häufig ließen sich ältere Kunden ihre bei uns erworbenen Zeitungen nach Hause bringen, was meistens ich dann mit meinem Fahrrad erledigte. Aber auch das war keine einträgliche Geldquelle, denn die Leute hielten sich mit einem »Trinkgeld« sehr zurück und nur selten bekam ich eine Münze zugesteckt. Vielleicht hatten sie in dieser Zeit auch Mühe, mit ihren Renten zurechtzukommen.

Also musste für mich ein neuer Plan her. Ich erinnerte mich an die häufige väterliche Drohung, einmal auf dem Bau zu landen. Nun ergriff ich dafür selbst die Initiative und stellte mich bei einem Bauunternehmer vor. Diesmal fragte ich nicht bei meinen Eltern um Erlaubnis, sondern nahm den angebotenen Ferienjob am Bau an. Um es klar zu sagen, die Arbeit hinter der Ladentheke unseres Geschäftes war die eindeutig leichtere und angenehmere, aber die weniger lukrative! Auf der Baustelle, auf der ein recht rauer Umgangston gepflegt wurde, ging es sehr früh los, das hieß für mich um fünf Uhr morgens aufstehen, zu einer Zeit also, die bei einem Jugendlichen keine Begeisterung hervorrief. Dann hieß es Säcke schleppen, Nachschub für die Bauarbeiter besorgen und abends todmüde, ausgepowert und mit Rückenschmerzen ins Bett fallen. Von dem heutigen Arbeitnehmerschutzgesetz konnte man damals nur träumen. Meine liebe Mutter unterstützte mich in diesen Wochen und weckte mich morgens in aller Herrgotts Frühe. Vermutlich war sie doch irgendwie stolz auf ihren Erstgeborenen, dass er solche Strapazen auf sich nahm und bis zum Ende durchhielt. Und stolz war ich auch auf mich, denn ich hatte diesen Job allein, auf eigene Initiative bekommen. Das stärkte mein Selbstvertrauen, trotz all der körperlichen Schinderei.

Ein Jahr später suchte ich mir erneut einen Ferienjob und landete bei dem Autozulieferer Eberspächer in Bexbach, der Einzelteile für den Karosseriebau in alle Welt verschickte. Dort musste ich helfen, Lkw zu beladen.

Zum ersten Mal in meinem Leben kam ich mit taubstummen Menschen in Berührung. Mit ihnen zusammen zählte ich Schalldämpfer, um sie für den Transport fertig zu machen. Durch die Zusammenarbeit mit diesen Menschen mit einer schweren körperlichen Beeinträchtigung entwickelte sich langsam eine Sensibilität in mir für den Umgang mit Andersartigem. Eine Bereicherung für mein Leben.

Bei meinem Einsatz bei Eberspächer machte ich eine weitere, einmalige Erfahrung: Ich durfte als Beifahrer in einem großen Lkw mitfahren, was für mich faszinierend war. Diese Sehnsucht überkommt mich manchmal noch heute. Aus diesem Grund fotografiere ich gerne die Kolonnen von Lkw, die oft an den Autobahnrastplätzen zu finden sind. Dann stelle ich mir vor, hinter dem Lenkrad einer dieser vor Kraft strotzenden Maschinen zu sitzen und den roten Truck – rot muss er schon sein oder eine andere auffallende Lackierung haben – gen Süden zu lenken und den vermeintlichen Geruch von Freiheit zu spüren.

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Foto: Werner Hau

Dieser Teil der Arbeit, nämlich im Lkw mitzufahren, gefiel mir sehr, der nächste allerdings weniger. Denn unsere Ladung brachten wir zu den Waggons der Deutschen Bahn, um sie auf diese umzuladen. Beim ersten Mal erlebte ich dabei einen kleinen Schock, denn dieser Waggon stank fürchterlich. Die Erklärung war einfach: In ihm waren zuvor Schweine transportiert worden und auf eine gründliche Reinigung hatte man wohl verzichtet. Aber auch an diese Arbeit mit dem besonderen Dufterlebnis gewöhnte ich mich in den nächsten Tagen.

Mein Berufswunsch entsteht

Eines wurde mir aber nach meinen beiden Ferienjobs klar: Ein Leben lang wollte ich eine solche Arbeit nicht ausführen. In mir verfestigten sich deshalb die Erkenntnis und das Ziel, mein Abitur absolvieren zu müssen. Die Prüfung zur Erlangung der Mittleren Reife hatte ich inzwischen mit Erfolg abgeschlossen.

Nun meldete ich mich in Saarbrücken auf dem Wirtschaftsgymnasium an. Mit meiner Klassenkameradin Petra, mit der ich mich gleich gut verstand, fuhr ich täglich mit dem Zug dorthin. Die Fahrzeit nutzten wir, um nochmals in ein Schulbuch zu schauen oder um die Hausaufgaben abzugleichen. Petra war eine sehr gute Schülerin, ich habe sie immer beneidet. Sie hatte eine rasche Auffassungsgabe und konnte die Dinge behalten, zumindest bis zur nächsten Überprüfung. Manchmal trafen wir uns auch zu dritt mit einem weiteren Klassenkameraden bei mir zu Hause, um gemeinsam zu lernen.

In der neuen Schule stand neben den Wirtschaftsfächern die Fremdsprache Französisch neu auf dem Stundenplan. Das Saarland grenzt ja unmittelbar an Frankreich, aber dennoch bereitete mir das Erlernen der französischen Sprache große Schwierigkeiten. Ausgerechnet unser Klassenlehrer unterrichtete dieses Fach. Mit seiner Art des Unterrichtens kam ich überhaupt nicht zurecht. Auch einigen meiner Klassenkameraden erging es so. Uns fehlten Erklärungen, ansprechende Texte und Situationen aus unserer Realität und keine Abhandlungen, beispielsweise über die Montanunion – schlichtweg: Es fehlte die Motivation. Wenn der Französischlehrer mit uns besprochen hätte, wie wir mit Jugendlichen in unserem Alter beim nächsten Frankreichaufenthalt ins Gespräch kommen können oder genauer gesagt, wie man ein französisches Mädchen anquatscht, ohne dass es peinlich wird, hätte wahrscheinlich auch ich mit der Fremdsprache in diesem ersten Schuljahr meinen Frieden schließen können.

Heute dagegen bin ich süchtig nach dem Klang und der Melodie dieser wunderbaren französischen Sprache. So zieht es mich immer wieder nach Saargemünd, einem beschaulichen Städtchen direkt hinter der französischen Grenze, um all jene Dinge in dem weitläufigen Supermarkt einzukaufen, die es in Deutschland nicht gibt. Außerdem habe ich das elegante Arcachon an der Atlantikküste mit seinen zahlreichen denkmalgeschützten Villen sowie mit seinem wie Disney-Land anmutenden Casino zu meinem liebsten Urlaubsort auserkoren.

Manchmal denke ich dann, wenn ich mich in Französisch nicht richtig ausdrücken kann, dass ich doch damals im Wirtschaftsgymnasium hätte noch mehr für den Spracherwerb tun müssen. Aber wie gesagt, der Zugang zur Fremdsprache blieb mir damals verwehrt, weil mich die Auswahl der Texte, mit denen wir gearbeitet haben, wenig berührte. Außerdem fehlte auch noch die Transparenz der Notengebung, denn für mich überraschend kassierte ich am Schuljahresende die Note Sechs. Dass eine Lehrkraft eine erteilte Note dem Schüler mitteilen muss, das war damals noch nicht verpflichtend. Ich jedenfalls war nicht gewarnt, kann mich an kein aufrüttelndes Gespräch mit dem Lehrer erinnern. Damit war ich – nach damaligen Versetzungsmodalitäten – sitzengeblieben. Meine übrigen Noten waren gar nicht schlecht, aber eine einzige Sechs reichte, um die Klasse wiederholen zu müssen.