Cover
Mark Batterson – Nachfolge total – Aus dem Amerikanischen von Silke Gabrisch – SCM R.Brockhaus

Für die Gemeinde, die ich mit Freuden leiten darf – die National Community Church

INHALT

Jetzt oder nie

Kapitel   1:  Den Sarg packen

Kapitel   2:  Das verdrehte Evangelium

Kapitel   3:  Es wird ernst

Alles auf eine Karte

Kapitel   4:  Attacke!

Kapitel   5:  Dies ist nur ein Test

Kapitel   6:  Die Schiffe verbrennen

Kapitel   7:  Die Party sprengen

Alles geben

Kapitel   8:  Randbegeisterte

Kapitel   9:  Auf den Felsen klettern

Kapitel 10:  Die Arche bauen

Kapitel 11:  Den Rinderstecken in die Hand nehmen

Alles in allem

Kapitel 12:  SDG

Kapitel 13:  Den Stab auf den Boden werfen

Kapitel 14:  Position beziehen

Kapitel 15:  30 Silberstücke

Alles oder nichts

Kapitel 16:  Das Bild, das Eifersucht erregt

Kapitel 17:  Nur eine Entscheidung entfernt

Dank

Anmerkungen

Jetzt oder nieJetzt oder nie

KAPITEL 1

Den Sarg packen

Vor etwa 100 Jahren wurde eine Schar mutiger Pioniere als „Einwegmissionare“ bekannt. Sie lösten lediglich Fahrkarten für den Hinweg, um auf ihr Missionsfeld zu gelangen. Und statt in Koffern verstauten sie ihre wenigen irdischen Habseligkeiten in Särgen. Beim Ablegen vom Hafen sagten sie allen, die sie liebten, und allem, was sie kannten, Lebewohl. Sie wussten, dass sie niemals zurückkehren würden.

A.W. Milne war einer dieser Missionare. Er segelte zu den Neuen Hebriden im Südpazifik, obwohl er genau wusste, dass die Kopfjäger, die dort lebten, jeden Missionar vor ihm umgebracht hatten. Milne fürchtete nicht um sein Leben, weil er sein Leben bereits innerlich abgegeben hatte. Sein Sarg war gepackt. Fünfunddreißig Jahre lang lebte er bei diesem Stamm und liebte dessen Mitglieder. Als er starb, begruben sie ihn inmitten ihres Dorfes und brachten die folgende Inschrift auf seinem Grabstein an:

Als er kam, gab es kein Licht.

Als er ging, gab es keine Finsternis.

Wann haben wir angefangen zu glauben, dass Gott uns an ungefährliche Orte führen möchte, damit wir dort einfache Dinge tun? Dass Treue bedeutet, die Stellung zu halten? Dass es am sichersten ist, auf Nummer sicher zu gehen? Dass es etwas Besseres als Opfer gibt? Dass radikal gleichbedeutend mit normal ist?

Jesus ist nicht gestorben, damit wir auf sicherem Grund bleiben. Er ist gestorben, um uns gefährlich zu machen. Treue bedeutet nicht, die Stellung zu halten, sondern die Pforten der Hölle zu stürmen. Der Wille Gottes sichert uns nicht ab. Er fordert uns heraus. Die völlige Hingabe unseres Lebens für die Sache Christi ist nicht radikal. Sie ist normal.

Es ist an der Zeit aufzuhören, so zu leben, als sei der einzige Sinn des Lebens, sicher den Tag des Todes zu erreichen. Es ist an der Zeit, alles auf eine Karte zu setzen und alles zu geben für den, der alles in allem ist.

Packen Sie Ihren Sarg!

KAPITEL 2

Das verdrehte Evangelium

Im 16. Jahrhundert, zur Zeit der Renaissance, stellte der Astronom Nikolaus Kopernikus die Vorstellung infrage, dass die Erde das Zentrum des Universums ist. Er behauptete, die Sonne drehe sich nicht um die Erde, sondern die Erde um die Sonne. Die kopernikanische Wende stellte die Welt der Wissenschaft auf den Kopf, weil sie das Universum umkrempelte.

Ganz ähnlich muss jeder von uns seine eigene kopernikanische Wende vollziehen. Der Paradigmenwechsel geschieht dann, wenn wir die Tatsache akzeptieren, dass sich die Welt nicht um uns dreht. Doch diese bittere Pille muss man erst einmal schlucken.

Wenn wir auf diese Welt kommen, dreht sich alles um uns. Uns wird vorne ein Löffel reingeschoben und hinten die Windel gewechselt. Es ist, als existiere die ganze Welt nur dazu, um jedes unserer Bedürfnisse zu stillen. Und das ist wunderbar, wenn man ein zwei Monate altes Baby ist. Aber wenn man 22 ist, wird es zum Problem! Überraschung: Sie sind nicht der Mittelpunkt des Universums!

Sündhaftigkeit ist letztlich Selbstbezogenheit. Dann, wenn wir uns selbst – unsere Wünsche, unsere Bedürfnisse, unsere Pläne – über alles andere setzen. Vielleicht ist Gott immer noch wichtig, aber nicht am wichtigsten. Er kommt an zweiter oder dritter oder siebter Stelle. Wir mögen „Jesus, sei das Zentrum“ singen, aber eigentlich möchten wir, dass sich die Menschen so vor uns verneigen, wie wir uns selbst vor Christus verneigen. Es ist eine subtile Form von Egoismus, die sich als Geistlichkeit tarnt, aber sie ist nicht christuszentriert. Sie ist selbstzentriert. Es geht weniger darum, dass wir selbst Gottes Zielen dienen, sondern mehr darum, dass er unseren Zielen dient. Ich nenne das „verdrehtes Evangelium“.

Wer folgt hier wem?

Die meisten Menschen in den meisten Gemeinden denken, sie würden Jesus nachfolgen, aber ich bin mir da nicht so sicher. Vielleicht glauben sie, dass sie Jesus nachfolgen, aber die Wahrheit ist: Sie haben Jesus dazu eingeladen, ihnen nachzufolgen. Sie nennen ihn Retter, aber sie haben sich nie seiner Herrschaft unterstellt. Ich weiß, wovon ich rede. Glauben Sie mir, ich wollte nirgends ohne Jesus im Schlepptau hingehen. Aber er sollte mir folgen und meinen Zielen dienen, damit mein Wille geschah.

Erst als ich mit 19 Jahren ganz neu an der University of Chicago war, hatte ich meine kopernikanische Revolution. Es begann mit der folgenden Frage: Herr, was soll ich deinem Willen nach mit meinem Leben anfangen? Es ist gefährlich, Gott diese Frage zu stellen, aber es ist nicht mal annähernd so gefährlich, wie wenn man diese Frage nicht stellt!

Ich war es leid, ständig selbst das Heft in der Hand zu haben. Ehrlich, ich war nicht sehr gut darin, Gott zu spielen. Außerdem war es anstrengend. Ich hörte auf, „mich selbst finden zu wollen“, und beschloss, Gott zu suchen. Ich konnte nicht genug von der Bibel kriegen. Frühmorgens stand ich auf, um zu beten. Ich fastete sogar zum ersten Mal in meinem Leben. Es war mir wirklich ernst. „Dienst nach Vorschrift“ hatte seinen Dienst getan. Zum ersten Mal in meinem Leben setzte ich Jesus an die erste Stelle.

Am letzten Tag der Sommersemesterferien stand ich im Morgengrauen auf, um einen Gebetsspaziergang zu machen. Unsere Familie machte am Lake Ida in Alexandria, Minnesota, Urlaub. Der Schotterweg, den ich entlangging, hätte auch die Straße nach Emmaus sein können. Die Kuhweide, über die ich lief, hätte auch der hinterste Winkel der Wüste Sinai mit einem brennenden Dornbusch sein können. Nachdem ich monatelang gefragt hatte, bekam ich endlich eine Antwort. Ich wusste, was Gottes Wille für mein Leben war.

Am ersten Tag meines zweiten Studienjahres ging ich ins Verwaltungsbüro der University of Chicago und sagte, dass ich auf eine Bibelschule in Springfield, Missouri, wechseln würde, um in den vollzeitlichen Dienst zu gehen. Der Berufsberater dachte, ich sei verrückt geworden. Genau wie einige Freunde und Familienmitglieder. Ein Vollstipendium für eine der besten Universitäten des Landes in den Wind zu schlagen, ergab auf dem Papier nicht viel Sinn. Es wäre logischer und vernünftiger gewesen, mein Bachelorstudium in Chicago abzuschließen und dann aufs Seminar zu wechseln, aber ich wusste, dass dies mein Alles-oder-nichts-, mein Jetzt-oder-nie-Moment war. Ich wusste, dass ich aufhören musste, mich nach allen Seiten hin abzusichern, und alles auf eine Karte setzen sollte, um ganze Sache mit Gott zu machen.

War es eine schwierige Entscheidung? Ja. Habe ich sie jemals hinterfragt? Mehr als einmal! Doch das wahre Abenteuer der Nachfolge Jesu begann erst, als ich alles riskierte. Es war an dem Tag, als ich aufhörte, Jesus darum zu bitten, mir zu folgen, und mich dazu entschied, ihm zu folgen.

Darf ich Sie fragen: Wer folgt wem? Folgen Sie Jesus? Oder haben Sie das Evangelium verdreht, indem Sie Jesus eingeladen haben, Ihnen zu folgen?

Jedes Jahr darf ich zu Zehntausenden Menschen in Gemeinden und bei Konferenzen im ganzen Land sprechen. Zuerst war ich bestürzt, welche Reaktion in einem christlichen Publikum auf einen einfachen Aufruf erfolgte. Wenn ich die Menschen dazu einlud, Jesus nachzufolgen, kamen normalerweise fünfzig Prozent nach vorne. Diese Prozentzahl ist so verblüffend, weil 100 Prozent von ihnen eigentlich glaubten, sie folgten Jesus bereits. Aber sie taten es nicht. Sie hatten das Evangelium verdreht. Sie hatten zwar irgendwie eingeschlagen, aber nicht die ganze Hand ergriffen. Sie waren halb drinnen und halb draußen.

Zuerst dachte ich, dass das eine Ausnahme war. Wie konnte die Hälfte von uns es falsch verstanden haben? Mittlerweile glaube ich, dass es die Regel ist. Und wenn das so ist, brauchen wir unbedingt einen neuen Standard.

Heilige Herausforderung

Vor mehr als 100 Jahren formulierte ein englischer Erweckungsprediger eine heilige Herausforderung, die ein Leben, eine Stadt und eine Generation verändern sollte. Sie ist zeitlos und auch heute noch aktuell: „Die Welt muss erst noch sehen, was Gott mit und für und durch und in dem Menschen tun wird, der sich ihm ganz und gar hingibt.“1

Der Erste, der diesen Aufruf zur Hingabe hörte, war D.L. Moody. Als die Worte auf sein Trommelfell stießen, rasten sie nicht nur über Synapsen und wurden in seiner Hörrinde registriert. Sie schossen direkt in seine Seele. Dieser Aufruf zur Heiligung definierte sein Leben. Und sein Leben wiederum definierte, was Heiligung ist.

Es war Moodys Augenblick, alles auf eine Karte zu setzen. Vielleicht ist es auch Ihrer?

Im Buch Kreiszieher habe ich über die Wichtigkeit des Gebets geschrieben. Es bewirkt den Unterschied zwischen dem Besten, was man selbst tun kann, und dem Besten, was Gott tun kann. Man muss auf dieselbe Weise einen Kreis um die Verheißungen Gottes ziehen, wie die Israeliten Jericho umrundet haben. Und man zieht so lange seine Kreise, bis er antwortet. Aber man kann nicht nur beten, als hinge alles von Gott ab. Man muss auch arbeiten, als hinge alles von einem selbst ab. Man kann nicht nur einen Kreis ziehen, sondern es gehört auch eine Linie im Sand dazu.

Sie sind nur eine Entscheidung von einem völlig anderen Leben entfernt. Klar, wahrscheinlich wird es die härteste Entscheidung sein, die Sie jemals treffen müssen. Aber wenn Sie den Mut haben, sich ganz der Herrschaft von Jesus Christus zu unterstellen, kann niemand vorhersagen, was Gott tun wird. Alles ist möglich, weil mit Gott nichts unmöglich ist.

D.L. Moody hinterließ in seiner Generation unauslöschliche Spuren. Im ausgehenden 19. Jahrhundert trugen seine Predigten weltweit zu einer großen Erweckung bei. Und über ein Jahrhundert später beeinflusst seine Leidenschaft für das Evangelium weiter indirekt Millionen von Menschen durch die Moody Church, das Moody Bible Institute und den gleichnamigen Verlag.

Moody hinterließ ein wundervolles Vermächtnis, aber alles begann mit einem Aufruf zur Heiligung. Das ist immer so. Nichts hat sich daran geändert. Die Welt muss erst noch sehen, was Gott mit und für und durch und in dem Menschen tun wird, der sich ihm ganz und gar hingibt.

Warum nicht Sie?

Warum nicht jetzt?

Wunderbare Dinge

Jedes Mal, wenn Gott etwas Wunderbares in unserem Leben wirken will, fordert er uns auf, dass wir uns ihm ganz hingeben, dass wir uns heiligen. Dieses Muster zeigte sich erstmals, kurz bevor die Israeliten den Jordan überquerten und das verheißene Land einnahmen.

»Heiligt euch, denn morgen wird der Herr große Wunder unter euch tun.«

JOSUA 3,5

Unser grundlegendes Problem ist: Wir versuchen, Gottes Aufgaben zu erledigen. Wir möchten wunderbare Dinge für ihn tun. Und das scheint ehrenwert, aber wir haben es falsch verstanden. Gott möchte wunderbare Dinge für uns tun. Das ist seine Aufgabe, nicht unsere. Unsere Aufgabe ist die Hingabe bzw. Heiligung. Das ist alles. Und wenn wir unsere Aufgabe erledigen, wird Gott ganz bestimmt die seine tun.

Bevor ich erkläre, was Heiligung bedeutet, möchte ich verdeutlichen, was sie nicht ist: Es bedeutet nicht, einmal in der Woche in die Kirche zu gehen. Es geht nicht um die tägliche Stille Zeit. Es bedeutet nicht, in der Passionszeit zu fasten. Es geht nicht darum, die Zehn Gebote zu halten. Es bedeutet nicht, den Glauben vor Freunden zu bezeugen. Es geht nicht darum, Gott den Zehnten zu geben. Es bedeutet nicht, ein Lebensübergabegebet zu sprechen. Es geht nicht darum, sich ehrenamtlich zu engagieren. Es bedeutet nicht, einen Hauskreis zu leiten. Es geht nicht darum, seine Hände beim Lobpreis zu heben. Es bedeutet nicht, auf einen Missionseinsatz zu fahren.

All das ist gut, aber das ist nicht Heiligung. Es geht dabei um mehr als eine Verhaltensänderung. Es geht um mehr als die Anpassung an einen Moralkodex. Es geht um mehr als gute Taten. Es ist etwas Tieferes, etwas Wahrhaftigeres.

Das Wort heiligen bedeutet sich aussondern. Per Definition erfordert Heiligung völlige Hingabe. Es geht darum, den Thron zu räumen und Jesus darauf Platz zu machen. Alle eigenen Interessen ganz und gar loszulassen. Gott ein Vetorecht zu geben. Alles von einem selbst dem zu überlassen, der alles in allem ist. Sich schlicht einzugestehen, dass jede Sekunde, jedes bisschen Kraft und jeder Cent eine Gabe von Gott und für Gott ist. Heiligung führt zu einer immer tiefer werdenden Liebe zu Jesus, einem kindlichen Vertrauen auf den himmlischen Vater und einem blinden Gehorsam gegenüber dem Heiligen Geist. Heiligung bedeutet all das und noch tausend Dinge mehr. Der Einfachheit halber möchte ich Ihnen jedoch meine persönliche Definition von Heiligung vorstellen:

Heiligung bedeutet, alles auf eine Karte zu setzen und alles zu geben für den, der alles in allem ist.

Alles auf eine Karte

Meine größte Sorge als Pastor ist, dass Menschen ihr ganzes Leben lang Woche für Woche in einen Gottesdienst gehen und niemals ganze Sache mit Jesus Christus machen. Vielleicht folgen sie bestimmten Regeln, nicht aber Christus. Ich fürchte, dass wir das Evangelium entwertet haben, indem wir den Leuten erlaubt haben, mitzumachen, ohne wirklich dabei zu sein. Wir haben es zu einfach, zu komfortabel gemacht. Wir haben den Menschen gerade genug Jesus gegeben, damit sie gelangweilt sind, aber nicht genug, damit sie den Kick des heiligen Adrenalins spüren, der durch die Adern schießt, wenn man sich dafür entscheidet, ihm zu folgen – egal was passiert, egal wohin, egal wann.

Der dänische Philosoph und Theologe Søren Kierkegaard glaubte, Langeweile sei die Wurzel alles Bösen. Mit anderen Worten: Langeweile ist nicht nur langweilig, sondern falsch. Man kann nicht in Gottes Gegenwart und gleichzeitig gelangweilt sein. Genauso wenig kann man im Willen Gottes und gleichzeitig gelangweilt sein. Wenn man in den Fußstapfen Jesu geht, ist es alles andere als langweilig.

Es liegt an Ihnen – Heiligung oder Langeweile? Entweder das eine oder das andere. Wenn man sich nicht Christus völlig hingibt, wird es langweilig – und umgekehrt. An dieser Stelle wird die Schlacht gewonnen oder verloren. Wenn man nicht alles auf eine Karte setzt, gelangt man nie ins verheißene Land. Aber wenn man alles gibt, wird Gott den Jordan teilen, damit man trockenen Fußes hindurchgehen kann.

Hören Sie auf, Gottes Aufgaben für ihn zu erledigen. Sie müssen keine wunderbaren Dinge vollbringen. Sie können es gar nicht. Wunderbar beginnt immer mit Heiligung. Sie ist der Motor für jeden geistlichen Wachstumsschub, jede Reich-Gottes-Sache und jede Erweckung. Und so wie wunderbar immer mit Heiligung beginnt, hört Heiligung immer mit wunderbar auf.

Wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken, werden die großartigsten Momente jene sein, wo Sie alles auf eine Karte gesetzt haben. Das gilt heute genauso wie damals, als Abraham Isaak auf den Altar legte, als Jonathan auf eine Felsenklippe kletterte, um die Philister zu bekämpfen, und als Petrus aus dem Boot stieg und auf dem Wasser lief.

Auf den folgenden Seiten werden wir auf ein Dutzend solcher „Alles auf eine Karte“-Momente in der Bibel schauen, die zur gleichen Zeit entscheidende Momente sind. Ich werde auch Geschichten von ganz gewöhnlichen Leuten erzählen, die einen außergewöhnlichen Unterschied mit ihrem Leben bewirken. Sie inspirieren dazu, selbst mehr zu riskieren, mehr zu opfern und mehr zu träumen.

Je länger ich Jesus nachfolge, desto überzeugter bin ich von dieser einfachen Wahrheit: Gott tut das, was er tut, nicht wegen uns. Er tut es trotz uns. Alles, was wir tun müssen, ist, ihm nicht im Weg herumzustehen.

So einfach ist das. Und so schwer.

Bleiben Sie demütig, bleiben Sie hungrig. Wenn Sie nicht hungrig nach Gott sind, dann sind Sie voll von sich selbst. Deshalb kann Gott Sie nicht mit seinem Geist füllen. Doch wenn Sie sich leer machen, wenn Sie sich ihm hingeben, werden Sie schlussendlich zu einem anderen Menschen werden. Während des Schreibens an diesem Buch habe ich dafür gebetet, dass Gott Ihr Leben neu schreibt. Es beginnt damit, dass Sie dem Urheber und Vollender Ihres Glaubens den Stift in die Hand geben. Wenn Sie loslassen und Gott die Kontrolle übernehmen darf, wird er Geschichte schreiben – seine Geschichte, durch Ihr Leben.

KAPITEL 3

Es wird ernst

Nimm täglich dein Kreuz auf dich und folge mir nach.

NACH LUKAS 9,23

Im Jahr 44 nach Christus ordnete König Herodes an, Jakobus den Älteren mittels Schwert zu enthaupten. Er war der erste der Apostel, der den Märtyrertod fand.2 Und so nahm das Blutvergießen seinen Lauf.3 Lukas wurde an einem Olivenbaum in Griechenland erhängt. Der zweifelnde Thomas wurde von einer Lanze durchbohrt. 54 nach Christus ließ der Prokonsul von Hierapolis Philippus foltern und dann kreuzigen, weil seine Frau sich zum Christentum bekehrt hatte, nachdem sie Philippus hatte predigen hören. Dieser predigte sogar noch, während er am Kreuz hing. Matthäus wurde in Äthiopien von hinten erstochen. Bartholomäus wurde in Armenien zu Tode gepeitscht. Jakobus der Gerechte wurde von der südöstlichen Zinne des Tempels in Jerusalem geworfen. Nachdem er den Sturz aus über 30 Metern Höhe überlebt hatte, wurde er von der Menge totgeschlagen. Simon der Zelot wurde vom Gouverneur von Syrien im Jahr 74 gekreuzigt. Judas Thaddäus wurde mit Stöcken in Mesopotamien zu Tode geprügelt. Matthias, der Judas Iskariot ersetzte, wurde gesteinigt und dann enthauptet. Und Petrus wurde auf eigenen Wunsch mit dem Kopf nach unten gekreuzigt. Johannes, der Lieblingsjünger Jesu, ist der einzige Jünger, der eines natürlichen Todes starb, aber auch nur, weil er seine Hinrichtung überlebte. Als ihn ein Bad in kochendem Öl nicht umbrachte, wurde er vom Kaiser Diokletian ins Exil auf die Insel Patmos geschickt, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 95 lebte.

Jeder Christ, der in einem Land der westlichen Welt im 21. Jahrhundert lebt, sollte Foxe’s Book of Martyrs (dt. „Foxes Buch der Märtyrer“; Anmerk. d. Übers.) lesen. Es ist ein Realitätscheck, der unsere Luxusprobleme in die richtige Perspektive rückt. Das Wort „Risiko“ erscheint dabei in neuem Licht; es wird klar, was es wirklich bedeutet, Opfer zu bringen. Im Vergleich erscheinen viele unserer Risiken ziemlich zahm und viele unserer Opfer irgendwie lahm.

Unser normal ist so subnormal, dass normal radikal erscheint. Für die Jünger im ersten Jahrhundert waren normal und radikal Synonyme. Wir haben sie zu Gegensätzen gemacht.

In Lukas 9,23-24 warf Jesus seinen Jüngern den Fehdehandschuh hin. Er wollte sehen, wer dazugehörte und wer nicht. Oder besser: wer alles auf eine Karte setzen wollte.

»Wenn einer von euch mit mir gehen will, muss er sich selbst verleugnen, jeden Tag aufs Neue sein Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen. Wer versucht, sein Leben zu retten, wird es verlieren. Aber wer sein Leben für mich aufgibt, wird es retten.«

Die Jünger verstanden das wörtlich. Wir können es zumindest im übertragenen Sinne verstehen. Ich möchte nicht sagen, dass wir körperlich für Christus sterben werden, sondern dass wir uns selbst sterben müssen. Wenn Jesus am Kreuz hing, können wir zumindest das unsere tragen! Das ist nicht nur unsere größte Verantwortung, sondern auch unser größtes Vorrecht.

Alles, was nicht die völlige Unterstellung unseres Lebens unter die Herrschaft Jesu Christi nach sich zieht, raubt Gott die Ehre, die er fordert und die ihm gebührt. Und es bringt uns selbst um den ewigen Lohn, den Gott für uns bereithält. Wir werden nicht lebendig werden, im wahrsten und vollsten Wortsinn, solange wir uns nicht selbst sterben. Und wir werden uns selbst nicht finden, solange wir uns nicht in der Sache Jesu verlieren.

Es ist Zeit, den Einsatz zu erhöhen. Es ist Zeit, alles auf eine Karte zu setzen. Wenn Jesus nicht Herr über alles ist, dann ist er überhaupt nicht Herr. Es heißt alles oder nichts. Jetzt oder nie.

Das verwestlichte Evangelium

Wir haben das Evangelium verwestlicht oder den amerikanischen Traum vergeistlicht – suchen Sie es sich aus. Doch nichts davon kommt dem wahren Evangelium nah. Wenn man versucht, ihm etwas hinzuzufügen, wertet man es damit nicht auf. Jeder Zusatz ist in Wirklichkeit ein Abzug. Das Evangelium ist in seiner reinsten Form am besten.

Wir möchten Gott zu unseren Konditionen, aber so bekommen wir ihn nicht. Wir landen dann lediglich bei einer falschen Religion. Da geht es zu wie im Selbstbedienungsladen oder in der Bastelstube. Das Endergebnis ist ein falscher Gott, den wir nach unserem Bild geschaffen haben. Man bekommt eine Beziehung zu Gott nur zu seinen Konditionen. Man kann sie annehmen oder ablehnen, aber man kann die Regeln nicht verändern. Und man sollte es auch nicht!

Der Apostel Paulus definiert den „Deal“, der uns angeboten wird, so:

Denn Gott machte Christus, der nie gesündigt hat, zum Opfer für unsere Sünden, damit wir durch ihn vor Gott gerechtfertigt werden können.

2. KORINTHER 5,21

In dem Moment, da wir unsere Knie vor der Herrschaft Jesu beugen, wird all unsere Sünde auf Christi Konto übertragen und ist komplett bezahlt. Sie wurde vor 2000 Jahren ans Kreuz genagelt! Doch das ist nur die Hälfte der Guten Nachricht. Gnade bedeutet, nicht zu bekommen, was man verdient – den Zorn Gottes –, sondern zu bekommen, was man nicht verdient – die Gerechtigkeit von Christus. Alles, was wir falsch gemacht haben, ist vergeben und vergessen. Und alles, was Christus richtig gemacht hat – seine Gerechtigkeit –, wird auf unser Konto überwiesen. Und dann sagt Gott, dass wir quitt sind.

Es ist so, als ob Gott sagte: „Ich nehme die Schuld auf mich für alles, was du falsch gemacht hast, und rechne dir alles an, was ich richtig gemacht habe.“ Etwas Besseres kann man sich kaum vorstellen, und deshalb nennt sie sich die Gute Nachricht. Eigentlich sind es aber nicht nur gute Nachrichten. Es sind die besten Nachrichten.

Das Evangelium kostet nichts. Wir können es nicht kaufen oder uns verdienen. Es kann nur als Geschenk empfangen werden, mit den besten Grüßen von Gottes Gnade. Es kostet also nichts, aber es fordert alles. Und hier bleiben die meisten von uns stecken – im geistlichen Niemandsland. Wir sind zu christlich, um an der Sünde Gefallen zu finden, aber zu sündig, um an Christus Freude zu haben. Wir haben gerade genug Jesus, um informiert zu sein, aber nicht genug, um transformiert zu werden. Wir möchten alles, was Gott anzubieten hat, aber ohne dafür etwas aufzugeben. Wir möchten dabei sein, ohne etwas einsetzen zu müssen. Wir haben Angst, dass wir verpassen, was das Leben anzubieten hat, und meinen, Gott etwas vorenthalten zu müssen. Doch das ist eine Lüge. Es ist die gleiche Lüge, die die Schlange Adam und Eva im Garten erzählte. Gott enthält uns nichts vor.

Auf Psalm 84,12 kann man sich verlassen: „Der Herr wird denen nichts Gutes vorenthalten, die tun, was recht ist.“ Wenn Sie Gott nichts vorenthalten, verspreche ich Ihnen, dass Gott Ihnen nichts vorenthalten wird. Aber es geht um alles oder nichts. Es ist Ihr Alles für sein Alles.

Kein Opfer

Lassen Sie mich Farbe bekennen. Ich glaube nicht, dass jemals jemand wirklich etwas für Gott geopfert hat. Denn wenn man mehr zurückbekommt, als man aufgegeben hat, hat man dann überhaupt etwas geopfert? Der ewige Lohn übersteigt immer das zeitweilige Opfer. Letztlich werden wir am Jüngsten Tag nur das bedauern, was wir nicht an Gott zurückgegeben haben.

Es mag erst einmal widersprüchlich scheinen, aber ich bin überzeugt, dass das Folgende wahr ist: Der Schlüssel zur Selbstverwirklichung ist Selbstverleugnung. Und Selbstverleugnung bedeutet letztlich Gratifikationsaufschub. Mit Aufschub meine ich nicht Tage oder Monate oder Jahre – sondern ein ganzes Leben. Unser Gratifikationsaufschub auf der Erde verwandelt sich in ewige Herrlichkeit im Himmel.

Die egoistische Seite von uns reagiert allergisch auf die Wörter „verleugnen“ oder „sich versagen“. Es ist ziemlich schwer, so zu leben, wenn man im Luxus zu Hause ist. Wir tolerieren Genuss in unserer Kultur nicht nur, wir feiern ihn. Doch das grundlegende Problem dabei ist, dass genug nie genug ist. Je mehr wir in Essen oder Sex oder den Annehmlichkeiten des Reichtums schwelgen, desto weniger genießen wir sie. Erst wenn wir alles für Gott auf eine Karte setzen, entdecken wir, dass sich wahre Freude nur auf der aufopferungsvollen Seite des Lebens finden lässt.

Ich kann es quantitativ nicht beweisen, aber ich weiß, dass es stimmt: Je mehr man weggibt, desto mehr freut man sich an dem, was man hat. Wenn man Gott den Zehnten gibt, wird man die 90 Prozent, die man behält, um zehn Prozent mehr genießen. Man wird auch entdecken, dass Gott mehr mit 90 Prozent machen kann als man selbst mit 100 Prozent. Und wenn man den Zehnten verdoppelt, wird man die 80 Prozent, die man behält, um 20 Prozent mehr genießen! Eines unserer Lebensziele als Familie ist es, den Zehnten umzudrehen und von zehn Prozent zu leben, während wir 90 Prozent abgeben. Wenn wir das geschafft haben, werden wir die zehn Prozent, die wir behalten, um 90 Prozent mehr genießen, da bin ich zuversichtlich. Das ist gestaffelte Freude.

Die meisten von uns verbringen die meiste Zeit ihres Lebens damit, die falschen Sachen anzuhäufen. Wir sind der Konsumlüge aufgesessen, dass mehr mehr ist. Irrtümlicherweise denken wir, dass wir umso weniger haben, je mehr wir geben. Doch in Gottes umgedrehter Wirtschaft ist unsere Logik verkehrt herum. Man wird letztlich verlieren, was immer man behält, und behalten, was immer man für die Sache Jesu aufgibt.

Ich muss an einen kleinen Reim denken, der in meiner Kindheit eine Spielplatzweisheit war: Finder juchzt, Verlierer schluchzt. In Gottes Reich gilt das genaue Gegenteil: Finder schluchzt, Verlierer juchzt.

Der reiche Jüngling

Auf dem Papier war der reiche Jüngling der Inbegriff von Religiosität (Lukas 18,18-30). Aber Religiosität und Heuchelei gehen Hand in Hand. Tatsächlich ist der reiche Jüngling das Gegenteil von jemandem, der alles auf eine Karte setzt. Und sein Leben ist eine Warnung: Wenn wir Gott etwas vorenthalten, verpassen wir alles, was Gott in uns, für uns und durch uns tun will. Natürlich gilt das auch umgekehrt.

Mir sind noch nicht viele Menschen begegnet, die von einem Dämon besessen waren, aber viele, die von ihren Besitztümern besessen waren. Ihr Eigentum gehörte ihnen nicht, sondern sie gehörten ihrem Eigentum. Das traf definitiv auch auf den reichen Jüngling zu. Er hatte alles, was man mit Geld kaufen konnte. Sein ganzes Leben lag vor ihm, er konnte bestimmen, wo es langging. Und doch fehlte ihm etwas. Die Frage, die er Jesus stellte, offenbart, wie leer seine Seele war: „Was fehlt mir noch?“

Der reiche Jüngling hatte alles, was wir gerne hätten. Er war reich. Er war jung. Und er hatte eine Machtposition inne. Was sollte er denn sonst bitte noch wollen? Was konnte ihm schon fehlen? Und warum war er so traurig? Die Antwort ist einfach: Er befolgte die Regeln, aber er folgte nicht Jesus. Und ich glaube, dass das auf viel zu viele Menschen in viel zu vielen Gemeinden zutrifft.

Der reiche Jüngling ist vielleicht einer der religiösesten Menschen auf den Seiten der Bibel. Der Text sagt uns, dass er alle Gebote hielt. Er machte nichts falsch, aber man kann nichts falsch machen und trotzdem nichts richtig. Per Definition bedeutet Rechtschaffenheit, etwas richtig zu machen. Wir haben sie jedoch darauf reduziert, nichts falsch zu machen.

Wir fixieren uns auf Tatsünden: Tu dies nicht, tu jenes nicht – dann ist alles im grünen Bereich. Doch das ist Heiligkeit vom Negativen her definiert. Und das ist eher Heuchelei als Heiligkeit! Es sind vielmehr die Unterlassungssünden – was man fast getan hätte, hätte tun können und sollen –, die unserem himmlischen Vater das Herz brechen. Woher ich das weiß? Ich bin selbst Vater! Ich freue mich, wenn meine Kinder nichts falsch machen, aber ich freue mich noch mehr, wenn sie etwas richtig machen.

Der Vater im Himmel hat bereits im Vorhinein gute Werke mit unseren Namen versehen. Er ordnet unsere Schritte. Und er ist in der Lage, unendlich viel mehr zu tun, als wir je erbitten oder uns vorstellen können. Aber wir können nicht einfach nur defensiv spielen. Wir müssen in die Offensive gehen! Wir können nicht einfach nur nichts falsch machen. Wir müssen etwas richtig machen. Wir können nicht einfach nur die Regeln befolgen. Wir müssen Jesus nachfolgen.

Die Geschichte vom reichen Jüngling ist eine der traurigsten Geschichten der Bibel, weil er so viel Potenzial mitbrachte. Er hätte seine Ressourcen, sein Netzwerk und seine Energie wirksam für das Reich Gottes einsetzen können, aber er nahm alles für sich selbst in Anspruch. Er dachte, dass ihn das glücklich machen würde, aber es machte ihn traurig. Das zeigt, dass unser größter Vermögenswert zu unserer größten Verbindlichkeit wird, wenn wir ihn nicht für Gottes Ziele einsetzen!

Der reiche Jüngling wurde schließlich der reiche Alte. Ich weiß nicht, worüber er nachdachte, als er auf dem Totenbett lag, aber ich habe eine Vermutung. Es war der Moment, als Jesus sagte: „Folge mir nach.“ Diese Worte hallten in seinen Ohren wider, bis er starb. Es war eine einmalige Gelegenheit, aber er hatte nicht den Mut, sie zu ergreifen. Er ging auf Nummer sicher, statt alles auf die Karte Jesus zu setzen.

Wie wichtig es ist, volles Risiko zu gehen, wird am besten im Gleichnis von den Talenten auf den Punkt gebracht (Matthäus 25,14-30). Der Mann, der ein Talent erhielt, vergrub es in der Erde. Am Ende gab er seinem Herrn genau das zurück, was er von ihm bekommen hatte. Und um ganz ehrlich zu sein: Das ist bei einem Konjunkturrückgang gar nicht so schlecht. Er schloss mit plus/minus null ab. Und doch nannte Jesus ihn böse.

Das scheint ein bisschen überreagiert, oder? Genau genommen juckt es mich, Petrus zu spielen, Jesus zur Seite zu nehmen und ihm zu sagen, er solle mal halblang machen. Doch wenn ich denke, dass Jesus falschliegt, zeigt das, dass in Wirklichkeit bei mir etwas falschliegt