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Schätze der Bibel – Johannes Friedrich – DAS LIED VOM GUTEN HIRTEN – SCM R.Brockhaus

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PSALM 23

Übersetzung von Martin Luther

1 Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

2 Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.

3 Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

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DER HERR IST
MEIN HIRTE

Übersetzung BasisBibel

1 Ein Psalm, mit David verbunden. Der Herr ist mein Hirte. Mir fehlt es an nichts.

2 Die Weiden sind saftig grün. Hier lässt er mich ruhig lagern. Er leitet mich zu kühlen Wasserstellen.

3 Dort erfrischt er meine Seele. Er führt mich gerecht durchs Leben. Dafür steht er mit seinem Namen ein.

4 Und muss ich durch ein finsteres Tal, fürchte ich keine Gefahr. Denn du bist an meiner Seite! Dein Stock und dein Stab schützen und trösten mich.

5 Du deckst für mich einen Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haar mit duftendem Öl und füllst mir den Becher bis zum Rand.

6 Nichts als Liebe und Güte begleiten mich alle Tage meines Lebens. Mein Platz ist im Haus des Herrn. Dorthin werde ich zurückkehren – mein ganzes Leben lang!

ZU BEGINNZU BEGINN

Psalm 23 ist wohl der bekannteste Psalm überhaupt. In den Gemeinden, in denen ich Dienst tat, konnten ihn die meisten Menschen auswendig. Bei vielen Gelegenheiten wurde er gebetet, sei es bei Taufen, Trauungen, runden Geburtstagen oder Beerdigungen. Er passt in gewisser Weise zu jeder Lebenssituation. Auf ihn trifft auch in besonderer Weise zu, was Martin Luther für die Psalmen generell sagte: „Wer die ganze Bibel nicht lesen könnte, hätte in den Psalmen fast die ganze Summa, verfasset in ein klein Büchlein.“

Psalm 23 ist mein Lieblingspsalm. Ich habe in meinem Leben viel mit ihm erlebt und wüsste nicht, was ich ohne ihn machen sollte. Er ist ein Ausdruck meines Glaubens und meines tiefen Vertrauens zu Gott. Durch PSALM 23 IST MEIN
LIEBLINGSPSALM.
ER IST EIN AUSDRUCK
MEINES GLAUBENS
UND MEINES TIEFEN
VERTRAUENS ZU GOTT.
alle Zeiten hindurch ist er ein bekannter und bewährter Begleiter – nicht nur für mich, sondern für ganz viele Menschen. Heute noch gehört er zu den Grundtexten unseres kirchlichen Lebens, und er ist einer der wenigen Texte, die die Schülerinnen und Schüler im evangelischen Religionsunterricht laut Lehrplan (jedenfalls in Bayern) noch auswendig lernen müssen. Auch im Konfirmandenunterricht gibt es kaum einen Kollegen und kaum eine Kollegin, der bzw. die ihn nicht auswendig lernen lässt – selbst dann, wenn man sonst das Auswendiglernen für unnötig oder gar abzulehnen hält.

Schon früher, bereits zur Zeit der Reformation, gehörte der 23. Psalm zu den geläufigen und wichtigen Texten. Martin Luther beschrieb ihn folgendermaßen:

Der 23. Psalm ist ein Dankpsalm, darin ein christliches Herz Gott lobet und dankt, dass er es ehret und auf rechtem Weg erhält und es in aller Not durch sein heiliges Wort tröstet und schützt. Es vergleicht sich einem Schaf, das ein treuer Hirte in frischem Grase und am kühlen Wasser recht weidet. Es zieht den Tisch, Kelch und Öl auch aus dem Alten Testament und dem Gottesdienst zum Vergleich heran und nennt es alles Gottes Wort, wie er’s auch Stecken, Stab, Gras, Wasser und rechten Weg nennt.1

Auch wurde der Psalm bereits im Jahr 1531 vertont – unter der Nummer 274 steht er noch heute im Evangelischen Gesangbuch:

1. Der Herr ist mein getreuer Hirt, hält mich in seiner Hute, darin mir gar nicht mangeln wird jemals an einem Gute. Er weidet mich ohn Unterlass, da aufwächst das wohlschmeckend Gras seines heilsamen Wortes.

2. Zum reinen Wasser er mich weist, das mich erquickt so gute, das ist sein werter Heilger Geist, der mich macht wohlgemute; er führet mich auf rechter Straß in sei’m Gebot ohn Unterlass um seines Namens willen.

3. Ob ich wandert im finstern Tal, fürcht ich doch kein Unglücke in Leid, Verfolgung und Trübsal, in dieser Welte Tücke: Denn du bist bei mir stetiglich, dein Stab und Stecken trösten mich, auf dein Wort ich mich lasse.

4. Du b’reitest vor mir einen Tisch vor mein’ Feind’ allenthalben, machst mein Herz unverzaget frisch; mein Haupt tust du mir salben mit deinem Geist, der Freuden Öl, und schenkest voll ein meiner Seel deiner geistlichen Freuden.

5. Gutes und viel Barmherzigkeit folgen mir nach im Leben, und ich werd bleiben allezeit im Haus des Herren eben auf Erd in der christlichen G’mein’, und nach dem Tode werd ich sein bei Christus, meinem Herren.

Aber machen wir uns nichts vor: Wenn jemand nicht ein wenig kirchlich oder religiös sozialisiert ist, dann verbindet er vielleicht mit diesem Psalm und mit diesem Bild gar nichts.

In einem Bibelwochenheft heißt es: „Chris, mit 17 Jahren ein kritischer Geist, hasst es, Sachen einfach so mitzusprechen. ‚Der Herr ist mein Hirte‘ – und jetzt alle! – das schätzt er gar nicht. Einen richtigen Hirten hat er noch nie gesehen, und er findet, dass Schafe stinken. ‚Gott ist für mich da. / Er passt auf mich auf‘ – das kann er zumindest einordnen. Zurzeit hat er eher genug von großen Leuten, die auf ihn aufpassen wollen, denn er ist ja schon ziemlich erwachsen. Aber darunter kann er sich zumindest etwas vorstellen.“

Deshalb sind moderne Übertragungen wichtig, auch wenn ich persönlich den Psalm nicht anders hören möchte als in der Lutherform. Aber für den genannten Chris wäre solch eine moderne Übertragung – vorgeschlagen in dem Bibelwochenheft – vermutlich hilfreicher:

Er ist mein Hirte … Und er ist für mich da. Er gibt mir Luft zum Atmen und Brot zum Essen. Er zeigt mir, wo ich Wasser finde, das meinen Durst stillt. Ich suche einen Weg. Er führt mich. Auf diesen Gott habe ich gehofft. Auch wenn es richtig dunkel ist, wie mitten in der Nacht, bin ich mutig. Ich fühle mich stark. Denn Gott ist bei mir: Ja, genau du, Gott, ich darf dich anreden. Du gehst vor mir her. Du zeigst mir, wo es gut ist. Du deckst den Tisch für mich wie bei einem Fest. Auch die, die mich hassen, sehen das. Sie können nichts machen. Du schenkst mir Kleider und wäschst mich mit edler Seife. Es ist ein besonderer Tag. Und so bleibt es für mich, bis ich sterbe. Und auch dann noch darf ich bleiben – bei Gott.

So lohnt es sich, den so bekannten Psalm 23 einmal näher anzusehen. Ich möchte dies tun, indem ich ihn zunächst in das Leben des Königs David einordne (es heißt ja: „ein Psalm Davids“) und einige Erklärungen zu diesem Psalm gebe. Dann werde ich vor allem fragen, was er für unser heutiges Leben austrägt, was er für uns im Alltag bedeuten kann.

HAUS DES HERRN, AUE, WASSER, NAMEN, HIRTE, ANGESICHT, STRASSE, UNGLÜCK, TISCH, STECKEN, HAUPT, FEINDE, BARMHERZIGKEIT, ÖL, GUTES, STAB, LEBENHAUS DES HERRN, AUE, WASSER, NAMEN, HIRTE, ANGESICHT, STRASSE, UNGLÜCK, TISCH, STECKEN, HAUPT, FEINDE, BARMHERZIGKEIT, ÖL, GUTES, STAB, LEBEN

PSALM 23

Weil der Herr uns leitet,

gehen wir fröhlich in den neuen Tag.

Unser Leben ist wie eine Fahrt:

morgens zur Arbeit und abends nach Hause,

und der Herr fährt mit.

Wir ziehen hinaus zum See

und in fremde Länder,

und der Herr bleibt neben uns.

Jeder Tag gibt Grund zu neuem Dank:

reichliche Pflichten und heimliche Gaben

aus der Hand des Herrn.

Wir gehen zu frohem Tanz

und zu stiller Einkehr,

ein Geschenk liegt stets bereit.

Auch am Tag der Angst ist er uns nah,

wenn wir erschrecken, vom Unfall bedroht sind,

jäh der Mut erlischt.

Wer kennt unsere Not wie du?

Du suchst längst nach Helfern.

Du hörst jeden Hilferuf.

Unser Leben ist wie eine Fahrt:

früh voll Versprechen und abends voll Freude,

denn du gibst weit mehr:

Wir bitten dich um Geleit,

und du schenkst dich selber.

Jeder Tag wird ein Gewinn.

Gottfried Schille2

PSALM 23 UND KÖNIG DAVIDPSALM 23 UND KÖNIG DAVID

Die uns allen bekannten und wohltuenden Worte führen uns zurück in die Zeit des alten Israel. Es war die Zeit des großen Königs David, die Zeit, in der das Königreich wuchs und das Leben in Israel blühte. Ich stelle mir vor, wie David eines Abends auf der Terrasse seines großen Palasts in Jerusalem steht und seinen Blick über sein Reich schweifen lässt. Die Abenddämmerung bricht herein und das Licht gibt ein wunderbares Farbenspiel am Horizont ab. Ruhig und friedlich liegt David die stolze Abendlandschaft zu Füßen. Ja, er ist der Auserwählte, der von Gott gesandte und gesalbte König über ein herrliches Reich. Er hat es geschafft. Er ist mächtig, alles hört auf seinen Befehl.

Ich kann mir gut vorstellen, dass ihm da die Worte leicht von den Lippen gehen: