cover

Imagetitle

Imagelogo

Einführung

»Verlasst euch nicht auf Wunder, sondern rezitiert Psalmen!«

So sagt es die Weisheit des osteuropäischen Judentums. Ob damit nur die 150 Psalmen gemeint waren, die als Buch in der Bibel gesammelt sind? Oder auch die vielen anderen Psalmen und vorbildlichen Gebete der Hebräischen Bibel?

Denn das ist eine der Entdeckungen, die man im vorliegenden Buch machen kann: Es gibt weitaus mehr als 150 Psalmen in der Bibel. Im Alten und auch im Neuen Testament gibt es Psalmen und Gebete von großer geistlicher Tiefe. Die Welt des biblischen Betens ist weit und reich.

»Rezitiert Psalmen!« – sicherlich sind dabei die 150 Gebete des Psalmenbuchs die Mitte, von der man ausgeht. Was aber heißt: Psalmen rezitieren?

Der geistlichen Übung des täglichen Psalmgebetes bin ich zuerst begegnet, als ich in einem Buch die Behauptung las, durch alle Jahrhunderte hindurch sei das tägliche Beten von Psalmen in der Christenheit geübt worden. Diese Gewohnheit gehöre zum eisernen Bestand, den man klugerweise nicht in Frage stellen sollte. Das provozierte mich: Jeden Tag soll ich ein vorgefertigtes Gebet – sprechen? Beten? Wie bete ich denn, wenn ich nicht meine eigenen Worte verwende?

Eine Vorgabe, die noch niemand verbessern konnte

Es war Eugene Peterson, der dies in einem Buch für geistliche Leiter behauptete:

»»Die grundlegende Gebetsform – und darüber herrscht seit zweitausend Jahren Konsens in der Gemeinde Jesu – ist das tägliche Psalmengebet in monatlicher Folge. (Das ist das ›Officium‹ in der katholischen Kirche, das Common Book of Prayer in der angli kanischen Kirche und für alle anderen sind es die Psalmen Davids, unterteilt in dreißig Abschnitte, die monatlich durchgebetet werden, ob uns danach ist oder nicht.) […]

Die Psalmen sind der festgesetzte ›Ort‹, an dem wir gewohnheitsmäßig über den Boden, durch das Vokabular und den Rhythmus des Gebets gehen, uns einreihen in die seit Jahrhunderten bestehende Gebetsgemeinschaft und diesen Freunden, die gebetet haben und beten, zu Gefährten werden. Die Formen des Gottesdienstes und des spontanen Gebets müssen regelmäßig gefüllt werden, und genau das bieten die Psalmen. Das ist die asketische Vorgabe für das geistliche Leben. Bisher hat niemand sie verbessern können.«1

Dieser Anspruch schien mir weitaus zu hoch: fünf Psalmen pro Tag. Später allerdings, in einem evangelischen Kloster, begegnete mir das Psalmengebet wieder. Es war orientiert an der Praxis der Benediktiner. Hier betet man den gesamten Psalter nicht einmal im Monat, sondern einmal in der Woche. Während eines Einkehrwochenendes konnte ich mich gut auf solche großen Psalmenportionen einlassen – aber wie geht so etwas im Alltag zu Hause?

Gottes Wort in die Seele aufnehmen

Ein Schlüssel war für mich die Erläuterung, die ich wiederum später von einem Benediktinermönch hörte. Er erklärte es sinngemäß so:

Wenn man jeden Tag in wöchentlicher Wiederkehr dieselben Gebetstexte betet, kann man das oft nicht mit voller Aufmerksamkeit tun – zumal wenn das Frühgebet schon um fünf Uhr beginnt. Man ist einfach müde. Doch beim Psalmenbeten kommt es auch gar nicht darauf an, alles mit dem Verstand zu erfassen. Vielmehr nimmt, wer betet, die Worte in sich auf; manchmal fallen sie gleich ins Unterbewusste, sie reinigen so die Seele. Und Worte aus der Heiligen Schrift tauchen dann ganz unverhofft wieder im Alltag auf – dann, wenn man sie braucht. Die Wiederholung ist wichtiger, als die Bibeltexte gedanklich zu durchdringen. – So jedenfalls habe ich die Erläuterung des Mönchs behalten. (Die einzelnen Psalmen immer wieder auch bewusst zu bedenken und zu erwägen, ist dabei natürlich nicht ausgeschlossen.)

Mit diesem Vorzeichen scheint es eher möglich, täglich Psalmen zu beten. Ich habe es irgendwann einfach angefangen – und zwar jeden Tag einen Psalm. Besonders lange Psalmen habe ich auf zwei, drei Tage verteilt. Und tatsächlich: Es tut gut, in die Worte derer hineinzuschlüpfen, die schon so lange zuvor Gott erfahren haben und deren Gebete in der Bibel zu Gottes Wort geworden sind. Es hebt mich hinaus aus den engen Grenzen meiner eigenen Gedanken, Erfahrungen, Worte. Es bringt eine neue Qualität in mein Beten hinein. Die Erfahrung des Dichters Rainer Maria Rilke ist da ganz typisch:

»»Ich habe die Nacht einsam hingebracht in mancher inneren Abrechnung und habe schließlich, beim Scheine meines wohl noch einmal entzündeten Weihnachtsbaumes, die Psalmen gelesen, eines der wenigen Bücher, in dem man sich restlos unterbringt, mag man noch so verstreut und ungeordnet und angefochten sein.«

Wenn Rilke das schon beim Lesen erfuhr, dann wird die Kraft der Psalmen noch größer sein, wenn man sie betet.

Wie betet man Psalmen?

Wie komme ich, wenn ich die aufgeschlagene Bibel mit einem Psalm vor mir habe, über das bloße Lesen hinaus? Was macht das Lesen zum Gebet?

Zunächst helfen einige Äußerlichkeiten. Am besten ist es, laut zu lesen. Dadurch wird es unmöglich, gedankenlos über manche Sätze hinwegzuhuschen. Die Psalmen wollen zudem langsam gelesen werden. Pausen nach jedem Satz geben den Worten Gewicht. Die einzelnen Verse sind – gemäß der hebräischen Poesie – in zwei Hälften unterteilt. In den meisten Bibeln sind sie durch eine neue Zeile oder zumindest durch einen Schrägstrich markiert. Die Mitte jedes Psalmverses bietet also Gelegenheit, einen Augenblick innezuhalten und Luft zu holen. Die zweite Vershälfte wird dadurch nicht einfach angefügt, sondern bekommt ihr eigenes Gewicht. Zugleich wird meine Seele langsam. Die falschen Antreiber verlieren für diese Zeit ihre Macht.

Diese Äußerlichkeiten bereiten den Boden, dass mein Inneres die Gebetsworte aufnehmen kann. Die Verse tragen mir nicht zuerst Informationen zu, sondern formen sich in meinem Herzen zu einem Gebet um. Das geschieht auf vielerlei Weise:

Ich kann jeden Satz, in dem ich mich wiederfinde, innerlich bestätigen: »Ja, das ist auch meins. So sage ich es dir jetzt, mein Gott.« Ehrlicherweise werde ich das nicht bei jedem Satz können – das ist auch nicht nötig. Es wird die Zeit kommen, wo auch solche Sätze »meins« werden, die ich jetzt ausspreche, ohne sie zu bestätigen.

Bestätigen kann ich durchaus auch solche Gebete, die irgendwie falsch erscheinen, weil sie sich gegen andere richten. Jeder Mensch leidet unter anderen Menschen. Dann kann und darf ich sehr wohl auch so beten: »Die sich an meinem Unglück freuen, / sollen selbst im Stich gelassen sein! // Schimpf und Schande soll über die kommen, / die gegen mich prahlen!« (Psalm 35,26). Denn in demselben Moment, in dem ich dies bete, habe ich ja keine eigenen Pläne gefasst, anderen zu schaden, sondern ich habe Gott darum gebeten – und die Sache also aus meinen eigenen Händen weggegeben! Wer gegen seine Gegner betet, aber dabei wirklich betet, kann eigentlich schon nicht mehr gewalttätig werden, denn er hat es ja nun Gott überlassen, was daraus wird. Auch zu solchen Vergeltungsbitten kann ich also, wenn es meiner Lage entspricht, im Herzen mein »Ja« sagen.

Daneben werde ich Sätze lesen, die ich mir keineswegs zu eigen machen will. Sie sind widerständig, ich sperre mich dagegen. Das hindert aber nicht das Gebet, denn nun sage ich zu Gott in meinem Herzen genau dies: dass ich so jetzt nicht beten mag oder kann. Wenn ich dann weiter innehalte, sage ich Gott auch, wa rum ich das nicht kann. Und schon ist der Gebetsfaden intakt geblieben. Ich entferne mich vom Psalmwort, aber zu Gott hin.

Immer wieder wird es bestimmte »Absprung-Verse« geben, die eigene Worte zu Gott hin auslösen. Kann einem etwas Besseres passieren? Das Vorhaben, Psalmen zu beten, sollte nie so verbissen werden, dass Nebenwege verboten wären. Gerade auch auf solchen Nebenwegen, die durch ein Wort Gottes angestoßen werden, kann der Heilige Geist reden. So hat es Martin Luther erfahren, der sein eigenes Beten gerne an vorgegebenen Schriftworten ausrichtete:

»»Es kommt wohl oft vor, dass ich in einem Stück oder einer Bitte [des Vaterunsers] in so reiche Gedanken komme, dass ich die anderen sechs [Bitten] alle lasse anstehen. Und wenn auch solche guten, reichen Gedanken kommen, so soll man die anderen Gebete fahren lassen und solchen Gedanken Raum geben, ihnen mit Stille zuhören und sie beileibe nicht hindern. Denn da predigt der heilige Geist selbst, und ein Wort seiner Predigt ist besser als tausend unserer Gebete. Und ich habe so auch oft mehr gelernt in einem Gebet, als ich aus viel Lesen und Denken hätte kriegen können.«2

Nicht jedes biblische Gebet trifft meine Situation. Ich werde nicht immer danken wollen, wenn mir an diesem Tag ein Dankpsalm begegnet. Ebenso bin ich nicht immer dann zur Klage aufgelegt, wenn mein Psalm mir dies vorgibt. Dann kann ich diesen Psalm im Blick auf andere Menschen beten, denen es jetzt so geht, wie der Psalm es sagt. Fürbitte ist eine vorzügliche Weise des Betens – auch des Psalmenbetens.

Der Name Gottes

In diesem Buch werden die biblischen Texte nach der Neuen evangelistischen Übersetzung wiedergegeben, die sich durch ihre Sprachgestalt besonders für das Beten eignet. Diese Übersetzung geht bei der Wiedergabe des Namens Gottes einen eigenen Weg: Er wird nicht, wie sonst üblich, mit »der Herr« wiedergegeben, sondern bleibt als Name bestehen: »Jahwe«. Es hatte seinen guten Grund, von alters her hier »der Herr« zu schreiben und zu sagen. Auch Jesus lebte in dieser Tradition. Doch geht so auch sehr viel vom Bedeutungsreichtum des Gottesnamens verloren. Jesus selbst hat den Namen Gottes ja neu gefüllt: mit der Anrede »Vater«. Von daher sollte es möglich sein, in der gebotenen Achtung Gott auch mit dem biblischen Namen Jahwe anzusprechen. Am besten geschieht dies im Bewusstsein dessen, was dieser Name in sich verbirgt.

Die Fülle seines Wesens, wie sie im Namen Jahwe angedeutet ist, hat Gott Mose am Berg Sinai in drei Schritten zu erkennen gegeben.

•  In 2. Mose 3,13-16 zeigt er sich als der, der zugewandt da ist.

•  In 2. Mose 20,2-6 zeigt er sich als der Befreiende. (Das ist schon in 2. Mose 6,2-8 vorgebildet.)

•  In Kapitel 33,19–34,7 schließlich zeigt er sich als der, dessen Barmherzigkeit seinen Zorn weitaus übersteigt.

Wer Gott mit seinem Namen »Jahwe« ansprechen will, der sollte diese Schriftstellen intensiv betrachten und bedenken – und dann diesen Namen mit Freude, aber auch mit einem Rest scheuer Ehrfurcht aussprechen. Als Mose diesen Namen das erste Mal empfing, befand er sich auf »heiligem Land« (2. Mose 3,5). Ein Bewusstsein dafür sollte auch heute jeder Christ haben, der diesen Namen ausspricht. Ein gedankenloses Dahersagen verbietet sich schon aus Respekt vor unseren »älteren Glaubensgeschwistern«, den Juden, denen wir als Jesusleute bleibend verbunden sind und mit denen jedes Gespräch unmöglich wäre, wenn wir ihnen gegenüber den Gottesnamen im Mund führten.

Gebete der Bibel – die Auswahl in diesem Buch

Jeden Tag einen der 150 Psalmen zu beten – dafür reicht ein Monat nicht aus. Doch ein ganzes Jahr wäre zu lang dafür. Was liegt näher, als die Psalmen mit weiteren Gebeten der Bibel zu ergänzen?

Das ist nicht nur ein Kniff zur besseren Textverteilung. Sondern die zahlreichen Gebete der Bibel sind ein weithin unerschlossener Schatz. Sie wurden – so darf man vermuten – verfasst von Glaubenden, die ihrerseits fast alle in der Gebetstradition der Psalmen standen. So finden sich unter den Gebeten der Bibel auch viele, die nach Form und Geist völlig vergleichbar mit dem Psalter sind – z.B. die Klagelieder, der Psalm Habakuks (Habakuk 3) oder der Lobgesang der Maria (Lukas 1,46-57). Weitere Gebete aus dem Alten und Neuen Testament reichern diese Fülle an.

Dabei sollte nicht verwundern, dass manche dieser Gebete keine Worte an Gott sind, sondern Worte über Gott. Solche Texte mit weisheitlichem Charakter finden sich oft auch innerhalb des Psalters (zum Beispiel Psalm 1,37 oder 49) und wollen zweifellos als Gebete verstanden sein. Es ist nicht schwer, aus solchen weisheitlichen Gebeten im Herzen eine Anrede an Gott zu formen. Genauso wird es dann mit entsprechenden Texten außerhalb des Psalters geschehen (zum Beispiel Hiob 28). Unter den 150 Psalmen findet man auch Beschreibungen von Gott. Das sind im Grunde Glaubensbekenntnisse und man kann sie ebenfalls zu Gott hin beten (zum Beispiel Jesaja 33,22; Kolosser 1,15-20 oder 2. Timotheus 2,11-13). Eine weitere Sonderform innerhalb der Psalmen sind Seligpreisungen, zum Beispiel in Psalm 1 oder Psalm 32,1-2. Sie geben an, was der Weg zum Glück ist. Wenn man solche Sätze als Form des Gebets erkannt hat, ergibt sich eine Vielzahl von weiteren Seligpreisungen der Bibel, die man beten kann: 5. Mose 33,29; Lukas 11,28; Jakobus 1,12; die sieben Seligpreisungen der Offenbarung und natürlich die Seligpreisungen der Bergpredigt.

Manche Gebete sind in der Bibel mehrfach überliefert. Oftmals wurden sie dann auch mehrfach in dieses Gebetbuch aufgenommen, um dadurch abzubilden, wie die Bibel diese Gebete schätzt.

Ein Sonderfall für das eigene Beten ist das Abschiedsgebet von Jesus in Johannes 17. Einerseits gehört es unbedingt zu den großen Gebeten der Bibel. Andererseits ist es ein ureigenstes Gebet von Jesus und kein anderer wird es einfach so nachbeten können. Dennoch findet es sich in diesem Buch. Man sollte es voller Ehrfurcht beten und dabei besonders darauf achten, was davon wirklich zum eigenen Wort werden kann. Vielleicht ist es besser, von diesem Gebet ausgehend dem Vater für Jesus zu danken, der so für uns gebetet hat.

Die biblischen Gebete des Alten und Neuen Testaments sind in diesem Buch in die Abfolge des Psalters eingestreut. Der Psalter selbst bildet das Rückgrat. Dabei wurde darauf geachtet, die innere Struktur des Psalters und die oft auftretenden Verknüpfungen der 150 Psalmen untereinander nicht aufzubrechen. Die biblischen Gebete wurden an solchen Stellen in den Psalter eingeordnet, wo sein Gefüge dafür offen ist und wo sie thematisch passen könnten – wobei es sicher mehrere verschiedene Möglichkeiten gegeben hätte.

Kurze Gebete – lange Gebete

Viele Psalmen und Gebete sind recht lang. In solchen Fällen wurden sie auf mehrere Tage verteilt. Andere Gebete sind demgegenüber ausgesprochen kurz. Weil sie aber nichtsdestoweniger gehaltvoll sind, kann man auch mit ihnen eine Gebetszeit füllen. Sowieso will ja kein Gebet einfach heruntergebetet werden. Kurze Gebetstexte wie Psalm 117, 1.Chronik 4,10 oder Judas 24-25 laden dazu ein, bei einzelnen Worten zu verweilen, sie auszuloten oder das Gebet einfach zu wiederholen. Auch das Vaterunser ist ja – im biblischen Vergleich – ein überraschend kurzes Gebet. In diesem Buch wurde es einmal als Gebet einem einzigen Tag (in der Fassung des Lukasevangeliums) zugeordnet und ein weiteres Mal in die einzelnen Bitten aufgeteilt, die einzeln an mehreren Tagen nacheinander zu beten sind. Hier ist die Tagesportion vom Umfang her besonders kurz, vom Inhalt her aber besonders gewichtig. – Andererseits wurden gelegentlich mehrere sehr kurze Gebete des Neuen Testaments für einen Tag zusammengestellt.

Eine besondere Herausforderung ist der 119. Psalm. Die Benediktiner beten ihn nicht am Stück, sondern verteilen ihn auf die Woche. Andererseits ist er zweifellos als ein großer Zusammenhang entworfen. Wer sich darauf einlässt, mehrere Tage nacheinander diesen langen Psalm zu beten, wird entdecken, dass er durchaus nicht monoton ist, sondern dass er Pinselstrich um Pinselstrich ein großes Bild malt. Inmitten der gleichartig klingenden Verse sind immer wieder genug Perlen enthalten, die aufleuchten.

»»Mit dem Psalter geht einer christlichen Gemeinde ein unvergleichlicher Schatz verloren, und mit seiner Wiedergewinnung werden ungeahnte Kräfte in sie eingehen.«3 Davon war Dietrich Bonhoeffer überzeugt. Die christliche Gemeinde ist hier dankbare Erbin des Judentums. Denn eine der ganz großen Kompetenzen der Menschheit, die das Judentum besitzt, ist das Gebet – vor allem eben durch den Psalter und andere biblische Psalmen. Das führte auch zu dem eingangs zitierten Weisheitswort:

»»Verlasst euch nicht auf Wunder, sondern rezitiert Psalmen!«

Wer das tut, wer sich täglich darauf einlässt – der wird dann allerdings mehr als andere Menschen »ungeahnte Kräfte« erfahren – und damit Gottes Wunder.

Hinweise

Ich danke herzlich Karl-Heinz Vanheiden, der seine Bibelübersetzung für dieses Buch zur Verfügung gestellt hat.

In einigen Psalmen kommen hebräische musikalische Bezeichnungen vor, die nicht übersetzt wurden. Weil erklärende Anmerkungen im Psalmtext das betende Lesen stören, sind einige Erklärungen hier zusammengestellt:

Alamoth: »Jungfrauen« – bedeutet vielleicht: »von hellen Frauenstimmen zu singen«, oder ist ein Hinweis auf eine damals bekannte Melodie (Psalm 46,1).

Scheminith: entweder ein achtsaitiges Instrument oder die Anweisung, auf der achten Saite oder alles eine Oktave tiefer zu spielen (Psalm 6,1).

Schigjonot: vielleicht Hinweis auf den Charakter eines bewegten Klageliedes (Habakuk 3,1).

Die Bezeichnung »Sela«, deren Bedeutung nicht bekannt ist, wird in den Ausgaben der Neuen evangelistischen Übersetzung durch eine Doppelstrich (//) gekennzeichnet, aber nicht als eigenes Wort wiedergegeben. In diesem Gebetbuch entfällt sie.

Ulrich Wendel

1. Januar – Matthäus 5,3-12:
Die Glücklichen

3 »Wie glücklich sind die, die ihre Armut vor Gott erkennen!

Ihnen gehört das Reich, das der Himmel regiert.

4 Wie glücklich sind die, die Leid tragen über Sünde,

denn Gott wird sie trösten!

5 Wie glücklich sind die, die sich nicht selbst durchsetzen!

Sie werden das Land besitzen.

6 Wie glücklich sind die mit Hunger und Durst nach dem

richtigen Verhältnis zu Menschen und Gott! Sie werden satt.

7 Wie glücklich sind die Barmherzigen! Ihnen wird Gott seine

Zuwendung schenken.

8 Wie glücklich sind die, die ein reines Herz haben! Sie werden

Gott sehen.

9 Wie glücklich sind die, von denen Frieden ausgeht! Sie werden

Kinder Gottes genannt.

10 Wie glücklich sind die, die man verfolgt, weil sie Gottes

Willen tun. Ihnen gehört das Reich, das der Himmel regiert.

11 Wie beneidenswert glücklich seid ihr, wenn sie euch

beschimpfen, verfolgen und verleumden, weil ihr zu mir
gehört. 12 Freut euch und jubelt! Denn im Himmel wartet
ein großer Lohn auf euch. Und genauso haben sie vor
euch schon die Propheten verfolgt.«

2. Januar – Psalm 1:
Das Glück in Gottes Wort

1 Wie beneidenswert glücklich ist der,
der nicht auf den Rat von Gottlosen hört,
der sich an Sündern kein Beispiel nimmt
und nicht mit Spöttern zusammensitzt,

2 sondern Lust hat an der Weisung Jahwes
und über sein Wort Tag und Nacht sinnt!

3 Er ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt,
der seine Frucht zu seiner Zeit bringt

und dessen Laub niemals verwelkt.

Ja, was er auch tut, es gelingt!

4 Doch so sind die Gottlosen nicht.

Sie werden wie Spreu vom Wind verweht.

5 Gottlose bestehen nicht in Gottes Gericht

und Sünder nicht in der Gemeinschaft von Gottes Volk.

6 Um den Weg der Gerechten sorgt sich Jahwe,
doch von den Gottlosen bleibt zuletzt keine Spur.

3. Januar – Psalm 2:
Gott ist der Richter der Welt

1 Was soll das Toben der Völker?

Was soll ihr sinnloser Plan?

2 Die Großen der Welt lehnen sich auf.

Sie tun sich zusammen gegen Jahwe.

Gegen seinen Messias gehen sie an:

3 »Los, wir zerbrechen ihr Joch,
befreien uns von ihrem Strick.«

4 Doch der im Himmel thront, lacht,
der Herr lacht sie nur spöttisch aus.

5 Dann fährt er sie an in glühendem Zorn
und erschreckt sie durch seinen Grimm:

6 »Ich habe den König gesalbt und geweiht«, sagt er,

»auf dem Zion, meinem heiligen Berg!«

7 Nun will ich verkünden Jahwes Beschluss!

Er sagte zu mir: »Du bist mein Sohn!

Ich habe dich heute gezeugt.

8 Sprich mich nur an, und ich gebe dir Völker,

ja, die ganze Erde zu deinem Besitz!

9 Du wirst sie regieren mit eiserner Faust
und zerschmettern wie Töpfergeschirr.«

10 Und nun, ihr Könige, kommt zur Vernunft!

Lasst euch warnen, Richter der Welt!

11 Unterwerft euch Jahwe und zittert vor ihm – und jubelt ihm
zu!

12 Verehrt den Sohn, damit er nicht zürnt
und euch umbringt auf eurem Weg,
denn leicht erregt sich sein Zorn!

Doch in seinem Schutz haben alle es gut!

4. Januar – Offenbarung 7,10.12; 15,3b-4:
Der anbetungswürdige Gott

7,10 [Sie] riefen mit lauter Stimme:

»Die Rettung kommt von unserem Gott,

von dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!« […]

12 »Amen!«, sagten sie.

»Anbetung, Ehre und Dank,

Herrlichkeit und Weisheit,

Macht und Stärke
gehören ihm, unserem Gott,
für immer und ewig!

Amen!«

[…]

15,3b […] »Groß und wunderbar sind deine Werke,

Herr, du allmächtiger Gott!

Gerecht und wahrhaftig ist alles, was du planst und tust,
du König aller Völker!

4 Wer sollte dich nicht fürchten, Herr,
und deinen Namen nicht preisen?

Denn du allein bist heilig!

Alle Völker werden kommen und vor dir niederfallen,

sie beten dich an, weil dein gerechtes Tun offen vor ihnen liegt.«

5. Januar – Psalm 3:
Zuversicht in Bedrängnis

1 Ein Harfenlied Davids, als er vor seinem Sohn Abschalom auf

der Flucht war.

2 Jahwe, es sind viele, die mich bedrängen!

So viele stehen auf gegen mich.

3 Viele gibt es, die von mir sagen:

»Selbst Gott rettet ihn nicht mehr!«

4 Aber du, Jahwe, bist ein Schild um mich her, du bist meine Ehre, du richtest mich auf.

5 Immer wieder schrie ich zu Jahwe.

Er antwortete mir von seinem heiligen Berg.

6 Ich legte mich nieder und schlief ein.

Ich erwachte, weil Jahwe mich hielt.

7 Ich fürchte nicht die vielen tausend Krieger,
die mich von allen Seiten umstellen.

8 Steh auf, Jahwe!

Rette mich, mein Gott!

Denn du zerschlägst meinen Feinden den Kiefer,
zerschmetterst der Gottlosen Zähne.

9 Bei Jahwe ist Rettung!

Dein Segen sei auf deinem Volk!

6. Januar – Psalm 4:
Gottes Schutz in der Nacht

1 Dem Chorleiter. Ein Psalmlied für Saiteninstrumente

von David.

2 Wenn ich rufe, antworte mir,

Gott meiner Gerechtigkeit!

Als sie mich bedrückten, schufst du mir Raum,
nun sei mir gnädig und höre mein Gebet!

3 Ihr Herrensöhne,

wie lange noch ist meine Ehre in Schande verkehrt?

Was sucht ihr die Lüge,
liebt Sinnlosigkeit?

4 Seht es doch ein, dass Jahwe mich gewählt,
dass er sich einen Frommen ausgesucht hat
und dass er auf mein Schreien hört.

5 Erregt euch und bebt,
doch sündigt ja nicht!

Auf eurem Lager denkt still nach und schweigt!

6 Bringt ehrliche Opfer
und vertraut auf Jahwe!

7 »Wer lässt uns noch Gutes sehen?«

So geben viele klagend auf.

Lass dein Gesicht über uns leuchten, Jahwe!

8 Du hast mir so viel Freude geschenkt,
mehr als sie je hatten bei viel Korn und Most.

9 In Frieden leg ich mich nieder zum Schlaf – zwar bin ich allein,
doch Jahwe lässt mich in Sicherheit sein.

7. Januar – Psalm 5:
Morgengebet um Schutz

1 Dem Chorleiter. Für Blasinstrumente.

Ein Psalmlied von David.

2 Hör meine Worte, Jahwe,
achte auf mein Grübeln!

3 Vernimm doch meinen Hilfeschrei,
mein König und mein Gott,

denn zu dir will ich beten.

4 Frühmorgens hörst du meine Stimme.
Frühmorgens leg ich mein Gebet vor dich
und spähe nach dir aus.

5 Du bist kein Gott, dem das Unrecht gefällt,
bei dir darf der Böse nicht bleiben.

6 Wahnwitzige willst du nicht sehen.

Wer Böses tut, ist dir verhasst.

7 Die Lügner lässt du zugrunde gehen.

Mörder und Betrüger sind Jahwe ein Gräuel.

8 Ich darf dein Haus betreten
dank deiner großen Gunst.

In Ehrfurcht bete ich zu dir,

neige mich zu deinem Heiligtum hin.

9 Führe mich, Jahwe, in deiner Wahrhaftigkeit,
tu es wegen meiner Feinde!

Ebne mir den Weg, den ich gehen soll!

10 Nichts Wahres ist in ihrem Mund,
ihr Inneres ist voll Verderben.

Ihre Kehle ist ein offenes Grab,
mit ihrer Zunge formen sie Lügen.

11 Lass sie dafür büßen, Gott!

Verstricke sie in ihre eigenen Ränke!

Verstoße sie wegen ihrer vielen Vergehen,
denn sie haben gegen dich rebelliert.

12 Dann freuen sich alle, die dir vertrauen.

Ihr Jubel wird kein Ende haben!

Du beschirmst, die deinen Namen lieben,
und sie freuen sich an dir!

13 Ja, du wirst den Gerechten segnen, Jahwe!

Wie ein Schild umgibt ihn deine Gunst.

8. Januar – Psalm 6:
Bitte um Verschonung

1 Dem Chorleiter. Mit Saitenspiel auf der Scheminith.

Ein Psalmlied von David.

2 Straf mich nicht in deinem Zorn, Jahwe,
züchtige mich nicht in deinem Grimm!

3 Sei mir gnädig, Jahwe, denn mir ist ganz elend!

Heil mich, Jahwe, denn mein Körper zittert 4 und ich bin ganz
verstört.

Wie lange noch, Jahwe?

5 Kehr zurück, Jahwe, und rette mich!

Befreie mich um deiner Liebe willen!

6 Im Tod denkt niemand an dich,

bei den Toten wird keiner dich preisen!

7 Vom Stöhnen bin ich erschöpft,
ich weine die ganze Nacht.
Mein Bett ist nass von Tränen.

8 Meine Augen sind vor Kummer getrübt,
gealtert wegen meiner Bedränger.

9 Macht euch fort, ihr Verbrecher!

Jahwe hat mein Weinen gehört.

10 Jahwe hat mein Flehen vernommen.

Jahwe nimmt mein Beten an.

11 Meine Feinde sind blamiert und ganz bestürzt,
sie kehren um und schämen sich.

9. Januar – Psalm 7:
Gott ist ein gerechter Richter

1 Lied in freien Rhythmen von David. Er sang es Jahwe,

als der Benjaminit Kusch ihn beschuldigte.

2 Jahwe, mein Gott, bei dir suche ich Schutz;
rette mich vor allen, die mich hetzen,

hilf mir doch,

3 dass man mir nicht das Leben nimmt,
mich nicht zerfleischt wie ein Löwe,
und dann keiner da ist, der mich rettet!

4 Jahwe, mein Gott, wenn ich es getan habe,
wenn Unrecht an meinen Händen klebt,

5 wenn ich friedfertigen Menschen Böses antat,

wenn ich die beraubte, die mich jetzt grundlos verklagen,

6 dann soll mein Feind mich verfolgen und packen,
dann richte er mein Leben zugrunde

und trete meine Ehre in den Dreck!

7 Steh auf Jahwe! Richte deinen Zorn gegen sie!

Stell dich gegen das Wüten meiner Bedränger!

Greif ein und stell das Recht wieder her!

8 Versammle die Völker um dich zum Gericht
und kehre dann in die Höhe zurück!

9 Jahwe wird die Völker richten.
Schaffe mir Recht, Jahwe,
denn ich bin doch im Recht!
Du weißt, dass ich unschuldig bin.

10 Lass die Bosheit der Boshaften enden
und gib dem Gerechten Bestand,
gerechter Gott, der Herz und Nieren prüft!

11 Gott ist mein Schild über mir.

Er rettet die, die aufrichtig sind.

12 Gott ist ein gerechter Richter,
ein Gott, der täglich strafen kann.

13 Schon schärft er sein Schwert,
spannt seinen Bogen und zielt.

14 Seine tödlichen Waffen liegen bereit,
die Pfeile angezündet.

15 Wer Böses im Sinn hat,
geht schwanger mit Unheil
und wird Falschheit gebären.

16 Er gräbt eine Grube und schaufelt tief aus
und fällt selbst in die Falle, die er gestellt hat.

17 Seine Bosheit kommt zu ihm zurück
und fällt ihm selbst auf den Kopf.

18 Ich preise Jahwe für sein gerechtes Tun.

Ich besinge den Namen des Höchsten,
den Namen Jahwe!

10. Januar – Psalm 8:
Gottes Schöpferherrlichkeit

1 Dem Chorleiter. Nach der Weise der Keltertreter.

Ein Psalmlied von David.

2 Jahwe, unser Herrscher,

wie gewaltig ist dein Name überall auf der Welt!

Über dem Himmel breitest du deine Hoheit aus.

3 Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob.
Du hast ein Bollwerk gebaut deinen Bedrängern zum Trotz.

Schweigen muss der rachgierige Feind.

4 Sooft ich den Himmel ansehe, das Werk deiner Hand,
den Mond und die Sterne, die du gemacht hast:

5 Was ist ein Mensch, dass du an ihn denkst,
ein Menschenkind, dass du es versorgst?

6 Du hast ihn nur kurz unter die Engel gestellt
und krönst ihn mit Ehre und Pracht.

7 Du lässt ihn herrschen über alles,
was deine Hände gemacht:

8 über Schafe und Rinder

und auch die wilden Tiere im Feld,

9 die Vögel in der Luft,
die Fische im Meer

und alles, was seine Pfade durchzieht.

10 Jahwe, unser Herrscher,

wie gewaltig ist dein Name überall auf der Welt!

11. Januar – Psalm 9:
Jahwe hilft Bedrängten

1 Dem Chorleiter. Nach dem Tod eines Zwischenkämpfers.

Ein Psalmlied von David.

2 Mit ganzem Herzen will ich dich preisen, Jahwe,
will all deine Wunder verkünden!

3 Ich will jubeln und mich freuen an dir,
will deinen Namen besingen, du Höchster!

4 Denn meine Feinde wichen zurück.
Sie stürzten und vergingen vor dir.

5 Du hast mein Recht und meine Sache geführt.
Als gerechter Richter sitzt du auf dem Thron.

6 Du weist Nationen zurecht,
lässt den Frevler verschwinden,
radierst ihre Namen für ewig aus.

7 Der Feind ist erledigt,
zertrümmert für immer.

Ihre Städte hast du zerstört,
ihr Andenken gelöscht.

8 Doch Jahwe regiert immer!

Er hat seinen Thron zum Gericht aufgestellt.

9 Er spricht ein gerechtes Urteil über die Welt,
richtet geradlinig über die Völker.

10 So wird Jahwe zur Fluchtburg für Unterdrückte,
zur Fluchtburg in Zeiten der Not.

11 Darum vertrauen dir die, die deinen Namen kennen,
denn du lässt die nicht im Stich, die dich suchen, Jahwe.

12 Singt Jahwe, der Zion bewohnt,
verkündet unter den Völkern sein Tun!

13 Denn er, der jede Blutschuld rächt, hat an sie gedacht,
hat das Schreien der Elenden nicht vergessen.

14 Sei mir gnädig, Jahwe!

Sieh das Elend an, in das meine Hasser mich brachten!

Hol mich weg von den Toren des Todes,

15 damit ich das Lob, das dir gebührt,
in Zions Toren erzählen

und über deine Hilfe jubeln kann.

16 Völker versanken in der Grube, die sie selber gruben.
Im Netz, das sie heimlich legten, verfing sich ihr eigener Fuß.

17 Jahwe hat sich zu erkennen gegeben.
Er hat Gericht gehalten:
Der Gottlose lief in die eigene Falle.

(Zwischenspiel)

18 Hinab zu den Toten gehören sie alle,
die Völker, die Gott vergessen!

19 Denn der Arme bleibt nicht für immer vergessen,
seine Hoffnung ist nicht für immer dahin.

20 Greif ein, Jahwe!

Der Mensch soll nicht die Oberhand haben!

Zieh die Völker vor Gericht
und sprich das Urteil über sie!

21 Bring Furcht über sie, Jahwe!

Die Völker sollen erkennen,
dass sie nur Menschen sind.

12. Januar – Psalm 10:
Hilferuf gegen Gewalttäter

1 Warum, Jahwe, stehst du fern,

verbirgst dich in Zeiten der Not?

2 Durch den Hochmut der Gottlosen fiebert der Arme.

Mögen sie sich verfangen im eigenen Plan!

3 Der Gottlose rühmt sich seiner Begierden,
der Habsüchtige prahlt; er verachtet Jahwe.

4 Der Gottlose sagt in seinem Wahn: »Gott forscht nicht nach!«
»Es gibt keinen Gott«, sind all seine Gedanken.

5 Sein Tun glückt ihm zu jeder Zeit;
fern sind ihm deine Gerichte;
seine Gegner schnaubt er nur an.

6 Er sagt zu sich selbst:

»Was kann mich erschüttern?

An mir geht jedes Unglück vorbei.

So wird es auch bleiben.«

7 Er flucht, er lügt, er droht.
Nichts als Unheil richtet er an.

8 Er liegt auf der Lauer in den Gehöften,
mordet den Unschuldigen im Versteck.

Seine Augen spähen dem Wehrlosen nach.

9 Er lauert im Versteck wie ein Löwe im Dickicht,
er lauert darauf, den Schwachen zu fangen,

er fängt sein Opfer in seinem Netz.

10 Er schlägt und der Schwache sinkt hin,
er fällt in seine Pranken.

11 Er sagt sich: »Gott vergisst es!

Er verbirgt sein Gesicht.

Er sieht nie mehr hin.«

12 Steh auf, Jahwe!

Gott, erhebe deine Hand!

Vergiss die Armen nicht!

13 Weshalb darf der Böse Gott verhöhnen?

Weshalb darf er sagen: »Du forschst ja nicht nach«?

14 Aber du hast es gesehen,

du schaust ja auf Jammer und Gram
und nimmst die Sache in die Hand.

Dir überlässt es der Schwache,
dir, dem Helfer der Waisen.

15 Zerbrich den Arm des gottlosen Bösen!

Bestrafe seine Gottlosigkeit,

dass man nichts mehr von ihm findet!

16 Jahwe ist König für immer und ewig!

Die Heiden verschwinden aus seinem Land.

17 Du hast die Sehnsucht der Armen gestillt, Jahwe,
du stärkst ihr Herz, du hörst auf sie.

18 Du schaffst den Waisen und Bedrückten Recht;
kein Mensch auf der Erde muss mehr erschrecken.

13. Januar – Psalm 11:
Jahwe hat alles im Blick

1 Dem Chorleiter. Von David.

Bei Jahwe berge ich mich.

Wie könnt ihr zu mir sagen:

»Flieh, Vogel, in die Berge!«?

2 Da! Die Gottlosen spannen den Bogen,
legen den Pfeil auf die Sehne,

um die mit redlichem Herzen
aus dem Dunkel zu treffen.

3 Ist die Grundordnung zerbrochen,
was richtet da der Gerechte noch aus?

4 Jahwe ist in seinem heiligen Palast,

Jahwe – im Himmel ist sein Thron.

Seine Augen schauen auf die Menschen herab,
keiner entgeht seinem prüfenden Blick.

5 Jahwe prüft sie alle:

die ihm gehorchen und die ihn missachten.

Und wer Gewalt liebt,
den hasst er von Herzen.

6 Über die Gottlosen lasse er Fangnetze regnen,

Feuer, Schwefel und Glutwind fülle ihren Kelch!

7 Denn Jahwe ist gerecht und liebt Gerechtigkeit.

Den Aufrichtigen schaut er an.

14. Januar – Psalm 12:
Jahwe greift ein

1 Dem Chorleiter. Auf der Scheminith. Ein Psalmlied von David.

2 Hilf, Jahwe! Der Fromme ist nicht mehr,
die Treuen unter den Menschen sind weg.

3 Einer belügt den anderen.

Sie reden mit glatter Zunge
und spielen ein doppeltes Spiel.

4 Alle Schmeichler und großmäuligen Schwätzer
möge Jahwe vernichten!

5 Alle, die behaupten:

»Durch unser Reden siegen wir,
unsere Lippen sind unsere Stärke,
gegen uns kommt niemand an.«

6 »Ja«, sagt Jahwe, »jetzt greife ich ein!

Denn die Armen erleiden Gewalt, die Elenden seufzen.
Ich bringe den Bedrückten Befreiung!«

7 Die Worte Jahwes sind rein wie Silber,
geschmolzen im Tiegel aus Ton,
siebenfach von Schlacke befreit.

8 Jahwe, du hältst immer, was du versprichst,
behütest den Frommen vor diesem Geschlecht,
auch wenn die Gottlosen überall sind

und ihre Gemeinheit immer schlimmer wird.

15. Januar – Psalm 13:
Wie lange noch?

1 Dem Chorleiter. Ein Psalmlied von David.

2 Wie lange noch, Jahwe, vergisst du mich ganz?

Wie lange noch verbirgst du dich vor mir?

3 Wie lange noch sollen die Sorgen mich quälen,

ist Tag für Tag Kummer in mir?

Wie lange noch wird der Feind mich bedrängen?

4 Schau doch her! Antworte mir,

Jahwe, mein Gott!

Gib Licht meinen Augen,

dass ich nicht in Todesnacht falle,

5 dass mein Feind nicht sagen kann:

»Ich habe ihn erledigt!«,

dass meine Bedränger nicht jubeln,
weil ich ins Wanken kam.

6 Ich aber, ich baue auf deine Gunst,
mein Herz soll über deine Rettung jubeln.

Singen will ich Jahwe,

denn er hat mir Gutes getan!

16. Januar – Psalm 14:
Nur Narren sagen: »Es gibt keinen Gott!«

1 Dem Chorleiter. Von David.

Nur Narren reden sich ein: »Es gibt keinen Gott.«

Sie sind völlig verdorben,
ihr Treiben ist ein Gräuel,
und keiner ist da, der noch Gutes tut.

2 Jahwe blickt vom Himmel auf die Menschen herab,
will sehen, ob einer dort verständig ist,

nur einer, der Gott wirklich sucht.

3 Doch alle sind abgewichen von ihm,
sie sind alle verdorben.

Keiner tut Gutes, nicht einer ist da.

4 Wissen die Bösen denn nicht, was sie tun?

Sie fressen mein Volk, als äßen sie Brot.

Und gewiss rufen sie Jahwe nicht an.

5 Doch werden sie mit Schrecken erfahren,
dass Gott zu den Gerechten steht.

6 Die Hoffnung der Armen wollt ihr zerstören?!
Doch Jahwe gibt ihnen sicheren Schutz.

7 Wenn doch die Rettung aus Zion bald käme!

Wenn Jahwe die Not seines Volkes wendet,
wird Israel jubeln und Jakob sich freuen.

17. Januar – 2. Korinther 1,3-7:
Trost in Bedrängnis

3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Er ist ein Vater von unendlichem Erbarmen und ein Gott voller

Trost.

4 In allem Druck, unter dem wir stehen, ermutigt er uns,
damit wir unsererseits die ermutigen können, die irgendwie

bedrückt werden.

Weil Gott uns getröstet und ermutigt hat, können wir andere

trösten und ermutigen.

5 Denn wie die Leiden des Christus mehr als genug über uns

ausgeschüttet werden,

so überaus reich ergießt sich auch der Trost über uns, den wir

durch Christus empfangen.

6 Wenn wir also bedrängt werden, geschieht das, damit ihr Mut

bekommt und gerettet werdet,

und wenn wir ermutigt werden, geschieht das, damit ihr den

Mut bekommt, die gleichen Leiden wie wir geduldig zu

ertragen.

7 Wir sind voller Zuversicht für euch,

denn wir sind sicher, dass ihr nicht nur an den Leiden Anteil

habt, sondern auch an dem Trost.

18. Januar – 1. Könige 8,12-13.15-30:
Salomos Gebet zur Einweihung des Tempels

12 [Salomo betete:] »Jahwe hat gesagt, dass er im Wolkendunkel
wohnen will.

13 Ich habe dir nun ein Herrscherhaus gebaut, eine Stätte, wo du
für immer wohnen sollst.« […]

15 »Gepriesen sei Jahwe, der Gott Israels, der wahr machte, was

er meinem Vater David versprach:

16 ›Seit der Zeit, als ich mein Volk aus Ägypten führte, habe ich

in keinem der Stämme Israels eine Stadt erwählt,

um dort einen Wohnsitz für meinen Namen errichten zu lassen.

Aber David habe ich bestimmt, Herrscher über mein Volk zu

sein.‹

17 Nun war es meinem Vater David ein Anliegen, dem Namen

Jahwes, des Gottes Israels, ein Haus zu bauen.

18 Doch Jahwe sagte zu meinem Vater David:

›Wenn du dir vorgenommen hast, meinem Namen ein Haus zu

bauen, hast du einen guten Entschluss gefasst.

19 Aber nicht du, sondern dein leiblicher Sohn soll dieses Haus

meinem Namen bauen.‹

20 Und Jahwe hat dieses Versprechen gehalten.

Ich bin an die Stelle meines Vaters David getreten und habe den

Thron Israels bestiegen, wie Jahwe es zugesagt hat.

Und ich habe nun das Haus für den Namen Jahwes, des Gottes

Israels, gebaut

21 und einen Platz für die Lade hergerichtet, in der die Tafeln des

Bundes liegen,

den Jahwe mit den Israeliten schloss, nachdem er sie aus

Ägypten herausgeführt hatte.«

22 Dann trat Salomo vor den Augen der Versammlung Israels

zum Altar Jahwes.

Er breitete seine Hände zum Himmel aus 23 und sagte:

»Jahwe, Gott Israels! Kein Gott ist dir vergleichbar, weder im

Himmel noch auf der Erde.

Du stehst zu deinem Bund und erhältst deinen Dienern deine

Güte,

denen, die vor dir leben und dir mit ganzem Herzen dienen.

24 Du hast auch deinem Diener, meinem Vater David, deine

Versprechen gehalten.

Was du mit dem Mund versprachst, hast du mit der Hand

erfüllt, wie es dieser Tag zeigt.

25 Jahwe, Gott Israels, nun erfülle auch die andere Zusage, die

du meinem Vater David gegeben hast, als du sagtest:

›Es soll dir nie an einem Mann fehlen, der vor mir auf dem

Thron Israels sitzt,

wenn nur deine Söhne darauf achten, so nach meinen

Weisungen zu leben, wie du das getan hast.‹

26 Jahwe, Gott Israels, lass doch in Erfüllung gehen, was du

deinem Diener David, meinem Vater, zugesagt hast!

27 Aber will Gott wirklich bei den Menschen auf der Erde

wohnen?

Selbst der Himmel und das ganze Universum können dich nicht

fassen, geschweige denn dieses Haus, das ich gebaut

habe!

28 Trotzdem bitte ich dich, Jahwe, mein Gott,

achte doch auf das Gebet deines Sklaven

und höre auf sein Flehen und seine Bitte, die er vor dich bringt.

29 Halte deine Augen Tag und Nacht über diesem Haus offen,

von dem du gesagt hast, dass dein Name dort wohnen

soll,

und höre auf das Gebet, das dein Sklave zu dieser Stätte hin

richtet!

30 Höre doch auf das Flehen, das dein Sklave und dein Volk zu

dieser Stätte hin richten werden!

Höre du es selbst in deiner himmlischen Wohnung, dort, wo du

thronst! Ja, erhöre uns und vergib!«

19. Januar – 1. Könige 8,31-45:
Salomos Gebet zur Einweihung des Tempels

31 »Wenn jemand sich an seinem Nächsten versündigt und dieser

einen Eid von ihm verlangt

und er kommt vor deinen Altar in dieses Haus und spricht

diesen Eid aus,

32 dann höre es vom Himmel her und greife ein!

Verschaff deinen Dienern Recht!

Bestrafe den Schuldigen und lass sein böses Tun auf ihn selbst

zurückfallen,

den Schuldlosen aber sprich frei und gib ihm, was seiner

Gerechtigkeit entspricht.

33 Und wenn dein Volk Israel von Feinden besiegt wird, weil es

gegen dich gesündigt hat,

und dann wieder umkehrt und deinen Namen preist und in

diesem Haus zu dir betet und fleht,

34 dann höre du es im Himmel und vergib deinem Volk Israel

seine Schuld

und bringe es wieder in das Land zurück, das du ihnen und

ihren Vorfahren gegeben hast.

35 Wenn sich der Himmel verschließt, dass es nicht regnet, weil

sie gegen dich gesündigt haben,

und sie dann zu dieser Stätte hin beten und deinen Namen

preisen und von ihrer Sünde umkehren, weil du sie

gedemütigt hast,

36 dann höre du es im Himmel und vergib deinen Dienern und

deinem Volk Israel die Sünde

– denn du führst sie den rechten Weg –

und lass es wieder regnen auf dein Land, das du deinem Volk

zum Eigentum gegeben hast.

37 Wenn eine Hungersnot im Land ausbricht, wenn die Pest

wütet,

wenn das Getreide durch Brand- oder Rostpilze, Heuschrecken

oder andere Schädlinge vernichtet wird,

wenn der Feind ins Land einfällt, wenn irgendeine Krankheit

oder Plage sie trifft,

38 dann höre du jedes Gebet und Flehen.

Sei es ein Einzelner oder dein ganzes Volk, je nachdem,

was einer als seine Plage oder seinen Schmerz erkennt,

wenn er seine Hände nach diesem Haus hin ausbreitet,

39 dann höre du es im Himmel, dem Ort, wo du thronst! Und

vergib; und gib jedem, was er verdient!

Denn du kennst die verborgenen Gedanken der Menschen und

siehst ihnen ins Herz.

40 Dann werden sie dich fürchten und auf deinen Wegen gehen,

solange sie in dem Land leben, das du unseren Vätern gegeben

hast.

41 Auch wenn ein Ausländer, der nicht zu deinem Volk Israel

zählt, wegen deinem Namen aus einem fernen Land

kommt,

42 – denn sie werden von deinem großen Namen hören

und von dem, was du mit deiner starken Hand und deinem

ausgestreckten Arm getan hast –

wenn er kommt und zu diesem Haus hin betet,

43 dann höre du es im Himmel, dem Ort, wo du thronst, und

erfülle seine Bitte!

So werden alle Völker der Erde deinen Namen erkennen und

dich fürchten, wie dein Volk Israel es tut.

Und sie werden wissen, dass dein Name über diesem Haus, das

ich gebaut habe, ausgerufen ist.

44 Wenn dein Volk gegen seine Feinde in den Krieg zieht, egal

wohin du sie schickst,

und sie dann zu dir beten in Richtung dieser Stadt, die du

erwählt hast, und dieses Hauses, das ich deinem Namen

gebaut habe,

45 dann höre ihr Gebet und Flehen im Himmel und verschaffe

ihnen ihr Recht!«

20. Januar – 1. Könige 8,46-53.56-61:
Salomos Gebet zur Einweihung des Tempels

46 »Wenn sie gegen dich sündigen – denn es gibt keinen

Menschen, der nicht sündigt –

und du über sie zornig wirst und sie ihren Feinden auslieferst,