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Das Buch

Als Caitlyn den gut aussehenden Aiden trifft, gerät ihr bisheriges Leben aus den Fugen. Er offenbart ihr ein Geheimnis über ihre Herkunft und gesteht ihr seine Bestimmung: Als ihr Protector ist er gekommen, um sie zu beschützen. Gejagt von dunklen Mächten begeben sie sich nach Irland, wo Caitlyns Wurzeln liegen. Dabei entwickeln die beiden tiefe Gefühle füreinander. Doch es stellt sich heraus, dass eine Liebe zwischen ihnen nicht sein darf. Während Caitlyn um Aiden kämpft und mehr über die magische Blutlinie, der sie entstammt, erfährt, kommt das Böse immer näher ...

Die Autorin

© privat

Lea Ringpfeil ist 22 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Bielefeld, die Metropole von Ostwestfalen. Sie studiert dort Psychologie an der Universität Bielefeld und geht nebenbei ihrer größten Leidenschaft nach, dem Verschlingen zahlreicher und verschiedenartiger Bücher. Sie hat bereits bei den Berliner Festspielen eine Kurzgeschichte eingereicht und wurde daraufhin in der darauffolgenden Anthologie veröffentlicht. Sie hat eine Schwäche für englische Literatur des 19.Jahrhunderts und für die Bücher von Cassandra Clare.

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Viel Spaß beim Lesen!

Lea Ringpfeil

Himmelstochter

Für meine Mama Andrea.
Ohne dich wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin

Als er durch den Höhleneingang schritt, umfing ihn die Dunkelheit und das einzige Geräusch, welches er zu hören vermochte, war sein eigener Atem und das Rauschen seines Blutes in den Ohren. Er wusste ganz genau, dass sie das mit voller Absicht taten. Sie wollten ihn einen Moment im Dunkeln lassen, um ihm zu zeigen, wer hier das Sagen hatte, welcher Platz ihm zugewiesen war. Er gehörte eindeutig auf den unteren. Zähneknirschend erwartete er das Unvermeidliche. Irgendwo in der Ferne hörte er Wasser tröpfeln und der Geruch nach feuchter Erde und abgestandener Luft stieg ihm in die Nase. Er erlaubte sich kurz ein gehässiges Grinsen, bevor er zu seiner ausdruckslosen Miene zurückkehrte. Es erfüllte ihn doch irgendwie mit Genugtuung zu wissen, dass sie in diese stinkigen und lichtundurchlässigen Höhlen verbannt waren und er nicht. Nein, er konnte wieder nach draußen, an die Sonne, ans Licht. Genau deswegen brauchten sie ihn schließlich. Ein warmer, nach Verwesung stinkender Lufthauch kündigte die Anwesenheit einer der Ihren an. Er seufzte lautlos und machte sich auf das, was kommen mochte, gefasst.

Eine klamme Hand schlug gegen seinen Rücken und stieß ihn rüde vorwärts. Sein Schultergelenk knackte. Er wusste nicht, warum er sich eine solche Behandlung überhaupt gefallen ließ. Am liebsten hätte er die Hand mit einem raschen Zucken seines Dolches abgetrennt und wäre schnurstracks wieder nach Hause gegangen. Doch er wusste genauso gut wie sie, dass er es nicht tun würde. Dass er nicht weit kommen würde. Er wusste schließlich wie die Spielregeln in der Welt, in der er lebte, lauteten.

Er und die eklige Hand waren jetzt schon eine Weile durch den Tunnel gegangen, als er – endlich – eine Veränderung seiner Umgebung wahrnahm. Die zuvor bedrückende Enge der Höhlenwände wurde durch einen großen, hohen Raum abgelöst. Er erkannte dies am sanften Hallen seiner eigenen Schritte und die der Hand. Oder vielmehr dem Etwas, dem die Hand gehörte.

Dann, als die Hand von seinem Rücken verschwand, flammten Fackeln an den Seiten des hohen Raumes auf. Seine Augen brauchten nur wenige Sekunden, um sich den neuen Sichtverhältnissen anzupassen, schließlich war er für solche Situationen ausgebildet. Von seiner Eskorte war nichts mehr zu sehen und er fand sich in einer langen, hohen Halle wieder, deren Wände, Boden und Decke aus schwarzen Stein gemeißelt war. Es war fast so, als würde dieses Schwarz das Licht der Fackeln absorbieren. Das Licht hatte in diesen Hallen keine Chance, gegen das, was in diesem Dunkel lauerte. Während er sich noch umschaute und versuchte, seine Umgebung bis ins kleinste Detail aufzunehmen, um für den Notfall seine möglichen Vorteile nutzen zu können, unterbrach ihn eine dröhnende Stimme in seinen Beobachtungen. Es wäre eh sinnlos. Es gab weder andere Ausgänge als den, durch den er geführt worden war, noch gab es sonstige Fluchtwege. Außerdem nahm er sowohl rechts als auch links von ihm Gestalten in der vom Fackellicht unerreichten Dunkelheit wahr. Sie überwachten jede seiner Bewegungen und würden gegebenenfalls dafür sorgen, dass er sich nie wieder bewegte. Also blieb ihm nur übrig, jeden Zwischenfall zu vermeiden und der Stimme zu lauschen.

„Knie nieder!“

Er suchte gar nicht erst nach der Quelle der Stimme, sondern verschränkte die Arme vor der Brust.

„Pff..., ich denke gar nicht daran!“

Ein Grollen lief durch den Boden und vibrierte direkt unter seinen Fußsohlen. Er zog eine Augenbraue hoch.

„Tu, was man dir sagt“, wieder die Stimme, „wenn dir dein Leben lieb ist!“

„Im Ernst? Was Besseres fällt euch nicht ein? ’Wenn dir dein Leben lieb ist?’“, fragte er belustigt. Er konnte es sich nicht verkneifen, verdammt! Wo war sein Vorsatz, einen Zwischenfall zu vermeiden? Das Grollen unter seinen Füßen nahm zu und er verlor für einen Moment sein Gleichgewicht.

„Bezeuge mir Respekt oder ich bläue ihn dir ein, du Narr!“ Die Stimme hallte und das laute Echo schmerzte in seinen Ohren.

„Schon gut, schon gut!“ Er ließ sich, wenn auch widerwillig, auf ein Knie sinken und senkte den Kopf. Er hatte bemerkt, wie die Gestalten bei seinen respektlosen Bemerkungen unruhig geworden und zu seinem Verdruss näher an ihn herangerückt waren. Oh verdammt, wie er das hasste!

„Und nun höre! Du weißt vermutlich, warum du hier bist.“ Bevor er zu einer sarkastischen Antwort ansetzte, die ihn vermutlich das Leben kosten könnte, biss er sich auf die Zunge und würgte ein Ja heraus.

„Ja, was?“ Er knirschte mit den Zähnen und besann sich seiner Ausbildung, seiner Professionalität.

„Ja, Meister.“ Das Grollen ebbte langsam ab, als würde es von seinen Füßen fortgerufen.

„Ich sage es dir dennoch ein weiteres Mal. Nur für den Fall, dass du vergessen haben solltest, wem deine Loyalität und dein Leben gehören. Du wirst die Banphrionsa beobachten und sie nicht aus den Augen lassen. Und sollte der Fall eintreten, auf den wir so lange warten, dann wirst du sie hierherbringen. Hierher, zu uns. Solltest du Zweifel daran hegen, wem du verpflichtet bist, oder uns den geringsten Anlass geben, dir zu misstrauen, so sei gewarnt: Nicht nur das Deinige, auch das Leben derer, die du liebst, hängen von meiner Gunst ab. Und ich werde nicht zögern, dich zu zerquetschen, wie die sterbliche Made, die du bist. Das verspreche ich dir. Hast du verstanden?“

Er hob den Kopf und seine Stimme hallte ebenso von den Wänden, wie die körperlose Stimme.

„Ja, Meister, ich habe verstanden. Ich werde mein Bestes geben. Ihr werdet keinen Grund haben, Eure Droh... Euer Versprechen wahr zu machen.“ Alle Belustigung war aus seiner Stimme und seinen Gedanken verschwunden. Er konnte es sich nicht leisten, dieses Monster gegen sich aufzubringen. Er hatte mehr zu verlieren als sein Leben.

„Dann geh! Wir werden uns bald wiedersehen.“

Um ihn herum war es wieder schwarz, die Fackeln waren erloschen und diesmal, für einen kurzen Moment, fürchtete er diese Finsternis. Er schüttelte sich, und damit die Furcht von sich, und straffte die Schultern. Darauf war er jahrelang vorbereitet worden, auf diesen Auftrag. Und er würde ihn ausführen. Er war ein ausgebildeter, trainierter und vor allem gnadenloser Killer. Und ob es ihm gefiel oder nicht, er war IHR Killer.

Kapitel 1

Ich schreckte mit einem lauten, ängstlichen Keuchen aus dem Schlaf hoch. Mein Körper zitterte so sehr, dass mir fast die Zähne klapperten, und kalter Schweiß klebte mir überall am Körper. Igitt. Als ich versuchte, mich daran zu erinnern, was ich geträumt hatte und warum ich so aufgewühlt war, blieb nur das Gefühl von Enge und Furcht zurück. Ich fürchtete mich auf einmal vor der Dunkelheit, die in meinem Zimmer herrschte. Wieso war ich plötzlich so panisch? Ich hatte noch nie Angst vor der Dunkelheit gehabt, nicht einmal, als ich noch klein war. Aber weil ich mich ohne Licht nicht beruhigen konnte, knipste ich die kleine Lampe auf meinem Nachttisch an und sah mich in meinem Zimmer um. Irgendwie musste ich sichergehen, dass sich niemand in meinem Zimmer aufhielt und mich beobachtete. Shit, anscheinend konnte man über Nacht paranoid werden. Jetzt komm mal wieder runter, Lyn Sturm, dachte ich. Hör sofort auf, dir solche Dinge vorzustellen! Ich versuchte also, meinem eigenen Befehl zu folgen und drehte mich auf die Seite. Das war zwar noch nicht viel besser, aber ich hatte das Gefühl, auf der Seite liegend und die Decke bis zum Kinn gezogen, weniger verwundbar zu sein. Mit dieser Vorstellung glitt ich in einen, diesmal traumlosen, nur allzu willkommenen Schlaf.

Am nächsten Morgen hatte ich meine kurze, nächtliche Panikattacke schon wieder vergessen. Im Nachhinein hätte es mir eine Warnung sein sollen, für das, was noch folgen sollte.

Eigentlich war es ein ganz normaler Tag, so wie jeder andere auch, außer dass ich mit einem mulmigen Gefühl aufwachte, was ich mir aber nicht erklären konnte. Während ich duschte und mich anschließend anzog, legte sich das Gefühl allmählich und ich konzentrierte mich auf den Tag, der vor mir lag. Als ich gerade die letzten Sachen für die Schule zusammensuchte, fiel mir ein, dass ich weder gefrühstückt noch etwas zum Essen in meine Schultasche gepackt hatte. Kein Wunder, dass mir mulmig war, ich war wahrscheinlich total ausgehungert. Auf Zehenspitzen schlich ich in die Küche, um mir etwas Essbares zu suchen. Dabei bewegte ich mich so leise wie möglich. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war, dass Er aufwachte. Die Uhr zeigte bereits 7:38. Damit ich noch pünktlich kam, musste ich mich beeilen. Mit einem Apfel in der Tasche und einem Brot in der Hand verließ ich das Haus. Während ich die Straße entlanghastete, warf ich einen letzten Blick auf das Haus. Wenn man es überhaupt noch als Haus bezeichnen konnte, dachte ich. Selbst aus der Entfernung konnte ich noch sehen, wie sehr die Farbe bereits abgeblättert war und wie sehr sich die schiefen Fensterläden schon zur Erde neigten. Anstatt wie früher in einem einladenden Weiß zu strahlen, riet das schmutzige Graugelb heute davon ab, es zu betreten. Und wie nur ich wusste: nicht zu Unrecht. Das Chaos, die kaputten Möbel und das leckende Dach waren alles Gründe, weshalb ich lieber einen langen Tag in der Schule verbrachte, als zu Hause zu sitzen. Aber der wichtigste Grund war Er. Mit einem Kopfschütteln versuchte ich, diese trüben Gedanken am Morgen zu vertreiben. Woher kam denn plötzlich diese schlechte Stimmung? Sonst konnte ich diese Dinge in meinem Kopf gut zur Seite schieben und verdrängen. Es war doch eigentlich ein ganz normaler Tag, sogar die Sonne blinkte zwischen kleinen, weißen, fluffigen Wolken hervor und ließ den Himmel in einem hübschen Hellblau strahlen. Nachdem ich diese lästigen Gedanken verscheucht hatte, setzte ich schnurstracks meinen Weg zur Schule fort. In der ersten Stunde erwartete mich zwar eine quälend langweilige Stunde Sozialkunde mit dem noch langweiligeren Herrn Bitter, aber vielleicht konnte mich ein bisschen Beschäftigung mit der freien Marktwirtschaft von der trüben Morgenstimmung ablenken. Wenn ich allerdings genauer darüber nachdachte … wohl eher nicht.

Der Tag verlief dann alles in allem in seiner gleichförmigen, alltäglichen Weise. Es war viertel vor drei, nachmittags, als ich mit Jonathan, meinem Sitznachbarn und bestem Freund, in unserer letzten Stunde für diesen Tag saß. Es war Religion. Und es war eher unspannend, um es nett auszudrücken. Unsere Lehrerin las gerade eine zehnseitige Abhandlung irgendeines Theologen über irgendeine These vor, die irgendwann irgendjemand einmal aufgestellt und von der kein Mensch je gehört hatte (außer meiner Religionslehrerin natürlich). Den einzigen Arbeitsauftrag, den sie uns vor Beginn ihrer Lesung gegeben hatte: „Hört gut zu! Denn diese Erkenntnisse sind durchaus als die bahnbrechendsten unseres Jahrhunderts …“ Ab da hatte ich dann abgeschaltet. Ich versuchte es wirklich. Ihr zuzuhören. Aber jedes Mal, wenn ich mich zwang, die Aufmerksamkeit auf Frau Turners Stimme zu lenken, lullte mich das monotone Stimme-Auf-und-Ab ein und alles was ich hörte, war ein Summen, währenddessen ich überlegte, ob es sich lohnen würde, noch mal auf die Uhr zu sehen. Als ich dann doch nachschaute, erkannte ich, dass es das nicht tat. Es war jetzt tatsächlich erst 15:46. Puh.

Während ich also weiter meinen eigenen Gedanken nachhing (die kein bisschen mit dem, was Frau Turner gerade vorlas, zu tun hatten) und das Spiel mit meiner Uhr fortsetzte, geschahen zwei Dinge auf einmal: Erstens fiel Jonathans Kopf auf den Tisch. Er hatte schon bei den ersten beiden Sätzen von Frau Turners Monolog kapituliert und war eingeschlafen. Zugegebenermaßen war er da nicht der Einzige. Von meinem Sitzplatz aus konnte ich mindestens noch drei weitere Leute ausmachen, die im Land der Träume verweilten. Einem lief sogar so viel Spucke aus dem Mundwinkel, dass sich um sein Kinn ein kleiner Spuckesee gebildet hatte. Ich schaffte es nur mit Mühe und eiserner Disziplin, ein Kichern zu unterdrücken. Auf jeden Fall war Jonathans Kopf von der Hand gerutscht, auf die er sich gestützt hatte, und mit einem lauten Rums auf die Tischplatte geknallt.

Die zweite Sache war, dass es an der Tür klopfte und Frau Turner aus ihrem endlosen Monolog gerissen wurde.

Die Tür ging auf und dahinter erkannte ich unsere Sekretärin Frau Lenzen. Sie lächelte einmal kurz in die Runde, ging dann auf Frau Turner zu und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Mittlerweile waren tatsächlich auch alle im Kurs wieder wach und verfolgten die willkommene Abwechslung aufmerksam. Wo sich zuvor Verärgerung wegen der Störung bei Frau Turner abgezeichnet hatte, malte sich nun unterdessen Verblüffung ab. Als sie dann Frau Lenzen zustimmend zunickte, winkte diese jemanden herein. Im kleinen Klassenraum entstand Geraschel und Gemurmel. Jeder reckte den Kopf, um gut sehen zu können, was nun passierte. Denn mittlerweile war auch der tranigsten Schlafmütze aufgefallen, dass heute an diesem Donnerstagnachmittag mehr zu hören und zu sehen war, als das monotone Geblubber über die Theorien zum Gottesbeweis. Im Türrahmen erschien eine hochgewachsene Gestalt. Rabenschwarze Haare hingen im Wuschel-Look in seiner Stirn und umrahmten ein Gesicht, das durchaus in einem Modekatalog für Männer zu finden gewesen wäre. Die sturmgrauen Augen, die uns entgegenstrahlten, waren fast schon zu intensiv, zu … na ja … einschüchternd, um lange das Gesicht zu betrachten. Aber es ging. Trotzdem. Irgendwie. Sollte ich beschreiben, welcher damals mein erster Gedanke war, ich könnte es nicht. Mein Gehirn hatte sich mit einem lauten, imaginären Brutzeln in einen wackelpuddingartigen Zustand verabschiedet. Die breiten Schultern und schmalen Hüften trugen nicht unwesentlich dazu bei. Der Adonis blieb in der Tür stehen und wartete anscheinend auf eine Reaktion. Aber das Einzige, was folgte, war Schweigen und Gaffen. Weil eine Reaktion also ausblieb, schaltete sich Frau Lenzen wieder ein.

„Das ist Aiden, Aiden Grey“, erklärte sie, während sie auf einen kleinen Notizzettel in ihrer Hand linste. „Euer neuer Mitschüler. Viel Spaß euch noch.“ Und weg war sie. Die Tür schloss sich hinter Aiden, alias Adonis.

Allerdings war jetzt auch Frau Turners Verblüffung zu verstehen. Dieser Junge wechselte jetzt auf eine neue Schule? Jetzt, wo es nur noch ganze zwei Wochen bis zu den von allen herbeigesehnten Sommerferien waren? Das war tatsächlich ungewöhnlich. Ich warf Jonathan einen Blick zu, woraufhin er die Augenbrauen hochzog. Dann verfolgten wir, wie Aiden an seinen neuen Platz dirigiert wurde:

„Aiden, Sie können sich gleich neben Cynthia setzen. Das ist der einzige freie Platz.“

Aiden setzte sich in Bewegung, um der Anweisung nachzukommen. Er schritt an den Reihen von Schülern besetzten Tischen vorbei, wobei ihm vermutlich jedes Augenpaar folgte. Auch meines. Ich kann mich, auch rückblickend nicht, von der Welle der Hormone freisprechen, die besonders den weiblichen Teil des Kurses überrollte. Nachdem Aiden an seinem Platz angekommen war, ließ er sich neben Cynthia nieder, die ihn ebenfalls anstarrte. Deren Lippenstiftmund war zu einem perfekten O geöffnet. Doch das hörte schnell auf. Man konnte ihr nämlich ansehen, wann sie von ihrem Gaff-Modus in den „Der gehört mir“-Modus umschaltete und das umwerfendste, strahlendste Lächeln aufsetzte, zu dem sie fähig war. Ihre Augen, nun ja, man kann sich vorstellen, was ihre Augen mit ihm oder vielmehr mit seinen Klamotten taten. Nämlich ausziehen, verbrennen und die Asche verstreuen, damit er sie ja nie wieder würde anziehen können. Ja, das war Cynthia. Cynthia Varlesque. Unsere Oberzicke und Miststück Nummer eins. Tut mir leid, aber es ist so. Normalerweise kam ich mit allen auf einer höflichen, hilfsbereiten und oberflächlichen Ebene gut zurecht. Natürlich gab es immer Leute, die man nicht so gerne oder überhaupt nicht leiden konnte, aber da galt immer der Grundsatz: leben und leben lassen, ein gemeinschaftliches Ignoranz-Abkommen. Aber von Anfang an beteiligte sich Cynthia nicht an dem gängigen Miteinander. Sie terrorisierte und blamierte, wo sie nur konnte. Und sie machte nicht nur allen, die sie nicht leiden konnte, das Leben zur Hölle, nein, sie hielt sich auch noch für das absolute Highlight in jeglicher Hinsicht, nicht nur weil sie das nötige Kleingeld dafür hatte – oder vielmehr Papa hatte das passende Kleingeld in der Tasche – sondern auch weil sie sich für das gut aussehendste Mädchen der ganzen Schule hielt. Tja, und neben eben dieser Cynthia hatte man nun Aiden Grey gesetzt, den neuen, total heißen Kerl aus Irland. Woher ich wusste, dass er aus Irland kam? Nun ja, weil Aiden gerade eben von Cynthia bis aufs kleinste Detail ausgequetscht wurde. Und zwar lautstark. Nicht mal Frau Turner störte sich an dieser Befragung auf voller Lautstärke, denn wie alle anderen hing auch sie, wenn auch vielleicht nicht so extrem, an Aidens Lippen. Anscheinend konnte sich nicht einmal eine Frau über fünfzig gegen sein gutes Aussehen und seine Sturm-Augen wehren. Tatsächlich lauschten alle wie gebannt, auch die Jungs, selbst wenn sie es niemals zugeben würde. Denn dieser Junge strahlte etwas aus. Ich wüsste nicht, wie andere Leute es beschreiben würden. Vielleicht als Aura oder Ähnliches. Auf jeden Fall war es etwas Außergewöhnliches. Er wirkte erwachsen, mehr als alle Jungs unseres Jahrgangs zusammen, und schien sich seiner selbst vollkommen sicher. Selbstbewusst. Und er beobachtete. Er beobachtete die Leute um sich herum, wie sie sich bewegten und was sie taten. Das wusste ich so gut, weil ich ihn, von meinem Sitzplatz aus, selbst ganz genau betrachtete. Während des ganzen Frage-Antwort-Spiels, das Cynthia mit ihm trieb, spielte ein Lächeln um seine Mundwinkel, als amüsierte er sich über unser aller Intelligenzausfall königlich, wäre aber zu höflich, um es zu zeigen. War ja klar, dass er sich etwas darauf einbildete. War das bei den Gutaussehenden nicht immer so?

Schließlich wandte ich mich entschlossen von ihm ab. Ich konnte es nicht leiden, wenn jemand so arrogant aus der Wäsche schaute. Als wäre man weniger wert, nur weil man keine wunderschönen, mitternachtsschwarzen Surferboy-Haare oder ein Sixpack unter dem T-Shirt hatte.

Ein lautes Räuspern riss mich aus meinen grummelnden Gedanken.

„Können wir dann jetzt mit dem Unterricht fortfahren? Wir haben schon genug Zeit verloren.“ Und der Monolog zum langweiligsten Theologen der Welt wurde fortgesetzt.

Diesmal strengte ich mich sogar noch mehr an, dem weiteren Unterricht zu folgen, und machte mir auch noch ein paar Notizen. Ich wollte irgendwie vermeiden, dass ich den Neuen genauso stumpf und hirnlos anstarrte, wie ungefähr dreiviertel der weiblichen Kursteilnehmer. Und, ganz im Geheimen, auch wie ein, zwei des anderen Geschlechtes. Es regte mich langsam auf, dass ich mich heute so schlecht konzentrieren konnte. Das hatte an diesem Morgen schon angefangen und wurde durch Aidens plötzliche Anwesenheit bloß noch verstärkt. Deshalb projizierte ich einen Teil meines Ärgers auch auf ihn. Obwohl er eigentlich nichts dafür konnte, dass er aussah, wie er aussah. Für gewöhnlich mochte ich Unterricht nämlich. Dinge zu lernen, Wissen anzuhäufen und Fakten miteinander zu verknüpfen fiel mir sonst leicht und machte mir, um ehrlich zu sein, außerdem viel Spaß. Vor allem dann, wenn ich über einem Problem grübelte und mir die Lösung selbst erarbeiten konnte. Ich hatte Freude am Lernen und das war ein Vorteil, den ich gegenüber denen hatte, die nur aus reinem Pflichtgefühl lernten und sich den Lernstoff unter Qualen in das Gehirn hämmerten. Nein, wenn ich lernte, tat ich es, um neue Dinge zu erfahren und hatte nebenbei noch Erfolg. Vor allem notentechnisch. Im sozialen Bereich machte mich das allerdings eher zur Außenseiterin. Aber in Religion (na ja, und in Sozialkunde) da erlahmte selbst bei mir manchmal der Wissensdurst, sodass Jonathan und ich dann die Zeit mit einem Spiel totschlugen. Heute allerdings schlief Jonathan einfach wieder ein, nachdem sich die Aufregung um Aiden Grey allmählich gelegt hatte. Mir blieb also nichts weiter übrig, als mich entweder mit dem Stoff zu beschäftigen oder vollkommen apathisch Löcher in die Luft beziehungsweise in Aiden zu starren. Im Zweifelsfall entschied ich mich lieber für Ersteres. Aber heute gelang mir das nicht und mein Blick wanderte immer wieder zu Aiden hinüber. Mal blickte ich aus dem Augenwinkel zu ihm, während ich schrieb, mal drehte ich den Kopf Richtung Fenster, natürlich nur, um die schöne Aussicht zu genießen … welch Zufall, dass er genau davorsaß. Verdammt, ich ärgerte mich maßlos über meinen Mangel an Selbstkontrolle. Ich wollte ihn doch gar nicht anschauen. Schließlich war er ein arroganter, nur leider fantastisch gut aussehender Kerl. Eigentlich sieht er viel zu gut aus, beschloss ich. Es war schon fast unfair, dass dieser Aiden Grey anscheinend allen Sexappeal gepachtet hatte, während wir Normalsterblichen den mickrigen Rest unter uns aufteilen mussten. Mein Entschluss stand also fest. Ich würde nicht ein einziges Mal mehr zu ihm herübersehen. Für den Rest der Stunde hielt ich auch eisern daran fest (bis auf die ein oder zwei Dutzend Mal, die ich es nicht schaffte), während Jonathan neben mir den Rest der Stunde leise schnarchend verschlief.

Als es schließlich zum Ende der Stunde und gleichzeitig zum Ende dieses Schultages schellte, stieß ich Jonathan einen Ellbogen in die Seite. Er erwachte mit einem erschrockenen Jaulen und einem Satz, der ihn bestimmt zwanzig Zentimeter von seinem Stuhl abheben ließ. Ich grinste.

„Jonathan, Darling, du hast da einen Sabberfaden am Kinn. Der macht dich wirklich unwahrscheinlich attraktiv. Wenn du den nicht sofort wegmachst, werde ich vermutlich über dich herfallen …“, neckte ich ihn und versuchte auszusehen, als könnte ich mich kaum noch beherrschen. Als Erwiderung bekam ich nur einen bösen Blick und ein Schnauben. Wir packten unsere Sachen und verließen zusammen den Raum. Mein Ärger war nach diesem doch recht amüsanten Anblick von Jonathan, dekoriert von seinem Spuckefaden, wieder verblasst.

„Komm schon! Das war doch witzig, ein Scherz. Du solltest lachen.“ Ich grinste immer noch, weil es einfach göttlich war, Jonathan nach dem Aufstehen ein bisschen zu reizen. Und prinzipiell war er ja gerade erst aufgestanden.

„Lyn. Du weißt, wie ich es hasse, nach dem Aufwachen mit guter Laune konfrontiert zu sein.“

„Hey, ich kann doch auch nichts dafür, wenn du einfach wieder einratzt, während du eigentlich den erhellenden Ausführungen von – wie hieß der jetzt noch – na ja, von diesem Theologen eben lauschen und seine bahnbrechenden Erkenntnisse für immer in deinem Kopf einspeichern solltest!“ Mit gespielt ernster Miene versuchte ich meinen Worten besonderen Nachdruck zu verleihen.

Dem Blick nach zu urteilen, den er mir dann zuwarf, brauchte es nur noch ein kleines bisschen und er würde mir das Erstbeste, was er in die Finger kriegte, um die Ohren pfeffern. Und in diesem Fall wäre das eine alte, braune und glitschige Bananenschale, die auf einem der Tische in der Pausenhalle lag, die wir auf dem Weg nach draußen durchquerten. Pfui! Da ich hielt jetzt lieber die Klappe.

Er hatte meinen Rückzug sehr wohl bemerkt und grinste grimmig und zufrieden.

„Geht doch. Du musst nur wollen, Lyn.“

„Oder Angst vor einer ekligen Bananenschale haben“, murmelte ich.

Jonathan stieß die Tür zum Schulhof auf und mich umgab die Wärme der am Himmel stehenden Sonne und die Frische einer luftigen Brise, die den Geruch des Sommers mit sich brachte. Wie angenehm dieser Duft von blühenden Maiglöckchen und Kirschblüten doch war. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen, genoss die Sonne, den Duft und das Gefühl, dass alles gut war. Als ich die Augen wieder öffnete, bemerkte ich Jonathans Blick, der auf mir ruhte. Anscheinend wartete er auf eine Antwort von mir.

„Was? Hast du was gesagt? Tut mir leid, ich war gerade …“

„Nein, ist schon gut“, unterbrach er mich forsch. Er war heute nicht unbedingt bei bester Laune und das war ungewöhnlich. Normalerweise war ich diejenige, die angesichts seiner schamlosen guten Laune nach Dingen suchte, die ich nach ihm werfen konnte. Wir machten uns auf den Weg nach Hause. Da er nicht weit entfernt von mir wohnte, war unser Weg, bis auf ein paar Meter, derselbe.

„Jonathan, ist irgendwas? Du bist heute so schlecht gelaunt und bist dauernd kurz davor, einzuschlafen.“

„Nein, Lyn. Tut mir leid, ich habe nur verdammt schlecht und viel zu wenig geschlafen. Sonst ist alles gut.“ Er lächelte mir kurz zu, um mich zu beruhigen.

„Na, Gott sei Dank. Ich dachte schon, heute müsste ich hier den Kummerkasten spielen!“ Ich zwinkerte und grinste ihn an.

Er verzog gespielt entsetzt das Gesicht.

„Lyn, du weißt doch, so etwas wie Gefühle besitzen wir Kerle nicht. Und wenn doch, dann sind es sehr männliche und total unpeinliche Gefühle.“

„Klar, versteh schon. Total männlich, alles klar. Aber solltest du doch mal den Anflug eines … nun ja … möglicherweise peinlichen Gefühls verspüren, dann weißt du, dass du mit mir darüber sprechen kannst, oder?“ Ich blickte ihn von der Seite an.

Er legte mir den Arm um die Schultern und zog mich an seine Seite.

„Klar, doch, Kleine. Du bist die Erste, mit der ich dann sprechen werde.“ Dann verwuschelte er mir meine mühevoll gestaltete Frisur und lachte über den finsteren Blick, den ich ihm dafür zwischen den Strähnen meiner Haare zuwarf. Jetzt sah ich bestimmt aus, als wäre ich gerade aus dem Bett gestiegen. Na toll!

Jonathan lachte immer noch, dann wurde er plötzlich wieder ernst.

„Lyn?“

„Mhm?“, machte ich, während ich versuchte, meine Haare wieder zu etwas halbwegs Ordentlichem zu frisieren.

„Ist bei dir denn alles in Ordnung? Ich meine, bei dir zu Hause? Es ist nicht schlimmer geworden, oder?“

Jetzt blickte er mir forschend ins Gesicht, als ob er dort die Antwort finden würde. Vielleicht in Form von blauen Flecken oder so. Meine Hände sanken von meinen Haaren herab, umfassten den Gurt meiner Umhängetasche, während ich seinem Blick auswich. Ich konnte ihn nicht anlügen, wenn ich ihm in die Augen sah.

„Ja. Ja, alles bestens. Es läuft gut im Moment. Wie kommst du darauf?“

Ich hob den Blick und bemerkte, dass er mich eindringlich ansah. Ohne auf meine Frage einzugehen, sagte er: „Ich mache mir Sorgen um dich. Du würdest es mir doch erzählen, wenn … na, du weißt schon? Die Sache mit den Gefühlen gilt für dich genauso wie für mich.“

Ich spürte Dankbarkeit dafür, dass er sich so um mich sorgte. Aber gleichzeitig wollte ich nicht, dass er die Wahrheit erfuhr. Die Wahrheit war, ja, es war schlimmer geworden, und nein, es lief nicht alles bestens. Aber ich konnte es ihm nicht sagen. Das Problem war, ich schämte mich. Schämte mich, so schwach zu sein. Wäre ich nur ein bisschen stärker, würde Er es nicht wagen, mich anzurühren.

Diesmal sah ich Jonathan doch an. „Yeah. Das weiß ich doch. Du musst dir keine Sorgen machen, wirklich!“ Ich lächelte so breit, dass es schmerzte, und fragte mich, ob es auch so falsch aussah, wie es sich anfühlte. Offenbar, denn Jonathans Blick wurde finster.

„Ich werde mit zu dir nach Hause gehen, Lyn. Irgendjemand muss ihn sich mal vorknöpfen.“ Für einen Moment zu geschockt, um zu verstehen, was er gesagt hatte, blieb ich stehen, während er weitermarschierte. Diesmal in Richtung meines Hauses. Als hätte mich etwas gebissen, machte ich einen Satz, rannte hinter ihm her und holte ihn schließlich ein. Meine Hand schloss sich um seinen Arm und hielt ihn fest. Er zog, aber ich verstärkte meinen Griff. Wenn er gewollt hätte, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, mich abzuschütteln. Das wusste er, das wusste ich. Aber die Geste reichte, um ihn zu stoppen.

„Jonathan!“

„Lyn!“

„Hör auf. Misch dich da nicht ein. Ich bin dir dankbar dafür, dass du mir helfen willst, aber es ist nicht nötig. Es ist okay. Ich habe doch gesagt, dass im Moment alles in Ordnung ist. Deshalb möchte ich, dass du auf der Stelle umdrehst und nach Hause gehst!“ Unsere Blicke duellierten sich, bis Jonathan gequält aufseufzte. Er gab nach, ich hatte gewonnen. Dieses Mal.

„Shit, es ist nicht okay. Überhaupt nicht. Ich sollte diesem Scheißkerl gehörig einen Tritt in den Ar…“ Jonathan klang gleichzeitig wütend und resigniert. Ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich der Grund dafür war. Aber ich durfte jetzt nicht nachgeben.

„Nein! Geh nach Hause, tu mir den Gefallen. Bitte!“ Mein Blick wurde jetzt flehend und die Anspannung wich mit einem erneuten Seufzer aus seinem Körper. „Na schön. Toll. Du hast gewonnen. Ich glaube dir jetzt mal, dass du mich nicht anlügst und ich dir vertrauen kann. Dass du mir die Wahrheit sagst.“ Ich blickte ihn fest an. Es war jetzt wichtig, ihn zu überzeugen. Einen Augenblick rangen wir nochmals stumm miteinander, dann gab er sich endgültig geschlagen. Er beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Pass auf dich auf. Bis morgen.“ Dann überquerte er die Straße und kurz bevor er um die Ecke bog, in die Straße, in der sein Haus stand, winkte er mir noch zu. Zurückwinkend lächelte ich ihm zu, bis er weg war. Erst dann konnte ich freier atmen und meine Schultern sackten zusammen. Ach ja, mein Jonathan. Er war der beste Freund, den sich ein Mädchen nur wünschen kann. Ständig machte er sich Sorgen um mich. Er war der sichere Hafen in meinem Leben. Ein Anker, der verhinderte, dass ich fortgetrieben wurde, wenn es gerade wieder besonders stressig war oder wenn es zu Hause mal wieder brannte. Ich liebte ihn zwar abgöttisch, wie den großen Bruder, den ich nie hatte, aber er sollte sich nicht in meine Kämpfe einmischen. Auch wenn er ein Jahr älter war als ich. Das Lächeln auf meinem Gesicht verschwand, als ich mich in die Richtung meines Hauses bewegte. An der Haustür angekommen, fischte ich den Schlüssel aus meiner Tasche und öffnete die Haustür. Der Geruch von Feuchtigkeit, alten Socken und Alkohol schlug mir entgegen. Mein Gesicht verzog sich unwillkürlich. Ich musste mich endlich um dieses leckende Dach kümmern, sonst hatten wir bald auch noch Schimmel.

Während ich leise die Haustür hinter mir zuzog, lauschte ich. Nichts war zu hören. Ob Er wohl noch schlief? Auf Zehenspitzen schlich ich zum Wohnzimmer und spähte hinein. Auf dem Sofa konnte ich einen bergigen Umriss ausmachen. Ich kniff die Augen zusammen, um noch besser sehen zu können. Bewegte sich der Berg? Ja, ich konnte eine hebende und senkende Bewegung erkennen, die mich hoffen ließ, dass ich wenigstens für ein paar Stunden meine Ruhe hatte. Er schlief tief und fest seinen Rausch aus und ich würde den Teufel tun, ihn zu wecken. Immer noch auf Zehenspitzen schleichend, schlüpfte ich leise in die Küche. Vielleicht konnte ich ja noch was Essbares finden. Ich musste dringend einkaufen gehen. Mit einem Wurst-Käse-Sandwich machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Nachdem ich meine Zimmertür hinter mir geschlossen hatte, atmete ich erleichtert aus und lächelte. Siehst du, Jonathan, ich komme auch ohne deine Hilfe gut zurecht, dachte ich. Ich blickte mich kurz um, um zu sehen, ob alles noch an seinem Platz stand. Okay, alles klar. Nichts kaputt, zerstört oder weg. Einen Moment noch blieb ich stehen, um mir mein Zimmer anzusehen. Um ehrlich zu sein, war ich doch ziemlich stolz auf mich, es so schön eingerichtet zu haben. Ein großes, dunkelbraunes Regal stand an der Wand neben dem Fenster und verwahrte meine kostbarsten Schätze. Meine Bücher. Ich trat an das Regal und glitt mit den Fingern über die Buchrücken. Von alt und zerfleddert bis neu und frisch gekauft war alles dabei. Von Shakespeare bis Stephanie Meyer enthielt mein Regal alles, querbeet. Mit meinem Brot in der Hand setzte ich mich in meinen englischen Klubsessel aus braunem, butterweichem Leder. Was man online nicht so alles fand. Kauend sah ich mich weiter um. Von Weitem machte mein Schreibtisch einen ordentlichen Eindruck, aber ich wusste nur zu gut, dass sich in den Schubladen und Fächern das reinste Chaos breitgemacht hatte. Kleine und große Notizzettel mit Terminen flatterten darin herum, aber so, dass ich sie meist erst dann wiederfand, wenn der Termin schon längst vorbei war. Na ja; was soll’s, musste ich mir alles eben doch so merken. Ich warf einen Blick auf mein Bett. So verführerisch die weichen Kissen und Decken jetzt auch aussahen und wie viel Entspannung sie auch verhießen, ich hatte noch zu tun. Leise seufzend stand ich auf, schnappte meine Schultasche und setzte mich an den Schreibtisch. Langsam breitete ich alles Wichtige vor mir aus und überlegte dabei, womit ich anfangen sollte. Ich entschied mich für Geschichte und die Machtergreifung Hitlers. Kurz bevor ich anfing zu lesen, hielt ich noch mal inne. Irgendetwas fehlte mir. Ach ja … Musik. Mit Musik ging mir alles leichter von der Hand. Also stand ich auf und schaltete todesmutig mein Radio ein. Es war auch nur ganz leise, sodass ich ihn bestimmt nicht wecken würde. Als aus den Lautsprechern Bryan Adams Stimme säuselte, setzte ich mich zufrieden wieder hin. Besser, viel besser. Diesmal fing ich wirklich an zu lesen und tauchte in die Welt des Nationalsozialismus und seiner Verbrecher ein.

Ein lautes Poltern ließ mich hochschrecken. Angestrengt lauschend versuchte ich herauszufinden, was den Krach verursacht haben könnte. Ein weiteres Poltern, gefolgt von leisem Gläserklirren. Wahrscheinlich war Er an die Vitrine im Wohnzimmer gestoßen. Ich wartete, schließlich wusste ich, was jetzt kommen würde. Wir, Er und ich, kannten das Prozedere. Als dann die festen, aber unregelmäßigen Schritte auf dem Flur zu hören war, packte ich ruhig meine Schulsachen wieder in die Tasche. Vor allem die Bücher wollte ich aus dem Weg haben. Das letzte Mal hätte ich fast einen Zahn verloren, weil ich ein Buch offen liegen gelassen hatte. Am besten war es immer, alle tatsächlichen und potenziellen Waffen wegzupacken. Gerade, als ich das letzte Buch in meiner Tasche versenkte, prallte etwas, oder vielmehr jemand, gegen die geschlossene Tür. Vermutlich war er über seine eigenen Füße gestolpert und dagegen geknallt. Schließlich öffnete sich die Tür und eine massige Silhouette erschien im Türrahmen. Sein Gesicht lag noch im düsteren Schatten des Flurs und war deshalb nicht auszumachen.

„Du bist wieder da“, sagte mein Vater. Seine Stimme war rau wie Schmirgelpapier, was bewies, dass sein Rausch noch nicht ganz verflogen war. Viktor Sturm war ein großer, massiger Mann. Sein Haarschopf hatte eine mausgraue, langweilige Farbe und dünnte am Hinterkopf bereits ziemlich aus. Sein breites Gesicht wirkte vom Schlafen noch ganz zerknautscht und die tiefliegenden, wässrig blauen Augen waren rot geädert. Meist blickten sie etwas unfokussiert wegen des Alkohols. War Viktor aber nüchtern, dann blickten sie, zumindest dann, wenn sie auf mich gerichtet waren, böse und drohend. Genau wie jetzt.

„Ja, seit etwa zwei Stunden.“

„Aha“, grunzte er. „Und du hast mir weder Bescheid gesagt noch was zum Essen gekocht, richtig?“

„Na ja, ich dachte, es ist besser, wenn ich dich schlafen lasse, und wir haben nichts im Haus, was man kochen könnte.“ Ich ließ meine Stimme ruhig und unterwürfig klingen. Immer wenn er dachte, ich würde aufsässig werden, endete der Tag für mich nie gut. Also entschied ich mich heute für die brave Tour. Denn heute konnte ich echt keinen dröhnenden Schädel oder eine blutende Nase gebrauchen. Heute war noch so viel zu tun.

„So, du dachtest also. Vielleicht solltest du das lassen. Was das Essen angeht, gibt es einen bestimmten Grund, warum du dich nicht darum gekümmert hast?“, grunzte er.

Ich setzte gerade zu einer Antwort an, als er einfach weitersprach, ohne auf mich zu achten.

„Doch klar, ich weiß den Grund. Du sitzt viel zu gerne auf deinem faulen Arsch, als dass du dich um deine Pflichten hier zu Hause kümmerst. Vielleicht täte dir ein Tritt in besagten Arsch ganz gut, was meinst du?“

Oh, wie ich das hasste. Wer war hier denn der Erwachsene? Wer war der Vater und wer das Kind? Ich versuchte, weiterhin ruhig zu atmen, die Zähne zusammenzubeißen und nicht loszubrüllen. Ich konnte ihm sehr wohl ansehen, wie amüsant er es fand, mich derartig zu beschimpfen und mich zu reizen. Er wartete doch bloß auf einen kleinen Fehler meinerseits, damit er seine Rechtfertigung hatte, mich durch das Zimmer zu prügeln. Aber nicht mit mir. Innerlich fing ich an, bis zehntausend zu zählen, denn bis zehn allein hätte nicht gereicht. Währenddessen betrachtete er mich. Je länger ich schwieg und den Zorn unterdrückte, der in mir flackerte, desto wütender wurde sein Blick. „Willst du mir nicht antworten? Und mal ganz allgemein … hast du dich hier mal umgesehen, im ganzen Haus sieht es aus wie im Schweinestall. Du bist zu nichts nutze und anscheinend noch nicht mal dazu, einen Putzlappen zu schwingen.“ Seine Stimme war lauter geworden. In seinen Augen blitzte es. Es war eine Warnung. Aber ich ignorierte die Warnung. Wieder einmal.

Ich sprang auf und schleuderte ihm die Worte vor die Füße, bevor ich mir die Hände auf den Mund schlagen konnte, um sie zurückzudrängen:

„Ich hoffe, du weißt auch, warum es hier aussieht wie im Schweinestall. Das Schwein steht nämlich vor mir. Mehr als hinter dir herräumen kann ich nicht und das würde selbst Mary Poppins überfordern, du widerlicher Dreckskerl!“

Die darauffolgende Faust sah ich nur allzu gut und wich ihr aus. Natürlich wusste ich aus Erfahrung, dass ich ihr nicht ewig ausweichen konnte. Irgendwann würde er einen Treffer landen, so wie immer. Aber ich würde es versuchen, so wie immer. Lieber würde ich nackt auf dem Times Square tanzen, als ihm die Befriedigung zu geben, ein wehrloses Opfer vor sich zu haben. Je häufiger ich auswich, desto mehr steigerte sich seine Wut bis zur Raserei. Seine Schläge waren noch leicht ungenau, vermutlich vom Restalkohol im Blut, dafür aber umso heftiger. Ich war jetzt so weit zurückgewichen, dass hinter mir nur noch Wand war. Ich konnte nirgends hin ausweichen und der nächste Fausthieb saß. Bevor mein Kopf an die Wand hinter mir knallte, sah ich noch das Vergnügen und die Befriedigung in seinen Augen funkeln. Jetzt konnte er mir wieder mal zeigen, wer hier der Stärkere war. Vor meinen Augen tanzten bunte Sternchen eine Polka. Dann schlug er nur noch mit der flachen Hand zu, denn er wusste genau, dass man diese Abdrücke morgen nicht mehr sah. Zumindest nicht so sehr wie Faustschläge. Nein, die platzierte er meistens dahin, wo meine Kleidung die blauen Flecken verstecken würde. Unterdessen schaltete ich ab. Ich war teilnahmslos. Anders ertrug ich es nicht. Das war der einzige Weg nicht kaputtzugehen. Nicht zu zerbrechen. Er hatte mich mit einer Hand am T-Shirt gepackt, um mich festzuhalten. Nach dem letzten Schlag ließ er mich einfach los und ich glitt an der Wand nach unten. Victor machte einen Schritt zurück und blickte auf mich herab. Als wäre ich ein minderwertiges Tier oder eine andere niedere Kreatur.

„So sprichst du nie wieder mit mir, verstanden? Vergiss nicht, ich bin dein Vater und kann mit dir tun und lassen, was ich will. Und niemand wird sich dafür interessieren. Also, pass auf!“

Mit diesen Worten wandte er sich um und verließ das Zimmer. Von irgendwo war wieder das Klirren von Glas zu vernehmen. Vermutlich suchte er schon die nächste hochprozentige Spirituose. Aber alles was ich hörte, war das Wort Vater das in meinem Kopf widerhallte. Vater, Vater, Vater, Vater … Immer wieder. Dieser brutale, prügelnde und widerliche Typ von Mann konnte doch nicht mein Vater sein. Nein, er war nicht mein Vater und so sah ich ihn auch schon lange nicht mehr. Wer ein Vater sein will, sollte sich auch wie einer verhalten. Schwankend und schwindelnd kam ich wieder auf die Füße. Ich ging zur Kommode und griff nach den Taschentüchern, die dort lagen. Während ich eines davon gegen meine blutende Nase drückte, ließ ich mich langsam auf das Bett sinken. Mein Bauch schmerzte dumpf von den Schlägen und mein Kopf hämmerte, als würde eine ganze Bauarbeitermannschaft auf ihm arbeiten. Mit Presslufthämmern.

Shit. Ich war noch nicht ganz mit Hausaufgaben fertig. Mühsam und mit in den Nacken gelegtem Kopf stand ich wieder auf, setzte mich wieder an den Schreibtisch und begann meinen Aufsatz über das romantische Gedicht, das wir analysieren sollten. Dabei versuchte ich, nicht mit meiner Nase auf das blütenweiße Papier zu tropfen.

Kapitel 2

Als ich an diesem Abend das Fenster schloss, das Licht ausknipste und ins Bett ging, setzte ich meine ganzen Hoffnungen auf einen albtraumlosen (Albträume kamen dann und wann, besonders nach einem Tag, wie heute) und entspannten Schlaf. Jonathan hatte mir per SMS noch eine gute Nacht gewünscht und ich war wild entschlossen, diese auch zu bekommen. Normalerweise dachte ich vor dem Einschlafen immer über den vergangenen Tag nach oder über den nächsten. Gerade heute hätte ich auch viel Stoff gehabt, angefangen bei dem göttergleichen Aiden Grey bis zu dem Gespräch mit Jonathan und dem verhängnisvollen Nachmittag. Aber an diesem Abend schlief ich ein, sobald mein Kopf das Kissen berührte.

Am nächsten Morgen wachte ich einigermaßen ausgeruht, aber immer noch mit schmerzendem Kopf auf. Obwohl ich sicher war, nichts geträumt zu haben, war es, als sähe ich ein sturmgraues, blitzendes Augenpaar vor mir. Seltsam. Plötzlich fröstelte ich und mein Blick schweifte zum Fenster. Die Vorhänge flatterten in der frischen, morgendlichen Brise und das Fenster stand offen. Hä? Ich war mir zu 99,9 Prozent sicher, es gestern geschlossen zu haben. Ich zuckte die Achseln. Offenbar nicht. Ich stand auf, um keine Zeit zu vergeuden.

Denn morgens war die beste Zeit für mich, weil ich sicher sein konnte, Victor nicht zu begegnen. Wer viel säuft, schläft auch viel. Gähnend und schlurfend ging ich ins Bad, um mich für die Schule vorzubereiten.

Nach einer heißen Dusche (die auf meinem teilweise lädierten Gesicht ganz schön brannte), schminkte ich mich sorgfältig, sodass keine Spuren vom gestrigen Nachmittag zu sehen waren und zog mich an. Meiner Stimmung entsprechend wählte ich ein schwarzes, enganliegendes T-Shirt und eine Skinny-Jeans. Dazu trug ich meine bordeauxroten Chucks und die Kette mit dem Kreuz, die ich so gut wie nie ablegte. Genau wusste ich nicht, woher ich sie hatte, aber ich trug sie schon, soweit ich zurückdenken konnte, und ohne sie fühlte ich mich nackt. Und irgendwie verwundbar. Gut, das war ich auch mit Kette, wie Victor ja so gerne bewies.

Weil ich noch über eine Stunde Zeit hatte, bis ich mich auf den Weg zur Schule machen musste, kümmerte ich mich kurzerhand um die Wäsche. (Ich hatte nur noch die hässlichsten Oma-Schlüpfer im Schrank, die absolut verboten aussahen.)

Dieser Schultag begann im Gegensatz zum vorherigen nicht wie üblich. Sobald ich das Schultor durchschritten hatte, umfing mich Chaos. Oder zumindest kam es mir wie Chaos vor. Überall standen Schüler in größeren und kleineren Gruppen zusammen und tuschelten, während ihr Blick auf einen festen Punkt außerhalb meines Blickfeldes gerichtet war. Normalerweise war mindestens die Hälfte der Schüler um diese Zeit schon im Gebäude verschwunden, oder noch nicht da. Aber heute schienen sich alle um diesen festen Punkt zu pulken. Jetzt wurde auch ich neugierig, wobei ich ehrlich gesagt, nicht die geringste Ahnung hatte, was mich erwartete. War ein Schüler ohne Hose zur Schule gekommen? Oder hatte man endlich entdeckt, dass unser Chemielehrer heimlich Lachgas mitgehen ließ (was meiner Ansicht nach die einzig logische Erklärung und meine lang gehütete Vermutung für seine Angewohnheit war, kurze Lederhosen in allen Farbvariationen zu tragen)? Als ich dann einen mir nur allzu vertrauten braunen Haarschopf in der Schülermasse entdeckte, entschloss ich mich kurzerhand, mich zu Jonathan durchzudrängeln und der Sache auf den Grund zu gehen. Mit ein bisschen Schieben hier und einem sorgsam platzierten Ellbogen da, kämpfte ich mich, recht erfolgreich, durch die versammelte Schülerschaft. Jonathan hatte einen Platz in der ersten Reihe des Schauspiels, das sich den rund hundert Augenpaaren bot.

„Hey, was ist denn hier los? Es ist ja fast so, als würde hier Freibier oder so verteilt…?“ Alles, was ich noch hatte sagen wollen war abrupt gelöscht, angesichts des Anblicks, der sich mir bot. Mir genau gegenüber stand Aiden in einem weißen T-Shirt und einem Ausdruck auf seinem wunderschönen Gesicht, der, wäre er auf mich gerichtet, mein Blut zum Gefrieren gebracht hätte. Er verhieß Drohung und Gefahr und seine Augen blitzten so heftig, dass ich es über die Entfernung sehen konnte. Aber er war zum Glück nicht auf mich, sondern auf drei Kerle gerichtet, die mit dem Rücken zu Jonathan und mir standen, sodass ihre Gesichter nicht zu sehen waren. Wenn es mir schon kalt den Rücken runterlief, wenn ich nur den Blick sah, den Aiden zur Schau stellte, wie musste es den Kerlen gehen, die diesen Blick auf sich zogen und vermutlich auch Grund für Aidens Zorn waren?

Jonathan schien es erst jetzt aufzufallen, dass ich neben ihm stand, denn er sah mich verwundert an. Er hatte sein Augenmerk anscheinend voll auf die Situation vor uns gerichtet, sodass er nicht mitbekommen hatte, wie ich mich wie eine Walze durch die Schülerschar gerollt hatte. Ich konnte mir vorstellen, dass er darauf wartete, ob es zu gewalttätigen Handlungen kam, um einzuschreiten.

Ich stellte meine Frage also noch mal, nur diesmal ohne den Freibierzusatz.

„Die drei Idioten hier“, er deutete mit dem Kopf auf die drei Möchtegern-Gangster in ihren Hip-Hop-Klamotten, die immer aussahen, als wären sie drei Nummern zu groß, „haben gemeint, ein krummes Ding drehen zu können, ohne dass es jemand merkt.“ Aus seiner Stimme konnte ich deutlich die Verachtung heraushören.

„Was haben sie denn angestellt?“, fragte ich, mit einem Blick auf die lächerlichen Schlabber-Gestalten vor uns.

„Na ja, sie haben versucht, einem Jungen Geld und sämtliche Wertsachen wegzunehmen.“

„Okay, das ist nicht in Ordnung und sollte auf alle Fälle bestraft werden, aber das erklärt noch nicht ganz, warum die halbe Schule hier herumsteht und sich die Augen ausglotzt.“

Unsere Unterhaltung war leise und halb geraunt und halb geflüstert, aber als Jonathan jetzt antwortete, war seine Stimme noch leiser und vollkommen ernst.