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PIRANHAS

SÄGESALMLER IN DER NATUR UND IM AQUARIUM

Wolfgang Staeck

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Bildnachweis
Titelbild: Catoprion mento, Pygocentrus nattereri, Rückseite: Pygocentrus cariba
Bild Seite 1: Pygocentrus nattereri
Fotos ohne Bildnachweis vom Autor

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eISBN: 978-3-86659-381-7

© 2015 Natur und Tier - Verlag GmbH

Inhalt

Vorwort

Piranhas: Fakten und Fabeln

Merkmale und Stellung im zoologischen System

Ernährung und Nahrungserwerb

Kampfverhalten und Rangordnung

Fortpflanzungsbiologie und Vermehrung

Einrichtung des Aquariums

Gattungen und Arten

Die Gattung Catoprion

Catoprion mento

Die Gattung Pygocentrus

Pygocentrus cariba

Pygocentrus nattereri

Die Gattung Pygopristis

Pygopristis denticulata

Die Gattung Serrasalmus

Serrasalmus altuvei

Serrasalmus compressus

Serrasalmus elongatus

Serrasalmus gouldingi

Serrasalmus hastatus

Serrasalmus maculatus

Serrasalmus manueli

Serrasalmus medinai

Serrasalmus rhombeus

Serrasalmus spilopleura

Verwendete Literatur

Vorwort

Neben Skalaren und Neonsalmlern sind Piranhas sicherlich die bekanntesten Fische des südamerikanischen Subkontinents. Während die Popularität der ersten beiden Fischgruppen darauf beruht, dass sie beliebte Aquariumfische sind, denen man auf Ausstellungen, im Zoofachhandel sowie in den Aquarien von zoologischen Gärten und Privatpersonen häufig begegnet, hat die Bekanntheit der Piranhas ganz andere Gründe: Mit dem Namen dieser Fische verbinden sich Erinnerungen an sensationelle Berichte über ihre Gefährlichkeit und Angriffslust, die durch Unterhaltungsliteratur und Abenteuerfilme verbreitet werden.

Ein wichtiges Anliegen dieses Buches ist es deshalb, die naturwissenschaftliche Literatur über die Biologie der Piranhas zu sichten, um Fakten und Fiktion, Wirklichkeit und Fabeln zu unterscheiden und voneinander zu trennen. Dabei kann ich mich auch auf die Erfahrungen und Beobachtungen stützen, die ich im Verlauf mehrerer Jahrzehnte auf vielen Reisen gesammelt habe, die ich zu den natürlichen Lebensräumen dieser Fische in allen ihren südamerikanischen Heimatländern unternommen habe.

Wegen ihrer Größe und besonderen Lebensansprüche sind Piranhas keine Aquariumfische im eigentlichen Sinn des Wortes. Trotzdem können diese faszinierenden Fische unter bestimmten Voraussetzungen auch in einem geräumigen Wohnzimmeraqarium sehr interessante Pfleglinge sein. Ein weiteres Ziel dieses Buches besteht deshalb darin, auf der Grundlage der Biologie von Sägesalmlern und der Lebensbedingungen in ihren natürlichen Habitaten die Voraussetzungen zu beschreiben, unter denen Piranhas im Aquarium artgemäß und erfolgreich zu pflegen und vielleicht sogar zu vermehren sind.

Für die Hilfe bei der Bestimmung der Artzugehörigkeit in mehreren schwierigen Fällen danke ich Dr. Michel Jégu in Cochabamba (Bolivien).

Wolfgang Staeck
Berlin, im Winter 2015

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Einige Piranhas, beispielsweise Pygocentrus cariba, sind farbige und imposante Fische
Foto: R. Stawikowski

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Auch in einem geräumigen Wohnzimmeraquarium können Piranhas unter bestimmten Voraussetzungen sehr interessante Pfleglinge sein

Wussten Sie,

dass es keinen überzeugenden Beleg dafür gibt, dass jemals ein Mensch von Piranhas getötet wurde?

Piranhas: Fakten und Fabeln

Nicht nur in einem Zoo, sondern auch in einer Ausstellung oder in einer privaten Aquarienanlage erregt ein Aquarium mit Piranhas die besondere Aufmerksamkeit der Besucher. Obwohl manche Sägesalmler farbige und imposante Fische sind, ist es jedoch weniger ihr Aussehen, sondern ihre Verknüpfung mit allerlei Gruselgeschichten (vgl. GEBHARD 1974), an die sich die Betrachter erinnern und die ihr besonderes Interesse an diesen Fischen verursachen.

Der Ursprung der über Piranhas weit verbreiteten Vorurteile, die durch die Schilderungen ihrer angeblichen Gefährlichkeit und Angriffslust in Abenteuerromanen und -filmen immer wieder genährt werden, ist bereits in den Berichten der ersten Entdecker und Forscher zu finden, die Südamerika bereisten. Beispielsweise beschreibt Alexander von HUMBOLDT, von dem die Erstbeschreibung von Pygocentrus cariba aus dem Jahre 1821 stammt, während seiner Forschungsreise auf dem Orinoko den Piranha in seinem Tagebucheintrag vom 3. April 1800 folgendermaßen: „Er fällt die Menschen beim Baden und Schwimmen an und reißt ihnen oft ansehnliche Stücke Fleisch ab. Ist man anfangs auch nur unbedeutend verletzt, so kommt man doch nur schwer aus dem Wasser, ohne die schlimmsten Wunden davonzutragen“ (zit. nach JASPERT 1979).

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Alle Piranhas haben ein messerscharfes Gebiss, das in Verbindung mit der kräftigen Kiefermuskulatur auch dem Menschen gefährlich werden kann

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Im präparierten Piranhaschädel sind die gefährlichen Zähne gut zu erkennen

Ähnlich äußert sich über die Piranhas gut einhundert Jahre später auch der ehemalige Präsident der USA, Theodore ROOSEVELT, in seinem 1914 veröffentlichten Bericht über eine Reise durch Brasilien: „Sie zerreißen und verschlingen bei lebendigem Leibe jeden verletzten Menschen und jedes verwundete Tier; denn Blut im Wasser bringt sie zur Raserei … Blut bringt jedes Mitglied der gierigen Meute herbei, das irgendwo in der Nähe ist, und wenn das angegriffene Tier nicht sofort aus dem Wasser fliehen kann, wird es lebendig verschlungen … Sie sind die Plage der Gewässer, und man muss äußerst vorsichtig sein, will man dort schwimmen oder ins Wasser waten, wo sie vorkommen“ (ROOSEVELT 1914; übersetzt aus dem Original).

Zu den auch noch heute immer wieder aufs Neue wiederholten Belegen für die Gefährlichkeit und den Blutdurst von Piranhas gehört die Behauptung, dass eine hungrige Gruppe Piranhas dazu in der Lage ist, den Körper eines Menschen oder Rindes innerhalb kürzester Zeit zu skelettieren. Diese und ähnliche Berichte übertreiben jedoch die Gefährlichkeit der Piranhas maßlos. Zwar haben ausgewachsene Piranhas ein Respekt einflößendes messerscharfes Gebiss, das in Verbindung mit einer äußerst kräftigen Kiefermuskulatur auch dem Menschen gefährlich werden kann, wenn mit verängstigten Fischen unvorsichtig umgegangen wird, bisher ist jedoch kein einziger Fall verlässlich dokumentiert, in dem ein Badender durch Piranhas getötet wurde. Meine Recherchen ergaben allerdings, dass in drei Fällen im Wasser liegende Leichen von Ertrunkenen oder Schwimmern, die vorher an einem Herzinfarkt oder durch andere Ursachen gestorben waren, offenbar später durch Piranhas verstümmelt wurden.

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Über Jahre hinweg habe ich mich ebenso wie andere Fotografen vergeblich bemüht, bis mir endlich ein Bild eines Piranhas in seinem natürlichen Lebensraum gelang

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Im Allgemeinen verursachen Bisse von Piranhas runde Fleischwunden

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Ich selbst wurde am Amazonas von einem nur knapp vier Zentimeter langen Piranha in den Finger gebissen

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Die im Text erwähnte, durch einen kleinen Pygocentrus nattereri verursachte und stark blutende Wunde war nach entsprechender Versorgung nach vier Tagen komplikationslos verheilt