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Dieter Brockmann
Michael Kühl

Mit Erfolg promovieren
in den Life Sciences

Ein Leitfaden für
Doktoranden, Betreuer und Universitäten

Verlagslogo

Inhaltsverzeichnis

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PD Dr. Dieter Brockmann, Studium der Chemie mit Schwerpunkt Biochemie an der Ruhr Universität Bochum und Habilitation für das Fachgebiet Molekularbiologie an der Universität Essen. Während dieses Zeitraumes u. a. Teilprojektleiter im DFG-geförderten Graduiertenkolleg „Zell- und Molekularbiologie normaler und maligner Zellsysteme“. Seit 2002 Bereichsleiter Wissenschaft und Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm und verantwortlich für den Aufbau des Studiengangs Molekulare Medizin (Bachelor, Master, Promotion). Seit 2006 „Managing Director“ der International Graduate School in Molecular Medicine Ulm, die seit 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert wird.

Prof. Dr. Michael Kühl, Studium und Promotion der Biochemie in Berlin, Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich der Entwicklungsbiologie in Ulm, Seattle (USA) und Göttingen. Seit 2002 Universitätsprofessor für Biochemie und Molekulare Biologie in Ulm. Forschungsschwerpunkte im Bereich der frühen embryonalen Entwicklung. Seit 2006 auch Leiter der International Graduate School in Molecular Medicine Ulm, die seit 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert wird.

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im ­Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 3-8252-4217-6 (Print)

ISBN 978-3-8463-4217-6 (E-Book)

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2015 Eugen Ulmer KG
Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim)
E-Mail: info@ulmer.de
Internet: www.ulmer.de
Lektorat: Denise Anders, Sabine Mann
Herstellung: Jürgen Sprenzel
Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
Titelbild: © photolars/Fotolia.com
Produktion: primustype Hurler GmbH, Notzingen | v2
Druck und Bindung: Graphischer Großbetrieb Friedr. Pustet, Regensburg
Printed in Germany

Vorwort

Die Promotion ist ein entscheidender Schritt in der Karriere eines jeden Wissenschaftlers, denn sie ist der Nachweis der Befähigung zur selbständigen und eigenverantwortlichen hypothesen-getriebenen Forschung. Folgerichtig gilt die abgeschlossene Promotion in den Lebenswissenschaften als Türöffner für eine erfolgreiche Laufbahn an den Universitäten, in der biomedizinischen und pharmazeutischen Industrie sowie für zahlreiche mit dem Gesundheitssystem vernetzte Berufe. Für eine akademische Laufbahn an Universitäten, Fachhochschulen und vergleichbaren Institutionen ist sie sogar Voraussetzung. Ohne eine sehr gute Promotion, deren Erfolg vielfach an den daraus resultierenden Publikationen in hochrangigen internationalen Journalen mit entsprechendem Impaktfaktor gemessen wird, ist ein Aufstieg in eine Gruppenleiterposition, Juniorprofessur und spätere Professur und Institutsleitung nicht möglich.

Vor noch nicht allzu langer Zeit wiesen Promotionsverfahren in den Lebenswissenschaften häufig zahlreiche Schwächen auf. Hierzu zählten intransparente Auswahlkriterien, starke intellektuelle und finanzielle Abhängigkeit der Doktoranden vom Doktorvater/Doktormutter1, zu lange Promotionszeiten, die mangelnde Integration in die wissenschaftliche Gemeinschaft, nicht vergleichbare und intransparente Bewertungskriterien sowie keine gezielte Vorbereitung auf das spätere Berufsleben als Wissenschaftler durch mangelnde Angebote an extracurricularen Kursen wie z. B. Projektmanagement oder Gute Wissenschaftliche Praxis. Der Status des Doktoranden innerhalb der Universität und der wissenschaftlichen Gemeinschaft war nicht klar definiert. Zur Verbesserung dieser Situation wurde daher von der Politik und den großen Fördereinrichtungen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein Maßnahmenkatalog erarbeitet und in Teilen umgesetzt. Ziel aller Maßnahmen sollte eine bessere Strukturierung der Promotionsphase sein.

In seiner Schrift „Empfehlungen zur Doktorandenausbildung“ schreibt der Wissenschaftsrat 2002: „Die Promotionsphase muss sachgerecht strukturiert werden. Dies erfordert transparente Verfahren, klare gegenseitige Verantwortlichkeiten und einen sinnvoll bemessenen Zeitrahmen. ... Die Promotion ist in Deutschland nicht allein auf eine wissenschaftliche Laufbahn ausgerichtet. Die Gestaltung der Promotionsphase kann sich daher nicht ausschließlich an den Anforderungen der Ausbildung des Hochschullehrernachwuchses orientieren. Der Anspruch auf eine selbständige wissenschaftliche Forschungsleistung bleibt gleichwohl unverzichtbar.“ Diese Empfehlungen implizieren, dass die Promotionsphase neben einem Kerncurriculum zur vertieften wissenschaftliche Ausbildung auch die Möglichkeit bieten soll, weitere berufsfeldrelevante Schlüsselqualifikationen zu erwerben.

Als eine der ersten Maßnahmen zur Verbesserung der Promotionsphase wurden von der DFG bereits 1990 die Graduiertenkollegs eingeführt (DFG: Monitoring des Förderprogramms Graduiertenkollegs, Bericht 2011). Im Zentrum dieses Programms steht „die Qualifizierung von Doktorandinnen und Doktoranden im Rahmen eines thematisch fokussierten Forschungsprogramms sowie eines strukturierten, interdisziplinären Qualifizierungskonzepts. Ziel ist es, die Promovierenden auf den komplexen Arbeitsmarkt ‚Wissenschaft‘ intensiv vorzubereiten und gleichzeitig ihre frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit zu unterstützen“. Die Bedeutung dieses Programms belegen folgende Zahlen: Laut DFG Jahresbericht wurden im Jahre 2013 von der DFG 253 Graduiertenkollegs gefördert. In dieser Zahl sind 57 internationale und 52 lebenswissenschaftliche Graduiertenkollegs enthalten. Auch die Bundesländer und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben spezifisch strukturierte Programme zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eingeführt (z. B. die Max Planck Research Schools oder die Helmholtz-Graduiertenschulen und Helmholtz-Kollegs). Die aktuellste Entwicklung auf dem Gebiet der strukturierten Doktorandenausbildung sind die durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder geförderten Graduiertenschulen. Mit diesem Förderinstrument werden zwei gleichwertige Ziele verfolgt. Zum einen sind Graduiertenschulen auf die Qualifizierung herausragender Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler innerhalb eines exzellenten Forschungsumfelds ausgerichtet, zum anderen sind sie als Strukturmaßnahme auf die Profilierung und Herausbildung wissenschaftlich führender, international wettbewerbsfähiger und exzellenter Standorte in Deutschland angelegt. Damit gehen die Graduiertenschulen weit über das Konzept der DFG-Graduiertenkollegs hinaus. Sie sind vielmehr strukturell als Dachorganisation zu verstehen, die übergeordnete Strukturen, Regularien und Qualitätsstandards für eine strukturierte Promotionsphase an einer Universität schaffen. Aktuell werden im Rahmen der Exzellenzinitiative 45 Graduiertenschulen gefördert, darunter 12 in den Lebenswissenschaften.

Diese knappe Auflistung veranschaulicht, welche große Bedeutung Politik und Fördereinrichtungen einer Optimierung der Promo­tionsphase weg von der häufig anonymen Einzelpromotion hin zu transparenten strukturierten Promotionsprogrammen beimessen. Absolute Voraussetzung und essenzielle Grundlage für eine erfolgreiche Promotion bleibt jedoch nach wie vor ein exzellentes und innovatives Forschungsthema, mit dem sich der Doktorand identifizieren kann und dessen Bearbeitung er hochmotiviert angeht. Strukturierte Promotionsprogramme können also nur die Rahmenbedingungen verbessern, um eine Promotion zielgerichtet, transparent, in einem angemessenen zeitlichen Rahmen und erfolgreich abschließen zu können.

Intention dieses Buches ist es daher, die notwendigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Promotion aufzuzeigen, das Für und Wider strukturierter Programme im Vergleich zur Einzelpromotion abzuwägen und Empfehlungen zum Aufbau und Durchführung strukturierter Promotionsprogramme zu geben. Dabei gehen wir aus drei Sichtweisen vor: (1) die des Doktoranden/der Doktorandin, (2) die des Betreuers/der Betreuerin und (3) die der Institutionen Graduiertenkolleg, Graduiertenschule und Universität. Den Doktoranden wollen wir zudem einen Leitfaden an die Hand geben, was aus unserer Sicht ein gutes und innovatives Promotionsprogramm ausmacht, um ihnen damit eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl einer Promotionsstelle zu geben. Abschließend sei angemerkt, dass sich viele der hier diskutierten Punkte und Programmbausteine auf die Lebenswissenschaften beziehen; doch die grundlegenden Prinzipien der strukturierten Promotionsprogramme sind auch auf andere Fachbereiche übertragbar.

Unabhängig von der Teilnahme an einem strukturierten Promotionsprogramm kann man das Unterfangen Promotion strategisch angehen. Dies spiegelt sich darin wider, die Promotion als Projekt zu begreifen und Methoden des Projekt-, Zeit- und Selbstmanagements zu verwenden. Diesbezüglich enthält dieses Buch, so hoffen wir, Tipps und Tricks. Zahlreiche Checklisten, die über das Buch verteilt sind, sollen den Doktoranden helfen, die Rahmenbedingungen der eigenen Promotion optimal zu gestalten. Zu guter Letzt sei an dieser Stelle noch angemerkt: Die optimale Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Promotion ersetzt nicht die Grundvoraussetzung für den Erfolg, nämlich neue Erkenntnisse im gewählten Forschungsgebiet zu erzielen.

Wir möchten dem Eugen Ulmer Verlag in Stuttgart, insbesondere Frau Sabine Mann und Frau Susanne Böttcher, für die Gelegenheit danken, unsere Ideen und Erfahrungen zu strukturierten Promotionsprogrammen und zur Durchführung von Promotionsvorhaben darzulegen. Wir danken Herrn Prof. Tobias Böckers und Frau Sarah J. Brockmann (M. Sc. Biochemie), beide Universität Ulm, für die kritische Durchsicht des Manuskripts und ihre wertvollen Anregungen. Herrn Prof. Dr. Hans A. Kestler danken wir für die Bereitstellung von Abbildung 8. Fehler, die sich trotz mehrfacher kritischer Durchsicht eingeschlichen haben, sind selbstverständlich einzig den Autoren anzulasten.

Ulm, im Herbst 2014

PD Dr. Dieter Brockmann

Prof. Dr. Michael Kühl

1Nach Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Rahmen dieses Buches jedoch in einigen Fällen auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

1Was ist eine Promotion?

„Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen.“ – Albert Einstein

Inhalt

Die Promotion oder der Erwerb eines Doktorgrades stellt nach dem Bachelor- und dem Masterstudium die dritte Ausbildungsebene im heutigen deutschen Universitätssystem dar. Sie dient dem Nachweis der Befähigung zu einer selbstständigen und eigenverantwortlichen hypothesengetriebenen Forschungsarbeit mit dem klaren Ziel des Erkenntnisgewinns. Dies beinhaltet vor allem auch die intellektuelle Weiterentwicklung und Vertiefung eines Forschungsthemas. Nach erfolgreicher Promotion erhalten die Absolventen einen Doktorgrad. In den Lebenswissenschaften ist dieser heute zum Teil Voraussetzung für den Eintritt in eine wissenschaftliche Karriere an Universitäten, in der Pharmaindustrie und anderen mit dem Gesundheitswesen und medizinischen Forschung verknüpften Berufsfeldern. Was heißt aber eigentlich „Promotion“? Wann, zu welchem Zweck und wie ist das Promotionswesen entstanden? Welche Bedeutung hat die Promotion heute und welche Qualifikation soll sie nachweisen? Und vor allem: Wie hat sie die Bedeutung erlangt, die man ihr heute zuspricht? Dies sind zentrale Fragen, die in diesem einführenden Kapitel beantwortet werden sollen.

1.1Die heutige Bedeutung der Promotion in den Lebenswissenschaften

Warum soll ich promovieren und warum will ich promovieren? Diese zwei einfachen Fragen sollte sich jeder angehende Doktorand am Ende des Masterstudiums stellen und ganz individuell beantworten. Die Antwort auf diese Frage wird bei Naturwissenschaftlern in den Lebenswissenschaften sicher anders ausfallen als bei Kandidaten, die ein Studium der Human- oder Zahnmedizin absolvieren. Daher sollen beide Gruppen hier initial getrennt voneinander betrachtet werden.

Ein paar wichtige Begriffe zu Beginn

Akademischer Grad: Abschlussbezeichnung; wird nach dem Abschluss eines Studiums oder einer Promotion durch Aushändigung einer Urkunde verliehen. Darf dann als Berufsbezeichnung geführt werden und im Falle des Doktorgrades auch in offizielle Dokumente (z. B. Personalausweis, Reisepass) eingetragen werden.

Akademischer Titel: Häufig werden akademische Grade auch als akademische Titel bezeichnet. Der Begriff Doktortitel findet häufig Anwendung, was jedoch (in Deutschland) juristisch inkorrekt ist.

Disputation: (lat. disputatio, die Erörterung, die Unterredung) Mündlicher Teil der Promotionsprüfung (häufig auch Verteidigung genannt) nach Abgabe der Dissertation, häufig auf das Promotionsthema beschränkt.

Dissertation: (lat. dissertatio, die Auseinandersetzung, Erörterung, ausführliche Besprechung) Schriftliche Arbeit, in der die erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse der Promotion dargestellt werden, aufgrund derer die Verleihung des Doktorgrades angestrebt wird. Die häufig verwendete Bezeichnung Dissertationsschrift ist nicht korrekt, weil die Schriftlichkeit bereits im Begriff Dissertation enthalten ist.

Drittmittel: Forschungsgelder, die nach Bewilligung auf Grundlage eines zuvor gestellten Antrags von einer externen Förderinstitution wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft nach Begutachtung zur Verfügung gestellt werden. Meist für die zweckgebundene Forschung im Sinne des Antrags zu verwenden (siehe auch Haushaltsmittel).

Drittmittelstelle: Wissenschaftlerstellen (Doktoranden, Postdocs) und Stellen für Technisches Personal, die aus Drittmitteln finanziert werden. Diese Stellen sind immer befristet.

Habilitation: Nachweis, ein Fach in voller Breite in Forschung und Lehre vertreten zu können, Befugnis zur eigenständigen Lehre (Venia Legendi) an einer Universität, kein akademischer Grad. Die Venia Legendi kann aufgrund einer nachgewiesenen mehrjährigen Forschungs- und Lehrtätigkeit verliehen werden.

Haushaltsmittel: Finanzielle Mittel, die der Universität bzw. einem Professor vom Bundesland für seine Forschungs- und Lehrtätigkeit zur Verfügung gestellt werden (siehe auch Drittmittel).

Haushaltsstelle: Stellen für wissenschaftliches und technisches Personal, die durch Haushaltsmittel finanziert werden. Meist sind die wissenschaftlichen Haushaltsstellen mit einer Lehrverpflichtung verknüpft.

Kolloquium: Sonderfall der mündlichen Promotionsprüfung, der sich in zwei Teile gliedert. Teil 1 beinhaltet die Vorstellung und kritische Diskussion der Dissertation, im 2. Teil muss der Promovend eine biomedizinische oder molekularbiologische Hypothese vorstellen und diese gegen den Prüfungsausschuss verteidigen.

Lebenswissenschaften: Die Lebenswissenschaften (Life Sciences, Biowissenschaften) sind ein Oberbegriff für Forschungsrichtungen und Ausbildungsgänge, die sich mit Prozessen und Strukturen von Lebewesen auf molekularer, zellulärer oder auf Ebene des Organismus beschäftigen. Ausgehend von der klassischen Biologie sind die Lebenswissenschaften heute stark interdisziplinär ausgerichtet und beziehen unter anderem die Bereiche Medizin, Biomedizin (Molekulare Medizin), Molekularbiologie, Biophysik, Bioinformatik und Biodiversitätsforschung mit ein. Auch Fachrichtungen wie die Medizintechnik und die Bioökonomie gehören nach den gängigen Definitionen zu den Lebenswissenschaften.

Promotion: Verleihung des akademischen Grades eines Doktors durch eine Universität. Bedingung zur Promotion ist in der Regel eine begutachtete schriftliche Arbeit (Dissertation) sowie eine erfolgreiche mündliche Prüfung (Disputation, Rigorosum oder Kolloquium).

Rigorosum: (= die strenge Prüfung) Mündlicher Teil einer Promotionsprüfung, kann im Gegensatz zur Disputation deutlich weiter gefasst sein und alle Themengebiete sowie Randbereiche eines Faches umfassen.

Venia Legendi: Lehrberechtigung (lateinisch: Erlaubnis zu lesen); Voraussetzung ist die Lehrbefähigung, die von einer Universität durch die Habilitation verliehen wird. Die Erlangung der Venia Legendi setzt in der Regel eine mehrjährige nachgewiesenen Forschungs- und Lehrtätigkeit voraus.

Die Bedeutung der Promotion in den Lebenswissenschaften für die eigene Karriere kann man am besten mit Hilfe entsprechender Statistiken abschätzen. Nach Angaben des statistischen Bundesamts (https://www.destatis.de; Stand: 06.02.2014) ist die Anzahl der Promotionen in Deutschland in den letzten Jahren generell gestiegen. Über alle Fächer verteilt stiegen sie von 18.494 im Jahr 1990 auf 26.807 Promotionen im Jahr 2012. Zwischen 1999 und 2012 schwankt diese Zahl laut Statistischem Bundesamt allerdings relativ konstant um einen Wert von 25.000 (siehe Abbildung 1, Seite 17). Nach einer Studie der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) wird die Anzahl der Promotionen damit nur noch von den USA mit mehr als 65.000 Promotionen übertroffen (Hauss et al. 2012). Interessant ist in diesem Zusammenhang der normierte Begriff der „Promotionsquote“. Sie ist das Verhältnis von abgeschlossenen Promotionen zur Anzahl der altersgleichen Personen in der Bevölkerung. Sie lag im Jahre 2008 im Durchschnitt aller analysierten Länder bei 1,4 %. Die Promotionsquote in Deutschland lag dagegen deutlich höher bei 2,5 %. Sie wurde nur noch von der Schweiz (etwa 3,3 %), Schweden und Portugal (beide ca. 3 %) übertroffen.

Die Anzahl der biomedizinischen Promotionen in Deutschland exakt abzuleiten, ist jedoch nicht machbar, da eine Zuordnung der gelisteten Promotionen zu den Lebenswissenschaften nicht möglich ist. Allerdings entfallen von den 26.807 Promotionen in Deutschland im Jahre 2012 8.718 auf die Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften sowie 7.350 auf die Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften. Eine weitere Aufschlüsselung ergibt, dass die Zahl der Promotionen in der Humanmedizin mit 6.397 auf Platz eins liegt. Im Fach Biologie als wichtiger Bestandteil der Lebenswissenschaften schlossen 2.688 Kandidaten im Jahr 2012 ihre Promotion ab (https://www.destatis.de; Stand: 06.02.2014).

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Abb. 1 Die Entwicklung der abgeschlossenen Promotionen in Deutschland.

a) Entwicklung der insgesamt abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2000.

b) Entwicklung der abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2009 in ausgewählten Fächern der Lebenswissenschaften.
Beide Grafiken nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

a) Entwicklung der insgesamt abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2000.

b) Entwicklung der abgeschlossenen Promotionen in Deutschland seit 2009 in ausgewählten Fächern der Lebenswissenschaften.
Beide Grafiken nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

Ein noch genaueres Bild ergibt sich bei Betrachtung der sogenannten fächerspezifischen Promotionsquote. Nach dem Bundesbericht zur Förderung der wissenschaftlichen Nachwuchses (BuWiN) 2008 lag die Promotionsquote 2006/2007 bei Chemikern bei 75,9 % und bei Biologen bei 46,8 %. Die Promotion ist also in vielen Disziplinen der Lebenswissenschaften keine Seltenheit; man kann schon fast davon ausgehen, dass die Promotion ein Muss für eine Führungsposition innerhalb der unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens ist. Auch bei Behörden und Ämtern ist sie ab einer bestimmten Position in der Hierarchie die Promotion eine Voraussetzung. Häufig sind auch die Einstiegsgehälter für Promovierte höher als von Nicht-Promovierten. So hat eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung ergeben, dass Promovierte im Durchschnitt mehrere Hundert Euro mehr im Monat verdienen als Masterabsolventen ohne Promotion (Enders 2005). Eine weitere Studie berechnet den Lohnvorteil promovierter Naturwissenschaftler gegenüber nicht-promovierten mit 14 %. Bei Humanmedizinern betrage der Vorteil immerhin noch 10 % (Heineck und Matthes 2012).

Für einen Promovierten kann der Abschluss „Promotion“ allerdings auch zum Boomerang werden. Wenn Firmen vor die Alternative gestellt werden, einen kostengünstigeren Bewerber mit Master­abschluss oder einen teureren Bewerber mit Promotion einstellen zu können, kann die Entscheidung auch schon mal gegen einen promovierten Akademiker fallen. Letztendlich wird aber immer die für eine gegebene Position benötigte Qualifikation das ausschlaggebende Kriterium zur Einstellung sein.

Die Arbeitslosigkeit bei Akademikern liegt mit aktuell 2,4 % ex­trem niedrig (Weber und Weber 2013; Stienen 2011). Absolventen mit einer Promotion scheinen noch bessere Aussichten auf eine Anstellung zu haben. Die Arbeitslosenquote liegt hier bei geringen 1 %.

Für einen akademischen Karriereweg ist die Promotion Voraussetzung: Wer an einer Universität in Forschung und Lehre eine wissenschaftliche Karriere anstrebt oder zu einem späteren Zeitpunkt in der Forschung an einem außeruniversitären Forschungsinstitut arbeiten möchte, kommt an der Promotion und in vielen Fällen auch an der späteren Habilitation, der universitären Lehrbefugnis, nicht vorbei. In diesen Fällen wird die Bedeutung der Promotion in ihrer ursächliche Funktion sichtbar: dem Nachweis des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens mit dem Ziel, neues Wissen zu generieren und bereits Erlerntes auf andere Problemfelder anzuwenden.

Die Promotionsquote in der Humanmedizin ist ebenfalls sehr hoch und beträgt laut Bundesbericht zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus dem Jahre 2008 stolze 71,0 %. Allerdings scheint sie nach Daten des Statistischen Bundesamtes in den letzten Jahren rückläufig zu sein (https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/BildungForschungKultur/Hochschulen/Pruefungen Hochschulen.html; Stand: 26.02.2014). Promovierten im Jahre 2010 noch 7.287 Kandidaten im Fach Humanmedizin, waren dies 2012 nur noch 6.397. Einmal abgesehen davon, dass die humanmedizinische Promotion vom überwiegenden Teil der Studierenden parallel zum Studium nach der 1. Ärztlichen Prüfung und nicht als Vollzeitpromotion nach dem Studienabschluss durchgeführt wird, ist die Motivation zur Durchführung einer Promotion vielfach eine andere als bei naturwissenschaftlich orientierten Kandidaten. Die naturwissenschaftliche Promotion dient dem Erkenntnisgewinn und als Einstiegsportal in die Karriere in die Wissenschaft oder das Wissenschaftsmanagement. In der Humanmedizin scheint hingegen: „Die Tatsache jedoch, dass in Deutschland die berufliche und gesellschaftliche Anerkennung als Arzt oder Ärztin eng mit dem Doktortitel verbunden sind, lässt viele angehende Ärzte befürchten, ohne einen solchen akademischen Titel beruflich von vornherein im Nachteil zu sein.“ (Beisiegel 2009) Wir alle kennen dies aus eigener Erfahrung: Ist man krank, geht man zum Doktor. Die Befürchtung der jungen Ärzte besteht darin, dass Arztschilder ohne Doktortitel insbesondere von der älteren Generation vielfach „übersehen“ werden. Der Wissenschaftsrat bezeichnet diese parallel zum Studium entstandenen Arbeiten, die kaum oder keinen Erkenntnisgewinn erzielen, jedoch als „pro-forma-Forschung“ und empfiehlt daher in seiner Schrift „Empfehlungen zu forschungs- und lehrförderlichen Strukturen in der Universitätsmedizin“ (2004): Dass „Medizinabsolventen (aufgrund einer nicht-experimentellen Ab-­schluss­arbeit) in Anlehnung an den angelsächsischen Titel des ‚Medical Doctor‘ mit der Approbation die Berufsbezeichnung ‚Medizinischer Doktor‘ verliehen werden“. Ob diese Vorschläge eines Tages Realität werden, ist noch völlig offen.

Allein die Tatsache, dass die Anzahl der Promovenden in der Humanmedizin abnimmt, scheint ein Indiz zu sein, dass sich auch bei Medizinern die Einstellung zum Doktortitel ändert. Abschließend sei jedoch darauf hingewiesen, dass auch im Rahmen der medizinischen Promotion qualitativ sehr hochwertige Forschung betrieben werden kann. Viele Medizinische Fakultäten haben hierfür mittlerweile spezifische Programme aufgelegt. Wer später eine Karriere in der Hochschulmedizin anstrebt (z. B. Chefarzt einer Klinik am Universitätsklinikum), wird auf diesen Nachweis der eigenständigen Forschung und auch später an der Habilitation nicht vorbeikommen.

Diese kurze Darstellung belegt, dass sich eine Promotion lohnen kann, sowohl was die späteren Karriereoptionen angeht als auch was das persönliche Einkommen betrifft. Jedoch bedarf es für eine erfolgreiche und gute Promotion auch eine gehörige Portion persönlichen Engagements. Insbesondere in den Lebenswissenschaften kann von einer geregelten 5 Tage Woche mit festen Arbeitszeiten kaum die Rede sein. Einerseits steht man häufig in starker Konkurrenz zu anderen Arbeitsgruppen, die auf dem gleichen Forschungsgebiet arbeiten und muss daher die Experimente exzellent und zügig durchführen, um den Wettkampf um die Erstpublikation zu gewinnen. Andererseits hat dies auch rein praktische Gründe: Die Arbeit mit lebenden Systemen erfordert ein großes Maß an zeitlicher Flexibilität. Zellen, Zebrafische oder Taufliegen beispielsweise müssen so versorgt werden, dass ausreichend Material für die Experimente zur Verfügung stehen. Dies gelingt meistens nur dann, wenn man auch am Wochenende bereit ist, Zellen zu splitten oder Zebrafische so zu verpaaren, dass man auch montags Laich zur Verfügung hat. Auch sollte man sich bereits vor der Promotion darüber im Klaren sein, dass Forschung auch immer das Betreten von Neuland bedeutet. Das Ergebnis von Experimenten ist im Vorfeld nicht bekannt, allenfalls vage vorhersagbar. Viele Hypothesen müssen im Laufe der Arbeit als falsch verworfen und neue aufgestellt werden. Auch muss man wissen, dass im Labor häufig Methoden neu etabliert werden müssen und dass auch dies ein steiniger Weg sein kann. Eine Promotion in den Lebenswissenschaften erfordert somit ein außergewöhnliches Maß an Begeisterungsfähigkeit, Belastbarkeit und Frustrationstoleranz. Gerade der letzte Punkt ist wichtig. Man muss die vielen Negativerlebnisse verkraften können, mit denen man konfrontiert wird, wenn man in den Lebenswissenschaften erfolgreich sein will. Dies leitet zwangsläufig zu der Frage nach der persönlichen Motivation zur Durchführung eines Promotionsvorhabens über.

Grundsätzlich können wir bei der Frage der Motivation zu einem Vorhaben zwischen intrinsischen und extrinsischen Faktoren unterscheiden. Unter der intrinsischen Motivation verstehen wir zunächst einmal das Interesse an der Sache an sich, z. B. einem Gewinn an Erkenntnis. Auch das Glücksgefühl beim Lösen einer gestellten Aufgabe ist an dieser Stelle zu nennen, genauso wie die positiven Belohnungssysteme und das daraus resultierende Selbstbewusstsein durch z. B. die Akzeptanz einer eingereichten Publikation oder Erfolg bei der Drittmitteleinwerbung. Ein hohes Maß an intrinsischer Motivation verhilft zu einer hohen Frustrationstoleranz und ist Grundlage eines außergewöhnlichen Engagements. Zu den extrinsischen Motivationsfaktoren gehören das Lob und die Anerkennung durch andere für die gute Arbeit, die Anerkennung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft oder gar wissenschaftliche Preise. Wie bei der intrinsischen Motivation sind hier auch der Publikationserfolg und der Erfolg beim Einwerben von Drittmitteln zu nennen. Auch diese extrinsischen Faktoren sind in der Wissenschaft von erheblicher Bedeutung. Eine mangelnde Motivation bezüglich der eigenen Arbeit ist von Dauer
der Arbeit nicht zuträglich und kann letztlich auch zu ihrem Abbruch führen.

Persönliche Grundlagen für eine erfolgreiche Promotion:
Das „WINNER-Prinzip“

Eine Promotion wird durch bestimmte persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten, die ein Kandidat aufweisen sollte, sehr begünstigt. Hierzu zählen die Motivation, Begeisterungsfähigkeit, Neugierde, Fähigkeit zur Selbstkritik, Ausdauer/Beharrlichkeit und eine hohe Frustrationstoleranz. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten kann man zum „Winner-Prinzip“ zusammenfassen:

Motivation (Willingness to perform): Bin ich intrinsisch motiviert oder überwiegt die extrinsische Motivation?

Begeisterungsfähigkeit (Intellectual enthusiasm): Kann ich mich für meine Forschung begeistern?

Neugierde (Nosiness): Kann ich mich für wissenschaftliche Fragestellungen begeistern? Bin ich daran interessiert, Neuland zu betreten?

Fähigkeit zur Selbstkritik (Necessity for self-criticism): Bin ich in der Lage, eigene Ergebnisse zu hinterfragen? Wann bin ich mit einem experimentellen Ergebnis zufrieden?

Ausdauer (Endurance): Kann ich an einem Problem oder einer Fragestellung längere Zeit arbeiten, ohne das Interesse zu verlieren? Bin ich bereit, immer und immer wieder das gleiche Experiment durchzuführen oder langweilt mich das irgendwann?

Frustrationstoleranz (Resistent to frustration): Wie gehe ich mit Frustration um? Bin ich darauf vorbereitet, wenn (zeitaufwendige) Experimente nicht klappen, oder das Ergebnis genau das Gegenteil davon ist, was ich erwartet habe?

1.2Der Begriff Promotion und seine ­geschichtliche Entwicklung

Der Begriff „Promotion“ leitet sich vom lateinischen Wort promotio ab und bedeutet Beförderung (zu einer Ehrenstelle), Erhöhung, Förderung. Obwohl der Begriff Promotion heute eng an eine wissenschaftliche Leistung geknüpft ist, hat er im Laufe der Jahrhunderte mehrere inhaltliche Wandungen durchlaufen. Für eine Promotion wird der akademische Grad eines Doktors (aus dem Lateinischen docere = lehren bzw. doctus = gelehrt) verliehen. Dabei war dieser Begriff in der römischen Antike eine Art Berufsbezeichnung und bedeutete soviel wie Lehrmeister oder Gelehrter. So wurde ein Fechtmeister, der die Gladiatoren im Fechten unterrichtete, als doctor gladiatorum, der Ausbilder der römischen Netzkämpfer als doctor retiariorum und derjenige, der die schwerbewaffneten Gegenspieler der Netzkämpfer trainierte, als doctor secutorum bezeichnet. Die Bedeutung dieses Wortstamms hat sich beispielsweise im Italienischen bis heute erhalten und findet sich wieder im Wort docente, dem Lehrer. Im Deutschen ist der Begriff des Dozenten auch heute noch gebräuchlich.

Die historische Entwicklung der Promotion und des Doktorgrades sind sehr interessant und sollen nachfolgend beispielhaft skizziert werden. Eine ausführlichere Übersicht über die Geschichte der Promotion liefert beispielsweise Wollgast (2001), auf den wir uns in den folgenden Abschnitten überwiegend beziehen. Die Gründungen der ersten europäischen Universitäten Bologna, Paris, Oxford, Cambridge und Montpellier datieren auf die Jahre 1088 bis 1220. Die älteste Universität der heutigen Bundesrepublik ist Heidelberg mit dem Gründungsjahr 1386. Die Anzahl der Fakultäten war gering: die drei oberen Fakultäten Theologie, Jura und Medizin sowie im Rang darunter die Artistenfakultät (facultas artium). Das Studium an der Artistenfakultät mit seinen Fächergruppen Grammatik, Rhetorik, Dialektik sowie Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik diente häufig als Grundlage zu einem Studium an einer der höheren Fakultäten (Wollgast 2001). Aus der Artistenfakultät entwickelte sich später die Philosophische Fakultät, die – je nach Fach – ihrerseits Grundbaustein für die heutigen geisteswissenschaftlichen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten waren.

Auch im Mittelalter mussten die Kandidaten schon bestimmte Ausbildungsschritte durchlaufen, bevor sie den Doktorgrad erwerben konnten. Die Erlangung der Doktorwürde war recht mühsam, die zu erbringenden Leistungen abhängig von der jeweiligen Fakultät, aber für den jeweiligen Kandidaten auf jeden Fall mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Einige der damaligen Sitten und Gebräuche findet man auch heute noch bei den modernen Promotionen wieder. Beispielhaft sei hier kurz der Werdegang zur Promotion in Paris im Mittelalter skizziert (Wollgast 2001). Nach Erlangung des Grades Bakkalaureus muss der Kandidat noch einige Jahre Lehrerfahrung sammeln und die Fähigkeit zur Lehre zum Teil in einem förmlichen Examen vor Lehrern nachweisen. Vorgeschrieben war ein Streitgespräch (Disputation). Nach erfolgreichem Bestehen des Streitgesprächs wurde dem Bakkalaureus der Grad Lizentiat verliehen, der mit einer prinzipiellen Lehrbefugnis für alle Universitäten verbunden war. Zum Erhalt der vollen Lehrbefähigung und damit dem Grad Magister oder Doktor waren einige weitere Jahre der Lehre notwendig und eine feierliche Aufnahme der Korporation, also in die Gruppe der Gelehrten. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Promotion ursprünglich eher die Lehrbefugnis widerspiegelte, was heute durch die Habilitation abgedeckt ist.

Die Kosten, die mit einer Promotion verbunden waren, waren sehr hoch und abhängig von der jeweiligen Universität bzw. Fakultät. Nach Wollgast (2001) lagen die Gebühren für eine theologische Promotion in Deutschland im 17. Jahrhundert im Durchschnitt bei 100 Talern. Hinzu kamen die indirekten Kosten wie der essenzielle Doktorschmaus. Hierzu wird berichtet, dass auf einer Feier der Theologischen Fakultät der Leipziger Universität im April 1666 folgendes Essen und Getränke auf Kosten des frischen Doktors angeboten wurden: „1 Reh, 19 Hasen und 3 andere Stück Wild, 9 Wildenten, 15 Trut- und 3 Auerhähne, 5 Wasserhühner sowie 52 Junghühner. Hinzu kamen Aale, Lachse und Hechte, 12 Kannen italienischen Weins, 3 Faß Bier, für 205 Thaler gewöhnlicher Tischwein sowie für 124 Thaler Konfekt, Marzipan und Mandeltorte.“ (Wollgast 2001)

Als äußeres Zeichen der Erlangung der Doktorwürde trugen die Promovierten den Doktorhut (Barett), einen Mantel (Talar) und einen Ring, die zum Teil nach erfolgreicher Prüfung feierlich übergeben wurden. Durch diese Markenzeichen unterschieden sich die Lehrenden von den Lernenden und waren zudem äußerlich gut erkennbar. Diese Tradition hat sich bis heute teilweise erhalten; die Übergabe des Doktorhutes nach bestandener mündlicher Prüfung wird nach wie vor zelebriert. Nur ist dies nicht mehr ein formaler Akt, der vom Dekan durchgeführt wird, sondern vielmehr ein Brauch, bei dem Mitglieder der Arbeitsgruppe diesen Doktorhut basteln und überreichen. Vorgaben über das Aussehen existieren nicht. Zudem wird dieser Doktorhut heute mit vielerlei Laborutensilien geschmückt, die einerseits an das durchgeführte Forschungsprojekt erinnern sollen und andererseits lustige (Alltags-)Begebenheiten repräsentieren, die sich während der Promotionsphase ereignet haben.

1.3Dissertation, Disputation und Rigorosum