Selbst bei eifrigster Nachforschung in Atlanten und auf Karten wird man die Insel Courcy und ihr viktorianisches Schloss nicht entdecken, weil beide nur in der Vorstellung der Autorin und ihrer Leser existieren. Auch Courcys blutbefleckte Geschichte und Gegenwart sowie die darin verwickelten Menschen haben nichts mit tatsächlichen Ereignissen und lebenden Personen zu tun.

Webster war ganz erfüllt vom Tod

Und sah den Schädel unterm Haar;

Brustlose Wesen in der Grube

Boten ihr lippenloses Grinsen dar.

In Knochenhöhlen statt der Augen

Narzissenknollen! Ihm war’s bekannt

Wie sich ans tote Glied das Denken krallt

Worin sich seine Lust und Wollust so verrannt.

aus: T. S. Eliot Unsterblichkeits-Wehen

I.

Einladung auf eine Insel

1. Kapitel

Es war nicht zu übersehen: Das neue Firmenschild hing schief. Cordelia brauchte sich nicht einmal wie Bevis durch den dichten Vormittagsverkehr auf der Kingly Street drängen und von der anderen Seite aus das Schild durch das Gewirr rumpelnder Lieferwagen und Taxis beäugen, um diese geometrisch unwiderlegbare Tatsache festzustellen. Das rechteckige Bronzeschild, das sie allerhand Überlegungen und viel Geld gekostet hatte, verfehlte die Waagrechte um gut einen Zentimeter. Trotz der simplen Aufschrift, dachte Cordelia, wirkt es in dieser Schräglage angeberisch und obendrein lächerlich. Es stellte geradezu zur Schau, was man hier antraf: übersteigerte Ansprüche und schlechte Unternehmensführung.

 

Prydes Detektivbüro

(2. Stock)

Inh.: Cordelia Gray

 

Wäre sie abergläubisch gewesen, hätte sie sicherlich gemeint, Bernies friedloser Geist protestiere auf diese Weise gegen die Weglassung seines Namens auf dem neuen Schild. Als sie auf dem Entwurf eigenhändig den Vornamen Bernie gestrichen hatte, war ihr das schließlich auch wie ein symbolischer Akt vorgekommen. Allerdings hatte sie nie an eine Änderung des Firmennamens gedacht. Solange die Ermittlungsagentur bestand, sollte sie Prydes Detektivbüro heißen. Irritiert hatte es sie freilich, wenn Klienten, verdutzt über ihr Geschlecht und ihre Jugend, immer wieder einwandten: »Ich dachte, ich hätte es mit einem Mr. Pryde zu tun.« Jetzt wussten sie von Anfang an, dass es nur einen einzigen Inhaber gab und dass dieser eine Frau war.

Bevis, in dessen sonst so hübsches, ausdrucksvolles Gesicht sich sorgenvolle Falten gruben, stellte sich neben sie vor die Tür und erklärte: »Ich habs vom Boden aus gemessen. Ehrlich, Miss Gray.«

»Ich glaubs dir, Bevis. Das Pflaster muss hier uneben sein. Es ist meine Schuld. Wir hätten eine Wasserwaage kaufen sollen.«

Sie gab sich alle Mühe, die Ausgaben so gering wie möglich zu halten und mit den pro Woche einkalkulierten zehn Pfund zurechtzukommen, die sie in einer verbeulten, von Bernie geerbten Zigarettendose mit einer Darstellung der Schlacht um Jütland aufbewahrte. Doch das Geld schmolz trotz geringer Ausgaben auf geheimnisvolle Weise dahin. Darum hatte sie Bevis’ Versicherung, er könne mit einem Schraubenzieher umgehen, auch bereitwillig geglaubt und nicht bedacht, dass dieser jedwede andere Tätigkeit der Arbeit vorzog, die er eigentlich verrichten sollte.

»Wenn ich das linke Auge zukneife und den Kopf schräg halte, hängt das Schild tadellos«, meinte Bevis.

»Aber Bevis! Wir können doch nicht damit rechnen, dass uns nur einäugige, schiefhalsige Kunden aufsuchen!«

Als Cordelia daraufhin in Bevis’ Gesicht tiefste Verzweiflung sah, eine Miene, die der Ankündigung eines Atombombenangriffs durchaus angemessen gewesen wäre, überkam sie der unerklärliche Wunsch, ihn über sein Versagen hinwegzutrösten. Zu den befremdlichen Aufgaben im Dasein eines Arbeitgebers – eine Rolle, für die sie, je länger sie darüber nachdachte, beileibe nicht geschaffen war – gehörte wohl auch diese Überempfindsamkeit, zu der sich auch noch dumpfe Schuldgefühle gesellten. Im Grunde war das unsinnig, da sie, wenn man die Sache genau betrachtete, weder Bevis noch Miss Maudsley beschäftigte. Sie wurden nämlich jeweils nur für eine Woche von Miss Feeleys Arbeitsvermittlung geschickt, wenn die Zahl der Aufträge dies erforderte. Zudem wurden die Dienste der beiden anderswo höchst selten benötigt, beide waren nahezu immer verfügbar. Beide waren ehrlich, nahmen ihre Termine gewissenhaft wahr und hielten ihr die Treue. Zweifellos hätten beide ihr auch einen Gutteil der Schreibarbeiten abgenommen, wenn ihre Fähigkeiten dazu ausgereicht hätten. So verstärkten sie den Druck, der auf Cordelia lastete, da ein Misserfolg des Detektivbüros für die beiden, wie sie wohl wusste, ebenso verhängnisvoll sein würde wie für sie selbst. Am meisten hätte Miss Maudsley darunter gelitten. Sie war eine gutherzige Person, zweiundsechzig Jahre alt, Schwester eines Pastors, die sich mit einer kleinen Pension und einer winzigen Einzimmerwohnung in South Kensington zu begnügen suchte. Mit ihrer Wohlerzogenheit, ihrer Unbeholfenheit, ihrem altjüngferlichen Wesen hatte sie es in ihrem Alter mit all den Vermittlungsagenturen nicht leicht gehabt, an die sie sich seit dem Tod ihres Bruders gewandt hatte. Bevis hingegen mit seiner ungezwungenen, charmanten Art war für ein Leben im Londoner Großstadtdschungel besser gerüstet. Er war angeblich Tänzer und arbeitete nur vorübergehend als Stenotypist, um sich eine Erholungspause zu gönnen – eine höchst unzutreffende Erklärung angesichts dieses ruhelosen Jungen, der immerzu auf seinem Stuhl hin und her rutschte, als werde er gleich die Flucht ergreifen, wenn er nicht gerade mit gespreizten Fingern, weit aufgerissenen Augen und bekümmertem Blick auf den Zehenspitzen Pirouetten drehte. Laut dem Zeugnis einer Handelsschule, die sicher längst das Zeitliche gesegnet hatte, sollte er dreißig Wörter pro Minute tippen können. Dass er außerdem noch über die Fähigkeit verfügte, kleinere handwerkliche Arbeiten auszuführen, war ihm allerdings nicht bescheinigt worden.

Mit Miss Maudsley kam er erstaunlich gut aus. Wenn sie nicht gerade die Schreibmaschine malträtierten, plauderten die beiden im Vorzimmer weitaus häufiger, als es Cordelia von diesen ungleichen Charakteren erwartet hätte, die in so unterschiedlichen Welten zu Hause waren. Bevis breitete sich über all seine häuslichen oder beruflichen Probleme aus, die er mit aufgebauschtem, gelegentlich auch anstößigem Klatsch und Tratsch aus dem Theaterleben würzte. Miss Maudsley kommentierte diese verwirrende Welt mit einer Mischung aus Arglosigkeit, anglikanischen Glaubenssätzen, Pastorenhausmoral und gesundem Menschenverstand. Obwohl es im Vorzimmer mitunter ziemlich familiär zuging, vertrat Miss Maudsley recht altmodische Ansichten, was den Unterschied zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anging, und Cordelias Chefbüro blieb sakrosankt.

»Du meine Güte, das war doch Tomkins!«, rief Bevis plötzlich.

Ein kleines, schwarz-weiß geflecktes Kätzchen war in der Einfahrt aufgetaucht, hatte, scheinbar unbekümmert, zunächst nur eine Pfote vorgestreckt, dann den Schwanz steil aufgerichtet, hatte sich wohlig geschüttelt und war anschließend mit einem Satz unter ein Postauto gesprungen und somit außer Sichtweite geraten. Bevis rannte schreiend hinterher. Tomkins war sozusagen der lebende Beweis eines Misserfolgs des Detektivbüros: Eine alte Dame gleichen Namens hatte ihn nicht nehmen wollen, obgleich sie Cordelia beauftragt hatte, ihr entlaufenes Kätzchen – schwarz mit einem weißen Fleck ums Auge, zwei weißen Pfoten und einem gestreiften Schwanz – ausfindig zu machen. Zwar entsprach Tomkins dieser Beschreibung durchaus, aber seine mutmaßliche Herrin hatte ihm als betrügerischem Doppelgänger die Tür gewiesen. Nachdem sie Tomkins auf einer Baustelle hinter der Victoria Station vor dem Verhungern gerettet hatten und ihn nicht wieder aussetzen mochten, hauste er nun samt Katzentoilette und Körbchen im Vorzimmer, von dem aus er durch ein gekipptes Fenster Zugang zum Dach hatte, was ihm nächtliche Streifzüge ermöglichte. Auch er trug zum Schwinden der Rücklagen bei. Das lag weniger an den stetig steigenden Katzenfutterpreisen – obwohl Miss Maudsley bedauerlicherweise seinen Geschmackssinn verfeinert hatte, indem sie ihm schon zum Frühstück die teuerste Dose servierte und Tomkins, ein nicht übermäßig gescheiter Kater, offenbar die Dosenaufschriften entziffern konnte – als vielmehr daran, dass Bevis einen beträchtlichen Teil seiner Arbeitszeit damit verbrachte, Tomkins Tischtennisbälle zuzuwerfen oder eine Hasenpfote an einer Schnur über den Boden im Büro zu ziehen und dabei entzückt zu rufen: »Schauen Sie doch, Miss Gray, wie das Kerlchen springen kann!«

Nachdem das Kerlchen auf der Kingly Street ein Verkehrschaos ausgelöst hatte, huschte es, verfolgt vom lauthals brüllenden Bevis, in den Hintereingang einer Apotheke. Cordelia beschlich die dumpfe Ahnung, dass sie Tomkins und Bevis so schnell nicht wiedersehen würde. Bevis nämlich schloss neue Freundschaften ebenso zwanghaft, wie andere Menschen einen Wollfaden vom Teppich aufheben müssen. Und Tomkins würde ihm nun viele Möglichkeiten eröffnen. Bedrückt von dem Gedanken, dass der Vormittag, was Bevis betraf, wohl völlig unproduktiv ausfallen würde, verspürte Cordelia auf einmal eine zunehmende Abneigung, sich weiteren Anstrengungen auszusetzen. Gegen den Türpfosten gelehnt, schloss sie die Augen und hielt ihr Gesicht der ungewöhnlich warmen Sonne dieses Herbsttags entgegen. Sie zwang sich, das Lärmen und Tosen auf der Straße auszublenden ebenso wie den penetranten Benzingeruch und das Getrappel vorbeieilender Passanten, und spielte sogar kurz mit dem Gedanken, sich aus dem Staub zu machen und das schiefe Firmenschild einfach hängen zu lassen als Mahnmal für all ihre Bemühungen, dem toten Bernie und seinem unerfüllten Traum die Treue zu halten.

Dabei hätte sie eigentlich erleichtert sein sollen, da das Detektivbüro sich allmählich einen Namen machte, selbst wenn es vorerst nur darum ging, verschwundene Haustiere aufzustöbern. Unbestreitbar gab es ein Bedürfnis für derartige Dienste, das ihr vermutlich auch eine Art Monopolstellung verschaffte. Die weinenden, verzweifelten und über die Gefühlsrohheit der zuständigen Polizei empörten Klienten beanstandeten nie die Höhe der Rechnung und zahlten weitaus bereitwilliger, als sie es für das Wiederauffinden eines Familienmitglieds getan hätten, wie Cordelia mutmaßte. Auch wenn all ihre Bemühungen mit einem Misserfolg endeten und Cordelia die Rechnung mit bedauernden Worten vorlegen musste, erhielt sie ihr Honorar umgehend. Was die Tierbesitzer dazu veranlasste, war wohl das menschliche Bedürfnis, bei einem Verlust zumindest das Gefühl zu haben, es sei etwas unternommen worden, wie vage auch immer. Hin und wieder hatten sie ja auch Erfolge erzielen können. Vor allem Miss Maudsley war äußerst hartnäckig, wenn sie von Haustür zu Haustür wanderte und Ermittlungen anstellte. Hinzu kam noch ihr geradezu unheimlich anmutendes Einfühlungsvermögen in die Wesensart von Katzen, das gut einem halben Dutzend regennasser, halb verhungerter, kläglich miauender Miezen die Rückkehr zu ihren hochbeglückten Besitzern ermöglicht hatte, das aber bisweilen auch die Durchtriebenheit dieser Tiere aufdeckte, die nicht selten ein Doppelleben führten, wenn sie nicht sogar zeitweilig in ihr zweites Heim umgesiedelt waren. Bei der Verfolgung von Katzendieben unterdrückte Miss Maudsley ihre Ängstlichkeit und klapperte an Samstagvormittagen zielbewusst die lärmenden und oft zweifelhaften Londoner Straßenmärkte ab, als stehe sie unter dem besonderen Schutz Gottes, wovon sie selbst auch sicher ausging. Manchmal fragte Cordelia sich, was wohl der arme, ehrgeizige, empfindsame Bernie dazu gesagt hätte, was aus seinem Traum geworden war. Von den warmen Sonnenstrahlen in eine tranceartige, friedliche Stimmung versetzt, erinnerte sie sich erstaunlich deutlich, wie er damals zuversichtlich ausgerufen hatte: »Wir sind auf eine Goldmine gestoßen. Wir müssen nur anfangen zu schürfen.« Sie war froh, dass er nicht mehr hatte erleben müssen, wie klein die Nuggets waren, wie unergiebig die Goldader blieb.

Eine Stimme, die selbstsicher, männlich und herrisch klang, schreckte sie aus ihren Erinnerungen auf.

»Das Firmenschild hängt schief.«

»Ich weiß«, erwiderte Cordelia und öffnete die Augen.

Die Stimme hatte ein wenig getrogen: Der Sprecher war älter, als sie vermutet hatte. Sie schätzte ihn auf knapp sechzig. Trotz der Wärme trug er ein Tweedsakko, das zwar gut geschnitten, aber schon betagt und an den Ellenbogen mit Lederflecken besetzt war. Der Mann war zwar nicht groß, einen Meter siebzig etwa, aber er hielt sich kerzengerade, und er beeindruckte sie durch seine lässige, selbstbewusste, geradezu weltmännische Haltung, die vermutlich eine innere Anspannung überdeckte. Er schien jeden Augenblick einen Befehl zu erwarten. Cordelia fragte sich, ob es sich um einen ehemaligen Offizier handelte. Er hielt den Kopf hoch und starr, und das graue, leicht schüttere Haar war von der hohen, zerfurchten Stirn glatt nach hinten gekämmt. Das längliche und knochige Gesicht prägten eine markante Nase, gerötete, von einem Geflecht geplatzter Äderchen überzogene Wangen und ein breiter, wohlgeformter Mund. Seine von buschigen Brauen gesäumten, wachsamen Augen musterten sie, wie Cordelia meinte, nicht unfreundlich. Die linke Braue hatte er ein wenig höher gezogen als die rechte. Außerdem zuckte er mit beiden kaum merklich und kräuselte die Winkel seines lang gezogenen Mundes, was ihm einen ruhelosen Ausdruck verlieh, der so gar nicht zu seiner eher steifen Haltung passen wollte und es Cordelia schwer machte, ihm in die Augen zu sehen.

»Sie sollten das gleich in Ordnung bringen«, meinte er.

Stumm sah sie zu, wie er sein Aktenköfferchen absetzte, aus der Brusttasche einen Füller und eine Brieftasche holte, sodann eine Visitenkarte hervorkramte und auf der Rückseite in steiler, beinahe kindlicher Schrift etwas notierte.

Cordelia nahm die Visitenkarte, sah einen Namen – Morgan – sowie eine Telefonnummer, drehte die Karte um und las: Sir George Ralston. BT., D.S.O., M.C.

Sie hatte recht gehabt. Er war ein Militär, obendrein ein Baronet und Träger des Kriegsverdienstordens.

»Wie viel verlangt denn dieser Mr. Morgan für so eine Arbeit?«

»Weitaus weniger, als Sie dieser Pfusch gekostet hat. Sie brauchen ihm nur zu sagen, dass ich Ihnen seine Telefonnummer gegeben habe. Er wird nur das verlangen, was ihm für eine solche Arbeit zusteht, und keinen Penny mehr.«

Cordelias Laune besserte sich schlagartig. Das schiefe Firmenschild, das vor den kritischen Augen dieses unerwartet aufgetauchten, exzentrisch wirkenden fahrenden Ritters nicht hatte bestehen können, kam ihr auf einmal überaus komisch vor, war nicht länger eine Peinlichkeit, sondern eher ein Witz. Mit ihrer fröhlicheren Stimmung hatte sich auch die Kingly Street gewandelt und glich nun einem bunten, sonnenbeschienenen Basar, auf dem das Leben pulsierte.

Fast hätte sie laut aufgelacht. Sie versuchte, das Zucken um ihre Mundwinkel zu unterdrücken, und sagte mit beherrschter Stimme: »Das war sehr freundlich von Ihnen, Sir. Sind Firmenschilder Ihre große Leidenschaft, oder sind Sie einfach ein Wohltäter für die Menschheit?«

»Viele halten mich eher für eine Gefahr für die Menschheit. Nein, eigentlich komme ich als Klient zu Ihnen – wenn Sie Cordelia Gray sind. Hat man Ihnen noch nie gesagt, dass …«

Cordelia war maßlos enttäuscht. Wie hatte sie auch annehmen können, dass er anders war als andere männliche Klienten?

»… dass dies ein reizender Job für eine Frau ist?«, beendete sie seinen Satz. »Das hat man mir schon öfter gesagt. Aber es stimmt nicht.«

»Ich wollte fragen«, erwiderte er sanft, »ob man Ihnen noch nie gesagt hat, dass Ihr Büro nur sehr schwer zu finden ist. Die Straße hier ist ja der reinste Irrgarten. Die Hälfte der Häuser ist verkehrt nummeriert. Das liegt wohl an den ständigen Umbauten, nicht wahr? Ihr neues Firmenschild wäre schon hilfreich, aber es muss fachmännisch montiert werden. Das sollten Sie in Ordnung bringen, macht einfach einen schlechten Eindruck.«

In diesem Augenblick gesellte sich keuchend Bevis zu ihnen. Nach all den Strapazen waren seine Locken feucht von Schweiß. Aus seiner Hemdtasche ragte verräterisch der unselige Schraubenzieher. Den laut schnurrenden Tomkins an seine erhitzte Wange gedrückt, sah er mit entwaffnend schuldbewusster Miene den Neuankömmling an. Doch dieser fertigte ihn mit einem barschen »Das da ist Pfuscharbeit!« und einem Blick ab, aus dem man schließen konnte, dass Bevis keinesfalls das Zeug zu einem Offizier hatte.

Sir George wandte sich an Cordelia: »Sollten wir nicht besser in Ihr Büro gehen?«

Cordelia wich Bevis’ Blick aus, da sie sich vorstellte, wie er jetzt die Augen verdrehte. Im Gänsemarsch stiegen sie die schmale, mit Linoleum belegte Treppe hinauf. Cordelia ging voran, vorbei an der einzigen Toilette samt Bad, mit der sich alle Mieter zu begnügen hatten; sie hoffte nur, Sir George würde nicht in die Verlegenheit kommen, sie aufsuchen zu müssen. Im Vorzimmer im zweiten Stock blickte Miss Maudsley ängstlich hinter ihrer Schreibmaschine hervor. Bevis deponierte Tomkins in seinem Körbchen, wo der Kater sich augenblicklich zu putzen begann, um all den Schmutz der Kingly Street loszuwerden, und warf Miss Maudsley mit weit aufgerissenen Augen einen warnenden Blick zu. »Ein Klient!«, wisperte er. Miss Maudsley errötete, richtete sich halb auf, ließ sich gleich wieder nieder und mühte sich sodann mit zitternder Hand, einen Tippfehler zu korrigieren. Cordelia führte den Kunden ins Allerheiligste.

Als sie sich gesetzt hatten, fragte sie: »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«

»Richtigen Kaffee oder Muckefuck?«

»Sie werden ihn vermutlich für Letzteres halten. Aber es ist ein hervorragender Muckefuck.«

»Dann lieber Tee, wenn Sie welchen haben. Wenn möglich, Darjeeling. Mit Milch bitte, ohne Zucker und kein Gebäck.«

Er wollte sie nicht kränken mit seinem Ton. Er war es gewohnt, zunächst die Fakten aufzunehmen und dann seine Wünsche zu äußern.

Cordelia steckte den Kopf durch die Tür und rief zu Miss Maudsley: »Tee, bitte!« Der Tee würde in den dünnen Rockingham-Tassen serviert werden, die Miss Maudsley von ihrer Mutter geerbt und der Firma für die Bewirtung ganz besonders vornehmer Klienten zur Verfügung gestellt hatte. Cordelia zweifelte nicht, dass Sir George des Rockingham-Geschirrs würdig war.

Sie musterten einander über Bernies Schreibtisch hinweg. Seine grauen, wachsamen Augen erforschten ihr Gesicht, als sei er ein Prüfer und sie die Examenskandidatin, was in gewisser Weise auch der Fall war. Sein stechender, starrer Blick, der so wenig zu seinem ständig zuckenden Mund passen wollte, verwirrte sie.

»Wieso heißt die Firma Pryde?«

»Das Detektivbüro wurde von Bernie Pryde gegründet, einem ehemaligen Londoner Polizisten. Ich war eine Zeit lang seine Assistentin, dann seine Geschäftspartnerin. Seit seinem Tod gehört die Firma mir.«

»Woran ist er denn gestorben?«

Obwohl ihr diese Frage, die sich geradezu anklagend anhörte, befremdlich vorkam, erwiderte sie gleichmütig: »Er hat sich die Pulsadern aufgeschnitten.«

Sie brauchte nicht einmal die Augen zu schließen, um sich das Ganze wie eine gestochen scharfe Momentaufnahme ins Gedächtnis zu rufen: Bernie kauert zusammengesunken auf dem Stuhl, auf dem sie jetzt sitzt, die halb geballte Rechte neben dem aufgeklappten, geschliffenen Rasiermesser, während die verunstaltete Linke mit dem klaffenden Schnitt am Handgelenk, Innenseite nach oben, in einer Wasserschale ruht – wie eine exotische Seeanemone, die sterbend die blassen, schlierigen Tentakel ausstreckt. Nur dass es kein Aquarium mit hellrotem Meerwasser gab. Selbst jetzt noch konnte sie den penetranten süßlichen Blutgeruch wahrnehmen.

»Hat sich also umgebracht, sagen Sie.«

Er hatte jetzt einen Konversationston angeschlagen, wie ein Golfspieler, der Bernie zu einem meisterhaft eingelochten Ball gratulierte, während sein musternder Blick, der durch das Büro wanderte, darauf schließen ließ, dass er Bernies Handlung völlig vernünftig fand.

Sie sträubte sich dagegen, beide Räume so zu sehen, wie er sie wohl sah. Was sich ihren Blicken bot, war ohnehin schon trostlos genug. Zusammen mit Miss Maudsley hatte sie ihr Büro renoviert, die Wände hellgelb getüncht, um mehr Helligkeit vorzutäuschen, und den ausgeblichenen Teppich mit einer Speziallösung bearbeitet. Leider hatte das Mittel nach dem Trocknen Flecken hinterlassen, sodass das Ergebnis eher an eine räudige Haut erinnerte. Mit den frisch gewaschenen Vorhängen aber sah das Büro zumindest ordentlich und aufgeräumt aus, möglicherweise zu aufgeräumt, da das Fehlen von Aktenstapeln auf keine allzu große Arbeitsbelastung schließen ließ. Zudem wurde jegliche Abstellfläche von allen möglichen Pflanzen beansprucht. Miss Maudsley hatte einen grünen Daumen, und die Ableger, die sie von ihren Lieblingen gewonnen und in unzähligen, höchst sonderbar geformten Gefäßen – erstanden auf ihren Streifzügen durch die Londoner Straßenmärkte – liebevoll gepäppelt hatte, waren trotz des kümmerlichen Lichts gediehen. Der so entstandene üppige Dschungel legte den Gedanken nahe, man wolle damit irgendeinen Makel im Raum oder am Mobiliar kaschieren. Cordelia, die weiterhin Bernies alten Schreibtisch aus massiver Eiche nutzte, bildete sich ein, auf der Platte noch den Wasserrand der Schale zu sehen, in die sein Blut getropft war, sowie einen Fleck, der vom verspritzten Blut und Wasser herrührte. Aber auf der Platte waren allzu viele Wasserränder und Flecken. Am gedrechselten Kleiderständer hing noch immer Bernies Hut mit der hochgestellten Krempe und dem schmuddeligen Band. Da kein Trödler ihn je nehmen würde, hatte Cordelia es nicht übers Herz gebracht, ihn einfach wegzuwerfen. Zweimal schon hatte sie ihn zur Mülltonne im Hinterhof getragen. Und beide Male war es ihr unmöglich gewesen, ihn darin verschwinden zu lassen, weil ihr diese endgültige, symbolische Verbannung noch persönlicher, noch schrecklicher erschien als die Tilgung seines Vornamens auf dem Firmenschild. Sollte das Detektivbüro scheitern – sie mochte sich nicht vorstellen, wie hoch wohl die Miete nach Ablauf des auf drei Jahre befristeten Vertrages wäre –, würde sie den Hut in seiner anrührenden Schäbigkeit einfach hängen lassen, damit ihn ihr Nachfolger angewidert in den Papierkorb werfen konnte.

Der Tee wurde serviert. Sir George wartete, bis Miss Maudsley das Zimmer verlassen hatte, und sagte dann, während er bedächtig etwas Milch in seine Tasse tröpfeln ließ: »Der Auftrag, den ich Ihnen erteilen möchte, umfasst mehrere Bereiche. Sie sollten sowohl als Leibwächterin fungieren wie auch als Privatsekretärin und daneben Ermittlungen anstellen sowie … nun, eine Art Dienstmädchen sein. Von allem etwas. Das mag nicht jedem liegen. Außerdem lässt sich nicht voraussagen, was dabei herauskommt.«

»Eigentlich bin ich Privatdetektivin«, erwiderte Cordelia.

»Das bestreitet niemand. Aber heutzutage sollte man sich nicht zu sehr festlegen. Man muss die Aufträge annehmen, wie sie kommen. Überdies könnte es sein, dass Sie ein Verbrechen entdecken, es sogar mit einem Gewaltverbrechen zu tun bekommen. Letzteres ist allerdings unwahrscheinlich. Es kann unangenehm für Sie werden, aber kaum gefährlich. Bestünde auch nur irgendeine Gefahr für meine Frau oder Sie, würde ich ja keine Hobbydetektivin engagieren.«

»Vielleicht sollten Sie mir genauer erklären, Sir, was ich für Sie tun soll«, entgegnete Cordelia.

Mit gerunzelter Stirn blickte er in die Teetasse, als falle ihm die Erklärung schwer. Doch dann drückte er sich überaus präzis, knapp und ohne Umschweife aus: »Meine Frau ist die Schauspielerin Clarissa Lisle. Vielleicht haben Sie schon von ihr gehört. Die meisten Menschen kennen sie, obwohl sie in letzter Zeit kaum aufgetreten ist. Ich bin ihr dritter Mann. Wir haben im Juni 1978 geheiratet. Im Juli 1980 sollte sie die Lady Macbeth am Duke of Clarence Theatre spielen. Am dritten Abend – das Stück sollte sechs Monate laufen – erhielt sie eine Botschaft, in der man ihr den Tod androhte, wie sie meint. Diese Morddrohungen haben sich seitdem gehäuft.«

Er nippte an seinem Tee. Cordelia schaute ihn mit der erwartungsvollen Miene eines Kindes an, das ein Präsent überbracht hat und nun auf Wohlgefallen hofft. Die Gesprächspause kam ihr allzu lange vor.

»Sie sagten vorhin«, brach sie schließlich das Schweigen, »dass Ihrer Frau die erste Botschaft wie eine Morddrohung vorkam. Wollten Sie damit andeuten, dass der Inhalt nicht ganz so eindeutig war? Wie sahen denn diese Drohungen aus?«

»Es handelt sich um maschinengeschriebene Zettel. Allem Anschein nach wurden verschiedene Schreibmaschinen verwendet. Auf jedem dieser Zettel prangt oben ein kleiner Sarg oder ein Totenschädel. Die Texte stammen aus Theaterstücken, in denen meine Frau eine Hauptrolle gespielt hat. Und die Zitate handeln alle vom Tod oder vom Sterben – von der Angst vorm Tode, der Verurteilung zum Tode, der Unausweichlichkeit des Todes.«

Die Wiederholung dieses unheilschwangeren Wortes war bedrückend. Täuschte sie sich, oder hatte er es tatsächlich mit einer gewissen hämischen Befriedigung ausgesprochen?

»Aber die bedrohlichen Zitate sind nicht gegen Ihre Frau persönlich gerichtet?«, fragte Cordelia.

»Meine Frau empfindet schon dieses Gefasel vom Tod als bedrohlich. Sie ist da überaus sensibel. Schauspielerinnen müssen es wohl sein. Sie sind auf die Zuneigung ihres Publikums angewiesen. Das Ganze klingt auch keineswegs freundlich. Ich habe die Zettel bei mir, zumindest diejenigen, die meine Frau aufgehoben hat. Die allerersten hat sie vernichtet. – Sie brauchen ja ein paar Anhaltspunkte.«

Er ließ das Schloss an seinem Aktenköfferchen aufschnappen und holte ein dickes, längliches Kuvert hervor. Daraus ließ er ein Bündel kleiner Zettel auf den Schreibtisch fallen, die er fächerförmig ausbreitete. Die Blätter kamen ihr augenblicklich vertraut vor. Es handelte sich um ein weitverbreitetes weißes Schreibpapier mittlerer Qualität, das in drei Normgrößen mitsamt den passenden Umschlägen in Tausenden von Schreibwarenläden verkauft wurde. Der Schreiber war offenbar sparsam und hatte das kleinste Format gewählt. Auf jedem der Kärtchen befand sich ein maschinengeschriebenes Zitat, über dem eine kleine, etwa zwei Zentimeter große Zeichnung zu sehen war – ein hochkant gestellter Sarg mit den Initialen R.I.P. auf dem Deckel oder ein Totenschädel mit zwei gekreuzten Knochen. Der Zeichner schien sich keine besondere Mühe gegeben zu haben. Es waren eher Symbole als detailgetreue Zeichnungen. Andererseits waren sie mit einer gewissen Routine in der Linienführung, mit einem Gespür fürs Dekorative angefertigt, woraus man auf den geschickten Umgang mit einer Tuschefeder oder, wie im vorliegenden Fall, mit einem schwarzen Kugelschreiber schließen konnte. Mit seinen knochigen Fingern mischte und arrangierte Sir George die weißen Karten mit den schlichten, pechschwarzen Bildern, als teile er Karten für irgendein tückisches Spiel aus, das Zitatenjagd oder Mörderhatz hätte heißen können.

Die meisten Zitate waren Cordelia vertraut und wohl jedem geläufig, der seinen Shakespeare und die englischen Klassiker des 17. Jahrhunderts kannte, jeder hätte sie beim Blättern in deren Werken auf der Suche nach einer geeigneten Passage über den Tod oder die Angst vorm Sterben gefunden. Selbst jetzt beim Überfliegen der aus dem Zusammenhang gerissenen Worte spürte sie, wie eindringlich sie waren. Das bei Weitem längste Zitat – wie hätte der Absender dem auch widerstehen können? – war Claudios beklemmender Aufschrei aus Maß für Maß:

 

Ja, aber sterben! Gehn wer weiß wohin!

In kalter Starre liegen und verfaulen,

Verwandeln diese fühlsam warme Bildung

Zum teigigen Klumpen und den frohen Geist

In flüssigem Feuer baden oder wohnen

In frostigen Weiten von dickscholligem Eis …

Gefangen sein im undurchsichtigen Wind,

Geweht mit rastloser Gewalt rund um

Die schwebende Welt … ja, schlimmer als die Schlimmsten

Dran sein die ruchlos flatternden Gedanken

Heulend ersinnen: ’s ist zu fürchterlich!

Das schwerste, ekelvollste irdische Leben

Das Alter, Siechtum, Elend, Haft dem Fleisch

Kann auferlegen ist ein Paradies

Vor dem was mit dem Tod uns droht.

 

Es war schwer, aus diesen bekannten Worten eine persönliche Drohung herauszulesen. Die übrigen Zitate klangen da weitaus einschüchternder und verhießen unumwunden, wie sie meinte, Vergeltung für begangenes oder eingebildetes Unrecht.

 

Wer stirbt, ist aller Schulden quitt.

 

Oder:

 

O du Unkraut,

So reizend lieblich und von Duft so süß,

Dass du den Sinn betäubst – o wärst du nie geboren!

 

Selbst mit den Zeichnungen hatte sich der Absender manchmal mehr Mühe gegeben. Ein Totenkopf illustrierte Hamlets Satz aus der Totengräberszene:

 

Nun begib dich in die Kammer der gnädigen Frau und sage ihr, wenn sie auch einen Finger dick auflegt: So ’n Gesicht muss sie endlich bekommen.

 

Genauso war es auch bei einer Passage, die, wie Cordelia glaubte, nur von John Webster stammen konnte, obgleich ihr der Titel des Stücks nicht einfallen wollte:

 

Ihr, die Ihr in Sicherheit erstickt,

Nicht wisst, wie leben oder sterben;

Doch ich hab’ etwas, das Euch schrecken

Und weisen wird, wohin Ihr geht.

 

Doch selbst wenn man die Sensibilität einer Schauspielerin in Betracht zog, brauchte es schon eine ausgeprägte Ichbezogenheit, um all diese bekannten, aus ihrem Kontext herausgelösten Worte auf sich selbst zu beziehen. Oder es steckte eine derart große Angst vor dem Sterben dahinter, dass man eine psychische Störung vermuten durfte.

Sie holte aus der Schreibtischschublade einen neuen Notizblock hervor und fragte: »Wie sind diese Botschaften übersandt worden?«

»Die meisten sind mit der Post gekommen. In Umschlägen aus demselben Papier und mit maschinengeschriebener Adresse. Meine Frau hielt es nicht für wichtig, die Umschläge aufzubewahren. Etliche Briefe wurden im Theater oder in unserer Londoner Wohnung abgegeben. Einer wurde während der Vorstellung von Macbeth unter der Garderobentür hindurchgeschoben. Das erste halbe Dutzend etwa hat meine Frau vernichtet, was meiner Ansicht nach mit allen geschehen sollte. Diese dreiundzwanzig hier sind übrig geblieben. Ich habe sie auf der Rückseite mit Bleistift durchnummeriert, soweit sich meine Frau noch an die Reihenfolge ihres Eintreffens erinnern konnte. Notiert habe ich auch, wann und wie sie jeweils übermittelt wurden.«

»Vielen Dank. Das kann mir vielleicht weiterhelfen. – Hat Ihre Frau öfter in Shakespeare-Stücken gespielt?«

»Nach der Schauspielschule gehörte sie drei Jahre zur Malvern Repertory Company. Damals hat sie viel Shakespeare gespielt. In letzter Zeit nur noch selten.«

»Die ersten Zettel – die sie vernichtet hat – kamen, als sie die Lady Macbeth spielte. Wissen Sie etwas über die näheren Umstände?«

»Schon das erste Kärtchen hat ihr Angst eingejagt. Aber sie hat niemandem davon erzählt, sondern hielt es für eine einmalige Boshaftigkeit. Später hat sie mir gesagt, sie könne sich nicht mehr an den Inhalt erinnern, nur noch an einen gezeichneten Sarg. Bald darauf kamen das zweite, das dritte, das vierte. In der dritten Aufführungswoche verlor meine Frau öfter den Faden und musste sich von der Souffleuse helfen lassen. Und in der Samstagsvorstellung verließ sie dann mitten im zweiten Akt fluchtartig die Bühne. Eine andere Schauspielerin musste für sie einspringen. Auf der Bühne ist Selbstsicherheit nun mal sehr wichtig. Hat man das Gefühl, man schmeißt die Rolle gleich – so nennt man das doch im Theaterjargon –, dann tritt das meistens auch ein. Nach einer Woche konnte sie zwar ihre Rolle wieder übernehmen, aber die nächsten sechs Wochen waren für sie eine einzige Tortur. Danach bekam sie in Brighton eine Rolle in der Wiederaufnahme einer Kriminalkomödie aus den Dreißigerjahren. Sie wissen schon, eins von diesen Stücken, in denen die naive Heldin Alvina heißt, der unerschrockene Held Clive und in denen die Herren in langen Flanelltennishosen umherstolzieren, wenn sie nicht gerade durch eine Terrassentür hereinstürzen oder davoneilen. Eine Boulevardklamotte also. Nicht eben nach ihrem Geschmack, da sie klassische Rollen bevorzugt, aber für eine Schauspielerin mittleren Alters ist die Auswahl nicht mehr groß. Zu viele gute Schauspielerinnen sind hinter viel zu wenigen Rollen her, habe ich mir sagen lassen. Jedenfalls geschah in Brighton das Gleiche. Die erste Botschaft mit einem Zitat kam schon am Vormittag vor der Aufführung. Danach trafen in regelmäßigem Abstand immer wieder welche ein. Das Stück wurde nach vier Wochen abgesetzt, was eventuell etwas mit den Leistungen meiner Frau zu tun gehabt haben mag. Sie nahm es zumindest an. Ich bin mir da nicht so sicher. Es war schlichtweg ein wirres Stück, aus dem ich nicht klug wurde. Clarissa pausierte danach und übernahm nach einer Weile eine Rolle in Websters Der weiße Teufel, der in Nottingham inszeniert wurde, die Viktoria oder wie immer sie heißt.«

»Vittoria Corombona.«

»Heißt sie so? Da ich damals zehn Tage in New York zu tun hatte, habe ich die Aufführung nicht gesehen. Und wieder erhielt sie diese Drohbriefe. Den ersten bekam sie erneut am ersten Spieltag. Doch diesmal wandte sich meine Frau an die Polizei. Viel brachte das nicht. Die Beamten nahmen die Zettel mit, wurden nicht schlau daraus und brachten sie wieder. Sie waren überaus zuvorkommend, aber wenig hilfreich. Damit gaben sie zu verstehen, dass sie die Morddrohungen nicht ernst nahmen. Sie deuteten sogar an, dass Leute, die jemand umbringen wollen, es in der Regel auch versuchen und nicht nur drohen. Ich muss zugeben, auch ich denke so. Etwas haben sie allerdings herausgefunden. Die Karte, die ihr zugesandt wurde, als ich mich in New York aufhielt, war auf meiner alten Remington getippt worden.«

»Sie haben mir immer noch nicht genau gesagt, wie ich Ihnen helfen soll«, warf Cordelia ein.

»Bin eben dabei. An diesem Wochenende wird meine Frau die Hauptrolle in einer Laienspielinszenierung der Herzogin von Amalfi spielen. Die Tragödie wird in viktorianischen Kostümen auf der Insel Courcy aufgeführt, knapp zwei Meilen von der Kanal-Küste entfernt. Ambrose Gorringe, dem die Insel gehört, hat das von seinem Urgroßvater erbaute, kleine viktorianische Theater restaurieren lassen. Soviel ich weiß, empfing der erste Gorringe, der auch das baufällige mittelalterliche Schloss instand setzen ließ, dort den damaligen Prinzen von Wales und dessen Geliebte, die Schauspielerin Lillie Langtry. Die illustren Gäste vergnügten sich schon damals mit Laienspielaufführungen. Der gegenwärtige Besitzer möchte wohl die glorreichen Zeiten von einst wiederaufleben lassen. Vor etwa einem Jahr brachte eine Zeitung in ihrer Wochenendausgabe einen ausführlichen Bericht über Courcy, die Restaurierung des Schlosses und des Theaters. Vielleicht haben Sie ihn gelesen.«

Cordelia konnte sich nicht daran erinnern. »Und Sie wünschen nun, dass ich zu dieser Insel fahre und Lady Ralston nicht aus den Augen lasse?«, fragte sie.

»Eigentlich wollte ich selbst dorthin fahren, aber das wird sich nicht machen lassen. Ich habe eine geschäftliche Besprechung im West Country, die ich nicht gut absagen kann. Ich bringe meine Frau am Freitag in aller Frühe nach Speymouth zur Fähre und trenne mich dort von ihr. Darum braucht sie unbedingt eine Begleiterin. Die Aufführung ist für sie enorm wichtig. Im kommenden Frühjahr soll das Stück in Chichester inszeniert werden. Wenn sie ihre alte Selbstsicherheit wiederfindet, hätte sie möglicherweise Lust, die Rolle auch dort zu übernehmen. Doch warten wir’s ab. Meine Frau befürchtet nun einmal, dass sich die Drohungen an diesem Wochenende bewahrheiten könnten, dass sie irgendjemand auf Courcy umbringen will.«

»Sie muss doch einen handfesten Grund haben, wenn sie das annimmt.«

»Keinen, den sie mit Worten erklären könnte und den die Polizei gelten lassen würde. Nichts Rationales. Sie hat nur dieses bange Gefühl. Sie hat mich jedenfalls gebeten, Sie zu engagieren.«

Und er hatte sie auch aufgesucht. Tat er immer alles, was seine Frau verlangte? »Wofür werde ich genau engagiert, Sir George?«, fragte sie abermals.

»Sie sollen meine Frau vor allen Unannehmlichkeiten schützen: Telefonanrufe entgegennehmen, Briefe öffnen, nach Möglichkeit die Bühne vor der Vorstellung inspizieren, sich auch nachts zu ihrer Verfügung halten, denn da hat sie am meisten Angst, und einen frischen Blick auf das Rätsel dieser Drohungen werfen. Versuchen Sie, in den drei Tagen herauszufinden, wer dahintersteckt!«

Bevor Cordelia auf das alles etwas erwidern konnte, streifte sie wiederum der stechende Blick aus den grauen Augen unter den zusammengekniffenen Brauen.

»Haben Sie etwas für Vögel übrig?«

Cordelia war im Moment sprachlos. Vermutlich würden nur wenige Menschen zugeben, dass sie Vögel nicht mochten, es sei denn, sie hätten eine krankhafte Abneigung. Schließlich gehörten Vögel zu den anmutigsten Geschöpfen auf dieser Erde. Aber wahrscheinlich wollte Sir George nur auf Umwegen herausfinden, ob sie auf fünfzig Meter Entfernung eine Rohrweihe ausmachen konnte.

»Mit unbekannten Arten kenne ich mich nicht besonders aus«, gestand sie zögernd.

»Schade. Courcy ist eines der interessantesten Vogelschutzgebiete in ganz England, höchstwahrscheinlich das bedeutendste in Privatbesitz, beinahe ebenso sehenswert wie Brownsea bei Poole Harbour. Ist dieser Insel übrigens gar nicht so unähnlich. Courcy hat genauso viele seltene Vogelarten aufzuweisen: Blauschopffasane, Swinholdfasane, Kanadagänse, schwarze Strandläufer, Austernfischer. Schade, dass Sie dafür kein Interesse haben. – Gibt es sonst noch Fragen? Wegen des Auftrags, meine ich?«

»Sollte mich Ihre Frau, wenn ich schon drei Tage in ihrer Umgebung verbringen soll, nicht kennenlernen, bevor Sie sich festlegen? Es ist doch wichtig, dass sie mir vertraut. Sie kennt mich überhaupt nicht. Wir haben uns noch nie gesehen«, gab Cordelia zu bedenken.

»Doch, das haben Sie. Seitdem weiß sie, dass sie Ihnen vertrauen kann. Als sie letzte Woche bei einer Mrs. Fortescue zum Tee war, brachten Sie der Dame ihren Kater zurück. Salomon heißt er, glaube ich. Da Sie ihn schon nach einer halbstündigen Suche ausfindig gemacht hatten, war Ihre Rechnung entsprechend niedrig. Mrs. Fortescue hängt sehr an diesem Tier. Sie hätten ohne Weiteres das Dreifache verlangen können. Mrs. Fortescue hätte gewiss nichts dagegen gehabt. Meine Frau war jedenfalls höchst beeindruckt.«

»So billig sind wir im Allgemeinen nicht«, erwiderte Cordelia. »Das könnten wir uns nicht leisten. Aber wir sind ehrlich.«

An den Salon am Eaton Square konnte sie sich gut erinnern.

Ein typisch femininer Raum, sanft und luxuriös, ein überladenes, behagliches Boudoir mit Fotografien in Silberrahmen, einem üppig gedeckten Teetischchen vor dem klassizistischen Kamin und viel zu vielen arrangierten Blumensträußen. Mrs. Fortescue, die vor lauter Erleichterung und Freude kaum sprechen konnte, hatte Cordelia ihren Gast zwar vorgestellt, aber da ihre Stimme durch Salomons Fell gedämpft und schwer zu verstehen gewesen war, hatte Cordelia den Namen nicht verstanden.

Nur der äußere Eindruck war haften geblieben. Die Besucherin saß regungslos in einem Fauteuil neben dem offenen Kamin, ein mageres Bein über das andere gelegt, die üppig beringten Hände auf der Lehne. Cordelia erinnerte sich noch deutlich an ihr blondes, über der hohen Stirn höchst kunstvoll getürmtes und toupiertes Haar, an den kleinen, prallen Mund, die tief liegenden, riesigen Augen mit den schweren, leicht geschwollen wirkenden Lidern. Sie hatte dem luxuriösen Salon eine Art steife Würde verliehen, eine Distinguiertheit, die trotz des schlichten Wildlederkostüms auf eine schauspielerisch ambitionierte oder sonst wie exzentrische Persönlichkeit schließen ließ. Die Dame hatte ihr gemessen zugenickt und sich die Ergüsse ihrer Freundin mit einem halb spöttischen Lächeln angehört. Trotz ihrer reservierten Haltung hatte sie keineswegs einen ausgeglichenen Eindruck gemacht.

»Ich habe damals den Namen Ihrer Frau nicht verstanden«, sagte Cordelia. »Aber ich kann mich gut an sie erinnern.«

»Übernehmen Sie nun den Auftrag?«

»Ja.«

»Es ist allerdings etwas anderes als das Einfangen entlaufener Katzen«, fügte er ungerührt hinzu. »Mrs. Fortescue hat meiner Frau mitgeteilt, was Sie pro Tag berechnen. In diesem Fall wird es wohl mehr sein, kann ich mir denken.«

»Unser Tagessatz ist unabhängig vom Auftrag«, erwiderte Cordelia. »Die Endabrechnung hängt allerdings vom Zeitaufwand ab, von der Höhe der Spesen und auch davon, ob ich die Hilfe meiner Angestellten benötige. Es kann sich schon einiges zusammenläppern. Aber da ich ja auf Courcy zu Gast bin, werden keine Hotelrechnungen anfallen. Wann soll ich dort sein?«

»Das Fährboot – Shearwater heißt es übrigens – wartet am Anlegeplatz von Speymouth auf die Ankunft des Zuges, der um 9 Uhr 33 von der Waterloo Station abfährt. Ihre Fahrkarte finden Sie in diesem Umschlag hier. Meine Frau hat Mr. Gorringe schon mitgeteilt, dass sie eine Begleiterin, eine Privatsekretärin, mitbringt, die sie am Wochenende unterstützt. Sie werden also erwartet.«

Demnach hatte Clarissa Lisle fest damit gerechnet, dass sie den Job annehmen würde. Warum auch nicht? Warum sollte sie ihn nicht akzeptieren? Überdies schien Clarissa Lisle gleichermaßen überzeugt zu sein, dass Ambrose Gorringe nichts dagegen einwenden werde.

Die Erklärung, warum sie die Gesellschaft um ihre »Privatsekretärin« bereichern wolle, war freilich etwas dürftig. Cordelia fragte sich denn auch, ob man ihr geglaubt hatte. Zum Wochenende bei einem Landaufenthalt mit einer Privatsekretärin zu erscheinen stand vielleicht einem Mitglied der königlichen Familie zu, aber bei weniger erhabenen Gästen konnte man es als mangelndes Vertrauen zum Gastgeber auffassen. Und vollends ein Verstoß gegen die Etikette wäre es, jemanden sozusagen inkognito einzuschmuggeln. Es würde nicht leicht sein, Clarissa Lisle zu schützen, ohne preiszugeben, dass ihre Begleitung unter einem Vorwand mitgekommen war. Eine derartige Entdeckung würde weder dem Gastgeber noch den übrigen Gästen gefallen.

»Ich wüsste auch gern«, sagte sie, »wer sonst noch nach Courcy kommt und was das für Leute sind.«

»Da kann ich Ihnen nicht viel erzählen. Ab Samstagnachmittag, wenn alle Darsteller und geladenen Zuschauer eingetroffen sind, werden rund hundert Menschen auf der Insel sein. Aber die Gesellschaft im Haus besteht nur aus wenigen Personen. Anwesend sind selbstverständlich meine Frau, dann Tolly, das heißt Miss Tolgarth, ihre Garderobiere, und Simon Lessing, der siebzehnjährige Stiefsohn meiner Frau; sein Vater war Clarissas zweiter Mann, der im August 1977 ertrunken ist. Da der Junge bei den Verwandten, die sich seiner angenommen hatten, nicht glücklich war, hat meine Frau beschlossen, ihn zu uns zu nehmen. Ich bin mir nicht sicher, wieso auch er eingeladen wurde, da sein Interesse der Musik gilt. Aber vermutlich meinte Clarissa, dass er öfter unter Menschen sein sollte. Er ist überaus schüchtern. Dann kommt noch Roma Lisle, Clarissas Cousine. Sie war früher Lehrerin, besitzt jetzt aber irgendwo in London eine Buchhandlung. Sie ist ledig und etwa fünfundvierzig Jahre alt. Ich bin ihr nur zweimal begegnet. Vermutlich bringt sie ihren Geschäftspartner mit. Allerdings kann ich Ihnen nicht sagen, wer das ist. Ferner werden Sie noch den Theaterkritiker Ivo Whittingham kennenlernen, einen guten Freund meiner Frau. Er möchte für irgendeine Zeitung einen längeren Bericht über das restaurierte Theater und die Aufführung schreiben. Selbstverständlich wird auch Ambrose Gorringe da sein. Außerdem gibt es noch drei Bedienstete: Butler Munter, seine Frau und Oldfield. Er ist der Bootsführer und ›Mädchen für alles‹. Das dürften alle sein.«

»Erzählen Sie mir bitte etwas mehr über Mr. Gorringe!«

»Gorringe und meine Frau kennen sich seit ihrer Kindheit. Die Väter waren im diplomatischen Dienst. Gorringe hat die Insel 1977 geerbt, als er gerade im Ausland war, von seinem Onkel. Die ganze Angelegenheit hatte etwas mit der Verringerung der Erbschaftssteuer zu tun. 1978 kehrte er jedenfalls nach England zurück und verbrachte die letzten drei Jahre damit, das Schloss zu restaurieren und die Insel in ihren heutigen Zustand zu versetzen. Ein Mann mittleren Alters. Unverheiratet. Wenn ich mich nicht täusche, war er mal Dozent für Geschichte in Cambridge. Ein Experte für die Viktorianische Epoche. Ich wüsste nichts Negatives über ihn zu berichten.«

»Da ist noch eine Frage, die ich stellen muss«, erwiderte Cordelia. »Ihre Frau bangt so um ihr Leben, dass sie Courcy nicht ohne Schutz besuchen möchte. Gibt es denn unter all diesen Leuten jemanden, von dem sie etwas zu befürchten hätte, den sie für verdächtig hält?«

Es war unverkennbar, dass ihm diese Frage unangenehm war. Möglicherweise, weil er nun offen zugeben musste, was er bisher nur angedeutet, aber nie unverblümt gesagt hatte, dass nämlich die Angst seiner Frau um ihr Leben übertrieben und unbegründet war. Sie hatte um Schutz gebeten, für den er hiermit sorgte. Trotzdem war er überzeugt, dass dies nicht notwendig war. Er glaubte weder an eine Gefahr noch an die Wirksamkeit der Sicherheitsmaßnahmen, die er traf. Außerdem sträubte er sich innerlich gegen die Vorstellung, dass der Gastgeber seiner Frau und die übrigen Gäste insgeheim überwacht werden sollten. Er hatte zwar getan, was seine Frau von ihm verlangte, fühlte sich aber dabei alles andere als wohl in seiner Haut.

»Meiner Ansicht nach«, antwortete er, »sind solche Gedanken völlig abwegig. Meine Frau hat keinen Grund zu der Annahme, dass einer der Anwesenden ihr etwas antun könnte. Nein, überhaupt keinen Grund.«

2. Kapitel

Nachdem sie noch eine Weile über Belanglosigkeiten geredet hatten, warf Sir George einen Blick auf seine Uhr und erhob sich. Zwei Minuten darauf verabschiedete er sich in aller Kürze an der Haustür, ohne noch einen Blick auf das anstößige Firmenschild zu werfen oder gar ein Wort darüber zu verlieren. Als Cordelia die Treppe hinaufstieg, überlegte sie, ob sie das Gespräch nicht hätte besser führen können. Sie bedauerte, dass es so abrupt geendet hatte. Sie hätte gern noch Fragen gestellt, insbesondere darüber, ob einer der Anwesenden auf Courcy von den Drohbriefen wusste. Nun musste sie sich gedulden, bis sie mit Clarissa Lisle zusammentraf.

Als sie die Bürotür öffnete, blickten Miss Maudsley und Bevis sie forschend über die Schreibmaschinen an. Es wäre gemein gewesen, die beiden nicht einzuweihen. Sie hatten ja gemerkt, dass Sir George keineswegs zu den üblichen Klienten gehörte. Beide schienen vor Neugier wie gelähmt zu sein. Während des Gesprächs war das sonstige Schreibmaschinengeklapper im Vorzimmer ausgeblieben. Cordelia teilte den beiden nur so viel mit, wie ihr angemessen schien, und beschränkte sich darauf, dass Clarissa Lisle eine Art Privatsekretärin benötige, die sie vor dem Ärger durch lästige, aber belanglose anonyme Briefe schützen solle. Sie sagte weder etwas über die Art der Drohbriefe noch erwähnte sie die Überzeugung der Schauspielerin, ihr Leben sei ernsthaft gefährdet. Zum Schluss schärfte sie beiden ein, diesen Auftrag so vertraulich wie jeden anderen zu behandeln.

»Das ist doch selbstverständlich, Miss Gray!«, versicherte Miss Maudsley. »Das leuchtet sicherlich auch Bevis ein.«

Woraufhin dieser leidenschaftlich beteuerte, dass Cordelia mit seiner Verschwiegenheit rechnen könne.

»Ich bin viel verlässlicher, als ich aussehe. Ehrlich, ich erzähle nie was, jedenfalls nichts über die Arbeit. Nur wenn man versuchen würde, irgendwelche Informationen aus mir herauszuprügeln. Schmerzen kann ich nicht ertragen.«

»Niemand wird versuchen, etwas aus dir herauszuprügeln, Bevis«, beruhigte ihn Cordelia.

Danach beschlossen sie einmütig, eine vorgezogene Lunch-Pause einzulegen. Bevis holte Sandwiches aus einem Feinkostgeschäft in der Carnaby Street, während Miss Maudsley Kaffee aufsetzte. Als sie gemütlich im Vorzimmer saßen, überlegten sie aufgeregt, wie denn dieser neue, höchst interessante Auftrag ausgehen könne. Die Stunde war keineswegs vertrödelt. Denn Miss Maudsley und Bevis lieferten Cordelia unerwarteterweise lauter wertvolle Informationen über Courcy und seinen Besitzer, wobei sie sich in ihrer Mitteilsamkeit geradezu versuchten gegenseitig zu überbieten. Es war übrigens nicht das erste Mal, dass Cordelia diese Erfahrung machte. Mit alltäglichen Fähigkeiten war es bei beiden zwar nicht weit her, aber dafür erwiesen sie sich nicht selten als überaus nützlich, wenn es um informative Klatschgeschichten ging.