Der Schuhverkäufer

Dave Vandenberg

Ich war Schuhverkäufe r in einem sehr exquisiten und sehr renommierten Schuhgeschäft. Das Geschäft lag mitten in einer ruhigen, eleganten Seitenstraße, abgehend von der hektischen Fußgängerzone, durch die sich tagein und tagaus Ströme von Menschen schoben. Ich war froh, dass unser Laden ein wenig abseits lag. Wir waren nicht auf Laufkundschaft angewiesen. Die Kunden kamen zu uns, weil sie uns seit Jahren kannten oder weil man ihnen unsere Schuhmode empfohlen hatte. Wenn man mich fragte, warum ich Schuhverkäufer geworden war, erklärte ich immer irgendetwas zwar Sinnmachendes, aber doch eher Fadenscheiniges. Den wahren Grund traute ich mich nicht zu erläutern. Männer hätten mich geringschätzig betrachtet und Frauen wären mir vermutlich aus dem Weg gegangen.

Der wahre Grund, warum ich Schuhverkäufer geworden war und mit Leib und Seele meinen Job machte, war, dass ich dieses Leder, aus dem unsere hochwertigen Modell hergestellt waren, so sehr liebte und diese Frauenfüße, die darin steckten, so sehr begehrte. Der Geruch des Leders, der mir schon morgens, wenn ich den Laden aufschloss, entgegenströmte, den ich witternd einsaugte wie ein Tier, das seine Lieblingsbeute irgendwo vermutet, machte mich glücklich. Die Berührung des glatten, kühlen Materials beruhigte mich und erregte mich gleichsam. Der Anblick der meist anmutigen Füße, die in unsere Schuhe hineinglitten, weckte Fantasien in mir. Erotische Fantasien, über die ich noch nie mit jemandem gesprochen hatte. Auch die hohen Absätze der eleganten Damenschuhe zogen mich fast unwiderstehlich an, sie zu berühren. Die Stiefel, im Winter, wenn sie dann auch noch zum Schnüren waren, verfolgten mich bis in meine nächtlichen Träume mit geschlossenen und offenen Augen hinein. Ausschweifende Vorstellungen hielten mich wach oder begleiteten meinen Schlaf.

Ich hatte keine Frau, noch nie eine Freundin gehabt und nur selten mal Sex. Ich war schüchtern und verfügte nicht gerade über ein besonderes Maß an Selbstbewusstsein. Die paar Male, die ich mit einer Frau geschlafen hatte, waren ihrem Wunsch und Antrieb entsprungen. Es war auch ganz schön gewesen, aber irgendetwas hatte niemals gepasst, nicht genügend funktioniert. Die Frauen meldeten sich danach nie wieder bei mir und ich träumte weiter von der totalen sexuellen Erfüllung …

Es war ein außergewöhnlich heißer Junitag. Zu heiß, um auf zu viele Kunden hoffen zu können. Ich langweilte mich jedoch wie meist wenig, da es immer etwas zu tun gab und wir auch gerade neue Sommerware hereinbekommen hatten. Es waren die aufregendsten Sandaletten, die ich in diesem Sommer sehen würde. Das wusste ich. In Silber und Gold, die dünnen Lederriemen zum Schnüren bis hoch zum Knie und aufwendig bestickt.

Es war eigentlich schon Feierabend. Meine Kollegin war gegangen, mein Chef im Urlaub. Ich wollte sie trotzdem noch auspreisen und dann im Fenster ausstellen. Das goldene Paar lag in meiner Hand. Ich roch daran und meine Gedanken verselbstständigten sich, als die Türglocke schellte. Die Frau, die hereinkam, schaute hochmütig über mich hinweg, ließ ihren Blick gelangweilt über unsere wunderschönen Modelle gleiten und fragte dann mit herablassender Stimme, ob ich wohl etwas Außergewöhnliches für diesen Sommer zu bieten hätte. Ich betrachtete sie fast ehrfürchtig. Vom ersten Moment an fasziniert von ihrer herrischen, arroganten Art. Sie sah eher durchschnittlich aus, hatte allerdings überdurchschnittlich große Brüste zu bieten, die sich nur schwer unter dem dünnen Seidenkleid verbergen ließen. Sie trug kurz, sehr kurz, aber ihre perfekt geformten Beine ließen das zu.

„Nun?“, Sie sah immer noch an mir vorbei. „Ich denke, ich habe mich klar geäußert. Man hat mich zu Ihnen geschickt. Sie sollen die besten Schuhe in dieser Stadt haben. Also?“