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  Christian Rommert– Trügerische Sicherheit– Wie wir Kinder vor sexueller Gewalt in Gemeinden schützen

ISBN 978-3-417-22899-1 (E-Book)

Datenkonvertierung E-Book:CPI books, Leck

© 2017 SCM Verlag GmbH Co. KG, 58452 Witten

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Weiter wurden verwendet:

Umschlaggestaltung: Patrick Horlacher, Stuttgart

Für Katrin, Elena, Lara und Julian
Für Kai, ich hoffe, du hast deinen Frieden gefunden.

Inhaltsverzeichnis

Herzlich willkommen!

Finden Sie heraus, wo Sie stehen – ein Selbsttest

Prolog: Dunkles Geheimnis

Teil 1 | Warum wir uns dem Thema stellen müssen

Wo wir heute stehen

Die Strategie der Täterinnen und Täter

Der besondere Nährboden in christlichen Gemeinden

Einige Zahlen, Daten, Fakten

Kein neues Problem

Die Zeit der Ausreden ist vorbei

Vom Umgang mit der Macht

Auf das Warum kommt es an

Teil 2 | Wie wir unsere Kinder schützen können

Es geht nicht nur um Regeln und Standards

Starke Kinder

Starke Eltern

Starke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Starke Einrichtungen

Teil 3 | Was wir tun können

20 Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt – drei Stufen der Prävention

Stufe 1: Maßnahmen für die Menschen Ihrer Einrichtung

Stufe 2: Maßnahmen bezüglich der fachlichen Standards

Stufe 3: Maßnahmen, die das Wertefundament betreffen

Was tun im Fall des Falles – Die Intervention

Woran erkenne ich, ob ein Kind betroffen ist?

Interviews mit Kindern

Was tun als Elternteil?

Was tun als Betroffene?

Was tun als Partnerin oder Partner?

Was tun, wenn ich mich zu Kindern hingezogen fühle?

Was tun als Einrichtung?

Wie können wir vergeben?

Teil 4 | Auf dem Weg zu einem sicheren Ort

Die FeG Wuppertal-Ronsdorf macht sich auf den Weg

Der Prozess hin zu mehr Sicherheit

Zusammenfassung

Anhang

Literatur

Dank

Über den Autor

Anmerkungen

Herzlich willkommen!

Das Telefon klingelt. Am anderen Ende meldet sich der Pastor einer Gemeinde mit einer großen Freizeitarbeit für Kinder und Jugendliche. Ein Mitarbeiter wurde angezeigt. Er ist ein angesehenes Mitglied der Gemeinde. Ein engagierter Mensch. Ein frommer Christ. Er soll über mehrere Jahre mehrere Kinder sexuell missbraucht haben. Nachdem ein Kind zu reden begann, meldeten sich weitere Betroffene. Der Pastor fürchtet einen massiven Imageverlust, eine Pressekampagne und sieht die Gefahr, dass die Freizeitarbeit, die doch für so viele andere Kinder und Jugendliche ein Segen ist, komplett zusammenbrechen könnte. „Bitte helfen Sie uns! Sagen Sie uns, was wir tun müssen!“, bittet er mich.

Immer mehr Gemeinden, Kindergärten, Schulen und Vereine, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, erkennen, dass sie die Gefahr sexueller Gewalt gegen Kinder, die die Angebote ihrer Einrichtung nutzen, in der Vergangenheit unterschätzt haben. Was für viele bisher nur ein Thema war, das sie aus der Presse, dem Fernsehen oder aus Talkshows kannten, kommt plötzlich ganz nah. Die Skandale der letzten Jahre, die in Kirchen, Schulen, Vereinen aufgedeckt wurden, haben klargemacht, dass wir uns dem Thema stellen müssen, ob wir es wollen oder nicht. Sexuelle Gewalt ist nicht ein Thema unter vielen. Sie ist ein Thema, mit dem sich jede Einrichtung auseinandersetzen muss, die verantwortlich mit Kindern umgehen will.

Dieses Buch ist keine Reparaturanleitung. Wer Kinder schützen möchte, darf nicht glauben, er müsse nur einige Dinge, die bereits schiefgelaufen sind, korrigieren oder einige Maßnahmen einführen und schon sei das Problem gelöst. In meiner jahrelangen Beratung von Gemeinden, Werken, Kirchenbünden und Kindergärten habe ich gelernt, dass Einrichtungen im Bereich des Kinderschutzes kein „Schminkset“ benötigen, das vorübergehend für ein gutes Gefühl sorgt. Täterinnen und Täter werden neue Möglichkeiten finden, Kinder sexuell auszunutzen. Betroffene werden weiter schweigen, weil sie in unseren Veranstaltungen und Räumen nicht ermutigt werden, die Systeme, in denen sie sich wiederfinden, zu hinterfragen und aufzubrechen. Auch wenn nach außen alles schön zu sein scheint, werden Menschen aus unseren Reihen Gewalt ausüben und Betroffene still schreien und Verletzungen erfahren. Die Gefahr von Grenzüberschreitungen und sexueller Gewalt bleibt bestehen. Um ihr wirksam zu begegnen, reicht es nicht, halbherzig einige vom Gesetzgeber geforderte Veränderungen einzuführen.

Wer Kinder wirksam schützen möchte, muss erkennen, dass es um das Einüben einer neuen Haltung, um das Erlernen neuer Eigenschaften geht. Wer Kinder schützen möchte, der muss verinnerlicht haben, warum die Beschäftigung mit Kinderschutz wichtig und unverzichtbar ist. Wer im Bereich des Kinderschutzes nicht die Herzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnt, wird erleben, dass Kinderschutz ein netter Marketingeffekt ist, der Eltern ein gutes Gefühl gibt, innerlich aber leer bleibt. Mit der Zeit werden sich die Regeln verwaschen. Nur, wenn Sie das Warum verinnerlicht haben, werden Sie die Disziplin aufbringen, nicht vom Weg abzuweichen, Grenzen nicht aufzuweichen, sich auf neue Strategien der Täterinnen und Täter einzustellen und die richtigen Personen für Ihre Arbeit auszuwählen. Wirksamer Schutz gelingt nur, wenn die Frage, warum es wichtig ist, sichere Orte für Kinder zu schaffen, beantwortet wurde. Dieser Frage widmen sich die ersten Kapitel dieses Buches unter der Überschrift „Warum wir uns dem Thema stellen müssen“.

Die Kapitel danach befassen sich mit der Frage, wie wir unsere Kinder schützen können. Wie können unsere Gemeinden, Schulen, Kindergärten, Vereine, Anbieter von Freizeitprogrammen und Familien sicherer werden? Es sind starke Eltern, starke Kinder und starke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen Kindergarten, eine Familie, eine Kirche oder eine Gemeinde zu einem unsicheren Ort für Täterinnen und Täter machen. Deshalb geht es in diesen Kapiteln darum, wie Einrichtungen, die mit Kinder arbeiten, eine Kultur entwickeln, in der Kinder sicher aufwachsen können, wie Kinder und Eltern gestärkt werden und wodurch sich starke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszeichnen. Es geht um Eigenschaften, Kennzeichen und Stärken, durch die sich eine Einrichtung auszeichnet, die das Risiko minimieren will, zu einem Tatort zu werden.

Ist dieses „Wie“ geklärt, soll es praktisch werden. „Was wir tun können“, lautet die Überschrift des Kapitels, in dem ich zwanzig konkrete Maßnahmen nenne und Anregungen gebe, die sich bewährt haben und die Sie in den meisten Fällen direkt einführen und umsetzen können. Die Frage „Was können wir tun?“ beschränkt sich nicht nur auf den präventiven, also den vorbeugenden Bereich, in ihr enthalten ist auch die Intervention, also das Verhalten, das notwendig ist, wenn es zu einem konkreten Vorwurf gekommen ist. Auch darauf möchte ich eingehen. Die Kapitel unter der Überschrift „Was tun im Fall des Falles“ enthalten Impulse und Informationen, die Sie dabei unterstützen sollen, angemessen und hilfreich zu reagieren, wenn Sie den Verdacht haben, dass es in Ihrer Einrichtung einen Menschen gibt, der seine Beziehung zu Kindern missbraucht, oder wenn Sie fürchten, ein Kind der Einrichtung oder Ihr Kind könnte von sexueller Gewalt betroffen sein. Auch die Frage, was Sie tun können, wenn Sie Partnerin oder Partner einer Betroffenen oder eines Betroffenen sind oder selbst die Erfahrung von sexueller Gewalt gemacht haben, soll an dieser Stelle behandelt werden.

„Bitte helfen Sie uns! Sagen Sie uns, was wir tun müssen!“, so lautete die Frage des Pastors in dem eingangs erwähnten Telefonat. Auch ihm sagte ich, dass ich keine Reparaturanleitung liefern könne. Aber ich war sehr gerne bereit, hinzuschauen, Fragen zu stellen und zu helfen, die Situation aufzuarbeiten. Also vereinbarten wir einen Termin mit der Gemeindeleitung. Wir analysierten die Ausgangssituation und sprachen darüber, wie sich Veränderungen gestalten lassen, wie wir gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie mit den Betroffenen und deren Angehörigen den Weg zu einer sicheren Gemeinde gestalten könnten und wie wir uns gegenüber dem Täter verhalten würden. Wir starteten zu einer gemeinsamen Reise, die etwa ein Jahr dauerte. Im letzten Teil dieses Buches erfahren Sie, wie solch eine Reise zu mehr Sicherheit aussehen kann. Ich möchte Sie hineinnehmen in den Prozess, den es zu gestalten gilt. Sie erfahren, welche Schritte bei der Einführung eines Konzeptes für den Schutz von Kindern zu gehen sind, und wie Sie diese am besten umsetzen können.

Als Ehepaar haben wir uns dieses Thema nicht ausgesucht. Es war nicht so, dass wir eines Tages dachten: Wie spannend, lass uns etwas über Kinderschutz herausfinden! Der Anlass, uns mit dem Thema zu beschäftigen, war die Tatsache, dass meine Frau selbst jahrelang Übergriffe und sexuelle Gewalt erleben musste. Hinter uns liegt ein mühsamer Prozess der Aufarbeitung, der manchmal noch schmerzt und uns immer wieder beschäftigt. Die Möglichkeit, über das Thema zu reden, aufzuklären, zu sensibilisieren und das Schweigen zu brechen, war für uns eine der hilfreichen Optionen, mit unserem Schmerz und unserer Wut umzugehen. Wir begannen nach einigen Jahren der therapeutischen Aufarbeitung, Seminare zum Thema sexuelle Gewalt anzubieten. Wir erlebten dabei, dass sich nach jeder Predigt, nach jeder Schulung, nach jedem Artikel in einer Zeitschrift Betroffene meldeten und uns ihre Geschichte erzählten. Die meisten von ihnen waren Christen, genau wie die Menschen, die sie verletzt und missbraucht hatten. Dieses Buch erzählt immer wieder von diesen Menschen. Es sind Geschichten von Menschen, die wir in den vergangenen Jahren kennenlernen durften. Die Namen wurden geändert und Zusammenhänge manchmal anders dargestellt, um die Betroffenen zu schützen, doch hinter jeder Geschichte steht eine echte Person.

Es ist mein Wunsch, dass unsere Erlebnisse und Erfahrungen dazu beitragen, dass kirchliche Einrichtungen sicherer werden. Dieses Buch wurde geschrieben, weil wir den Traum haben, dass Kirchen, Kindergärten, Schulen, Vereine, Freizeiten und Elternhäuser Orte sind, an denen Kinder und Jugendliche Kreativität, Fantasie, Inspiration und Sicherheit erleben. Wir träumen von Orten, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestaltet werden, die kreativ und sicher denken, handeln und kommunizieren. Von Orten, an denen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren, die ein wirkliches Interesse und eine wirkliche Leidenschaft für den Schutz unserer Kinder haben, weil sie verstanden haben, warum der Einsatz dafür so wichtig und notwendig ist.

Gemeinsam mit Ihnen will ich mich auf die Suche machen, um die Frage zu beantworten, wie christliche Institutionen sicherer werden und was wir selbst dafür tun können. Dabei bin ich sehr an einem Austausch mit Ihnen interessiert. Ich freue mich über Ihren Besuch auf unserer Homepage www.kinderschutz.media oder eine E-Mail an christian@kinderschutz.media. Schreiben Sie mir Ihre Anregungen, Ihr Feedback und Ihre Ideen! Ich bin gespannt auf Ihre Zuschriften!

Mit herzlichen Grüßen

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Finden Sie heraus, wo Sie stehen – ein Selbsttest

Bevor Sie dieses Buch lesen, können Sie einen der folgenden Selbsttests machen. Die Fragen unterscheiden sich nur geringfügig. Der Test verschafft Ihnen eine erste Aussage darüber, wie gut Kinder bereits in Ihrer Einrichtung geschützt werden.

Die Frage 5 passt gegebenenfalls nicht, da für sie berücksichtigt werden muss, ob die Kinder und Jugendlichen aufgrund ihres Alters oder möglicher Behinderungen selbstständig die Toilette benutzen können.

Selbsttest für Institutionen, die mit älteren Kindern arbeiten

Dieser Selbsttest ist für Kirchen, Gemeinden, Vereine, Schulen, in denen keine pflegerische Begleitung von Kindern notwendig ist.

Bitte kreuzen Sie Ihre Antwort an

1Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für das Thema sexuelle Gewalt sensibilisiert.O JaO Nein
2Es gibt fachliche Standards und Absprachen für das Miteinander von Erwachsenen und Kindern.O JaO Nein
3Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die kontinuierlich mit Kindern arbeiten, haben ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt.O JaO Nein
4Es gibt einen Kodex zum Thema Kinderschutz, der von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den sensiblen Bereichen unterzeichnet wurde.O JaO Nein
5Es gibt nicht einsehbare oder verschließbare Toiletten, die Duschen werden von Mädchen und Jungen sowie von Erwachsenen und Kindern getrennt genutzt.O JaO Nein
6Die Räume, in denen vertrauliche Eins-zu-eins-Gespräche mit Kindern geführt werden, sind einsehbar.O JaO Nein
7Es gibt Vertrauenspersonen, die im Fall der Fälle und bei fachlichen Fragen ansprechbar sind.O JaO Nein
8Es gibt einen Notfallplan, der vermittelt, was im Verdachtsfall zu tun ist.O JaO Nein
9Kinder kennen ihre Rechte und werden durch Programme sensibilisiert und gestärkt.O JaO Nein
10Die Einrichtung hat Kooperationspartner, an die sie sich im Fall des Falles wenden kann.O JaO Nein

Selbsttest für Institutionen, die mit jüngeren Kindern arbeiten

Dieser Selbsttest ist vor allem für Kindergärten, Kinderkrippen und ähnliche Einrichtungen.

Bitte kreuzen Sie Ihre Antwort an

1Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für das Thema sexuelle Gewalt sensibilisiert.O JaO Nein
2Es gibt fachliche Standards und Absprachen für das Miteinander von Erwachsenen und Kindern.O JaO Nein
3Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die kontinuierlich mit Kindern arbeiten, haben ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt.O JaO Nein
4Es gibt einen Kodex zum Thema Kinderschutz, der von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den sensiblen Bereichen unterzeichnet wurde.O JaO Nein
5Es gibt nicht einsehbare oder verschließbare Toiletten, die Duschen werden von Mädchen und Jungen sowie von Erwachsenen und Kindern getrennt genutzt.O JaO Nein
6Die Räume, in denen vertrauliche Eins-zu-eins-Gespräche mit Kindern geführt werden, sind einsehbar.O JaO Nein
7Es gibt Vertrauenspersonen, die im Fall der Fälle und bei fachlichen Fragen ansprechbar sind.O JaO Nein
8Es gibt einen Notfallplan, der vermittelt, was im Verdachtsfall zu tun ist.O JaO Nein
9Kinder kennen ihre Rechte und werden durch Programme sensibilisiert und gestärkt.O JaO Nein
10Die Einrichtung hat Kooperationspartner, an die sie sich im Fall des Falles wenden kann.O JaO Nein

Auswertung

Wie oft haben Sie „Ja“ angekreuzt?

10-mal

Ihre Einrichtung hat bereits entscheidende Schritte auf dem Weg zu mehr Sicherheit unternommen. Kinder dürfen sich bei Ihnen schon sicher fühlen. Trotzdem werden Sie einige Tipps und Hinweise finden, die Ihnen noch nicht bekannt sind. Für Sie sind vor allem die Kapitel zu den Werten und das Kapitel „Wie wir unsere Kinder schützen können“ interessant.

7- bis 9-mal

Sie wissen bereits einiges zum Thema Kinderschutz. Wenn Sie dieses Buch aufmerksam durcharbeiten, werden Sie eine Reihe von Anregungen erhalten, die Sie spürbar auf dem Weg zu mehr Sicherheit voranbringen.

3- bis 6-mal

Bei Ihnen gibt es – wie in vielen Einrichtungen – verschiedene Themen, mit denen Sie sich eingehender befassen sollten. Sie werden viele Möglichkeiten entdecken, die zu einem Zuwachs an Sicherheit in Ihrer Einrichtung führen werden.

1- bis 2-mal

Wenn Sie sich eingehend damit beschäftigen, warum Kinderschutz notwendig ist, und die vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen, werden Sie erstaunt sein, wie positiv sich das auf die Sicherheit Ihrer Einrichtung auswirkt.

Prolog: Dunkles Geheimnis

Caro ist dreißig Jahre alt, als sie das Schweigen bricht. Das Schweigen über das, was er mit ihr gemacht hat. Das Schweigen über das, was er ihr gesagt und wie er sie verführt hat. Das Schweigen über ihre Geschichte. Die Geschichte ihrer Kindheit.

Einer ihrer Zähne wackelte. Daran erinnert sie sich. Damals muss es begonnen haben. Immer wieder sagte er: Sie sei etwas Einzigartiges. Es wäre auch für ihn ganz seltsam. Ganz besonders. Ganz ungewöhnlich. Das, was er für sie fühle, müsse Liebe sein. Doch die Mama dürfe davon nichts wissen. Scheidung! Verlust des Arbeitsplatzes. Die ganze Familie würde auseinanderbrechen. Sie müssten in eine andere Stadt ziehen. Ob Caro das will? Nein, das will Caro nicht. Also lässt sie zu, was er macht. Auch wegen der kleinen Aufmerksamkeiten. Der Geschenke. Der Nähe. Oft ist ihr unwohl. Sie mag das nicht. Dann wieder fühlt sie sich geschmeichelt. Weil er sie auserwählt hat. Weil er mit ihr Dinge teilt, die eigentlich nur für Erwachsene sind. Weil er sie so besonders liebt. Sie hält still. Woche für Woche. Monat für Monat. Jahr für Jahr. Urlaube, Sonntage, Alltage. Sie zieht früh aus und macht eine pädagogische Ausbildung. Dort hört sie auch von sexueller Gewalt. Doch sie ist sich sicher, bei ihr war es etwas anderes. Sie schweigt.

Caros Vater ist Christ. Er ist Mitarbeiter bei Kinderfreizeiten. Er ist in seiner Gemeinde ein geachtetes Mitglied und in seiner Firma ein angesehener Mitarbeiter auf höchster Führungsebene. Sein Engagement für Kinder ist herausragend. Er weiß Kinder zu begeistern. Niemand ahnt sein dunkles Geheimnis. Er findet den Umgang seiner Kirche mit dem Thema Sexualität unaufrichtig und antiquiert. Er versteht sich als Lehrer in Liebesdingen. Warum sollte er dieses Thema ausblenden? Seine Tochter will doch auch darüber sprechen. Er ist nur ehrlich zu ihr. Anders als andere Väter. Er musste niemals Gewalt anwenden. Er war immer sehr zärtlich. Er hat sie nie gezwungen. So meint er.

Jahre ziehen ins Land. Immer wieder muss Caro an das denken, was geschehen ist. Sie ist unsicher und zweifelt: Hab ich es nicht auch gewollt? Habe ich mich überhaupt gewehrt? Hätte ich nicht Nein sagen können? Letztlich sind solche Fragen der Grund, weshalb sie all die Jahre schweigt. Auch gegenüber ihrem Mann. Und ohne jenen Tag X wäre es wohl immer so geblieben.

Der Täter hatte zu einer Familienfeier eingeladen. Es ging fröhlich zu. Es gab eine Andacht. Es gab Kaffee und Kuchen. Am Abend wurde bei Bier und Wein gegrillt. Der Alkohol löste die Zunge. Was folgte, war eine Kombination aus frommen und abwertenden Sprüchen. Der Täter redete sich mal wieder in Rage. Er und seine Brüder behandelten eines ihrer Lieblingsthemen: „Schwule sind Abschaum!“

Caro verlässt den Raum. Sie hält das nicht aus. Ihr Bruder folgt ihr. Heute weiß sie nicht mehr, warum sie sagt, was sie sagt: „Wenn die wüssten! Ich ertrag das nicht!“ Mit der Antwort des Bruders bricht eine Welt zusammen: „Hat er dich auch angepackt? Mich auch!“

Caro und ihr Bruder entscheiden sich, das Schweigen zu brechen. Schnell wird deutlich, es gibt weitere Opfer. Jungen und Mädchen. Männer und Frauen. Nach dem Aufdecken der Taten erleben sie eine schreckliche Zeit. Der Täter erfährt von den Gesprächen und ist zunächst geschockt. Doch dann kommt er wieder aus seinem Versteck. Der gut bezahlte Anwalt ist informiert. Im Auftrag des Täters schüchtert er ein. Der Täter spielt sein Spiel. Es ist beängstigend. Vor allem auch, weil er so sehr mit sich im Reinen ist. Weil er so sehr seine eigenen Lügen glaubt. Weil er sich sicher ist, Gott hat ihm alles vergeben, Gott liebt ihn. Die anderen liegen falsch, weil sie sein Ansehen in der Öffentlichkeit beschädigen. Er ist das Opfer. Nicht sie! Sie sind nur böswillige Lügner. Gott wird sie bestrafen. Immer wieder Gott, Gott, Gott! Gott, der Vater! Gott, der Gerechte! Gott, der alles weiß! Gott spielt eine zentrale Rolle im Leben des Täters.

Zeitweise weiß Caro gar nicht mehr, was sie von Gott denken soll. Sie betet. Sie hofft. Aber eine Enttäuschung folgt der nächsten. Die Kosten für die Therapie können nicht übernommen werden. Caro macht Schulden. Jeder Brief vom Anwalt macht zusätzlich Angst. Verwandte fragen nach, was los sei, entscheiden sich dann aber doch lieber für die Version des Täters. Caro hört nie wieder etwas von ihnen. Jemand zeigt den Täter bei der Polizei an, doch das Verfahren wird aufgrund der Verjährungsfrist eingestellt.

Gott, wo bist du? Hilfst du wirklich? Interessiert dich, was hier passiert? Es vergehen mehr als zwei Jahre, bis Caro das erste Mal sagen kann: Es war richtig, zu sprechen! Ich würde es noch einmal aufdecken, ansprechen, bearbeiten. Zwei Jahre. Dann hat sie die Kraft, sich seinen Anschuldigungen und Lügen zu stellen. Sie will ihm entgegentreten. Sie will ihm sagen, wie sie die Dinge heute sieht. „Du hältst mich für einen Kinderschänder?“, schreit er sie an. Seine Frau, ihre Mutter, steht daneben: „Caro? Wie kommst du auf so etwas?“

Doch Caro fühlt sich auf die Situation gut vorbereitet. Sie weiß nun: Nein, ich war nichts Besonderes. Nein, bei mir war es nicht anders als bei den anderen. Der Mann, der mir dort gegenübersitzt, ist ein Mensch, der sexuelle Gewalt ausübt, Kinder verführt und missbraucht. Obwohl er sich als bibeltreuer Christ fühlt. Es war sexuelle Gewalt, nicht Liebe. Obwohl er nett und kinderfreundlich war. Er hat mein Schweigen benutzt, um seine Taten zu decken. Er hat meinen Glauben an seine aufrichtige Liebe missbraucht. Zehn Jahre meines Lebens! Aber seit zwei Jahren schweige ich nicht mehr! Und so antwortet sie ihm, dem Freizeitmitarbeiter, dem Christen, dem Vater: „Ja! Es war sexuelle Gewalt, was du getan hast.“

Teil 1 Warum wir uns dem Thema stellen müssen

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Wo wir heute stehen

Glaube vereint. Glaube bewegt. Glaube fasziniert. Woche für Woche erleben Kinder und Jugendliche in Kirchen, Gemeinden und christlichen Vereinen kreative Angebote, die Spaß machen, inspirieren und begeistern. Sie erfahren Geborgenheit. Sie können sich ausprobieren. Sie bauen Beziehungen, die nicht selten ein ganzes Leben prägen. Wenn ich an meine eigene Kindheit denke, so erinnere ich mich an Ausflüge mit dem alten Gemeindebus zum Picknick im Wald. Ich erinnere mich an „Auf, Seele Gott zu loben!“ und an gemeinsame Lagerfeuerabende. Meine Kirche war für mich Familie, Heimat und sicherer Ort. Hier konnte ich Spaß haben, Grenzen ausloten und Gemeinschaft erleben. Ich ahnte nicht, dass es irgendwo anders sein könnte und dass andere Menschen in meinem Umfeld in Kirchen, Gemeinden oder christlichen Einrichtungen unvorstellbares Leid, sexuelle Übergriffe, Einschüchterungen, Angst und Gewalt erlebten.

Doch gerade darauf haben Experten immer wieder hingewiesen: Sexuelle Gewalt ist auch ein Thema in Kirchen und Gemeinden. 2010 war das Jahr, in dem das Ausmaß dieser Wahrheit besonders deutlich wurde. Der Jesuit, Gymnasiallehrer und Redakteur Klaus Mertes löste eine Welle von Aufdeckungen sexueller Gewalt an jungen Menschen im Kontext von christlichen Einrichtungen in Deutschland aus. Nachdem ihm mehrere ehemalige Schüler des Gymnasiums anvertraut hatten, dass sie in ihrer Schulzeit missbraucht worden waren, richtete der Rektor des Canisius-Kollegs einen offenen Brief an die Schülerinnen und Schüler der betreffenden Jahrgänge. Er stellte sich der Verantwortung und ermöglichte dadurch, dass viele Opfer ihr jahrelanges Schweigen brachen.1

Klaus Mertes sagte einmal in einem Interview: „Erst sieht man den Heiligenschein, dann riecht was komisch. Man erfährt von den ersten Gerüchten und fragt nach. Plötzlich verstummen einige, andere werden aggressiv. (…) Mir hat das keine Ruhe gelassen.“2

Mertes begann zu fragen und er begann zu reden. Mit ihm fanden immer mehr betroffene Frauen und Männer eine Sprache für das Unaussprechliche. Ihre Kindheit in der Kirche war kein großes Picknick, kein einziges „Auf, Seele, Gott zu loben“. Die Geborgenheit der christlichen Einrichtung wurde ausgenutzt, um sie zu missbrauchen. Sie erlebten Vergewaltigungen, unerwünschte sexuelle Berührungen oder andere erzwungene sexuelle Handlungen und jahrelange Einschüchterung. Kinder, die in Klosterinternaten aufgewachsen waren, berichteten von schrecklichen Übergriffen. Es war auf Kinderfreizeiten, in Schulen, in Heimen zu Übergriffen gekommen. Priester nutzten das besondere Vertrauensverhältnis zu Ministranten genauso aus wie Pastoren den engen Kontakt zu Kindern aus schwierigen Elternhäusern. Wie konnte das geschehen?

Die Strategie der Täterinnen und Täter

Missbrauch geschieht nie versehentlich. Sexuelle Gewalt ist ein geplanter Vorgang. Täterinnen und Täter geraten nicht plötzlich in Versuchung und vergehen sich an einem Kind. Sie bauen gezielt Kontakte zu Kindern auf, um herauszufinden, ob dieses Kind ein potenzielles Opfer sein könnte. Sie suchen und gestalten Systeme, in denen es unwahrscheinlich ist, dass Taten aufgedeckt werden, oder in denen aufgedeckte Taten nicht konsequent verfolgt werden. Sie erforschen das Umfeld des Kindes und testen, wie Eltern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagieren. Sie loben, verführen, vernebeln die Wahrnehmung ihres Opfers, der Eltern und der Kolleginnen und Kollegen. Sie suchen sich Systeme, die sich missbrauchen lassen, und gestalten sich ein Umfeld, in dem sich ihre Taten unentdeckt vollziehen lassen.

Man kann sich das wie einen Trichter vorstellen: Ganz oben stehen unverfängliche Beziehungen zu Kindern, wie sie viele Erwachsene pflegen. Auf der nächsten Ebene intensivieren Täterinnen und Täter Beziehungen zu den Kindern, deren Verhalten und Umfeld es ihnen erleichtert, missbräuchliche Beziehungen auszubauen. Sie spüren, wenn ein Kind eine besondere Sehnsucht nach Aufmerksamkeit hat, wenn es etwas isoliert ist oder sich nicht so gut zur Wehr setzen kann. Auf diese Weise wählen sie ihr potenzielles Opfer. Sie vernebeln die Wahrnehmung des Umfeldes, gewinnen durch ihr Engagement und ihre Leidenschaft das Vertrauen der Eltern.

Als Nächstes starten die Täterin oder der Täter Testrituale und bemühen sich, ihr Umfeld und das potenzielle Opfer im Hinblick auf sexuelle Grenzüberschreitungen zu desensibilisieren. Sie testen aus, wie weit sie gehen können.

Kirchen und andere christliche Institutionen haben leider Täterinnen und Tätern solch einen Raum und solche Systeme zur Verfügung gestellt und viele tun es ungewollt noch immer.

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Thorstens Masche

Thorsten hatte eine besondere Masche. Er tobte gern mit Kindern. Wenn er sie durchkitzelte, berührte er sie manchmal im Intimbereich. Er hatte keine Angst, dass seine Taten aufgedeckt werden könnten. Er war als echter Kumpeltyp bekannt und alle wussten, dass er auch viel körperliche Nähe bei den Kindern zuließ. Wenn ein Kind dennoch gesprochen hätte, hätte er sich herausreden können mit den Worten: „Oh, das war ein Versehen! Da waren wir wohl zu wild! Das kommt nicht wieder vor!“

Natürlich kann es wirklich einmal versehentlich passieren, dass man jemanden berührt, wo man ihn nicht berühren wollte – sei es, dass man stolpert oder sich im falschen Moment umdreht, ungünstig zusammenstößt … Doch bei Täterinnen und Tätern haben diese Berührungen System.

Die Kinder, die sich bei anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschwerten, fielen durch sein Raster, Thorsten wusste, dass er bei ihnen von nun an vorsichtig sein musste. Die Erwachsenen nahmen die Beschwerden der Kinder leider nicht ernst, sodass Thorsten die Grenzen der anderen Kinder weiter austesten konnte.

Thorstens Masche ist nur eine von vielen. Vielleicht starrt der Täter beim Duschen auf den Penis der Jungen. Er beobachtet, wem das peinlich ist und wie die Kinder reagieren. Oder die Täterin berührt „zufällig“ Mädchen und Jungen am Po.

Nur bei denen, die sich nicht wehren, versuchen die Täterinnen und Täter weitere Grenzverletzungen. Sie benutzen Zweideutigkeiten, werden offensiver, was sexuelle Dinge angeht. Wer mitfrotzelt und über die Sexwitzchen kichert, wird gefragt, ob er schon mal Sexfotos gesehen hätte. Dann werden vielleicht solche Fotos gezeigt. Später werden sie nachgestellt, angeblich nur zum Spaß, um einmal zu sehen, wie das ist. Und irgendwann braucht es keine Kamera als Alibi mehr.

So wie in der Geschichte von Thorsten. Irgendwann kam der Punkt, an dem von den Kindern, bei denen er die Reaktionen ausgetestet hatte, nur noch die zwölfjährige Lisa übrig war. Er fragte sie, ob sie nicht Lust hätte, so ein Foto einmal nachzustellen. Thorsten erklärte, er finde das, was die Frau auf dem Bild macht, zwar schön, aber er finde Lisa viel hübscher und attraktiver und es wäre ein toller Beweis für ihr besonderes Vertrauen. Als Dank würde er ihr etwas schenken, das sie sich schon lange wünscht. Lisa willigte ein, obwohl sie sich dabei nicht wohlfühlte. Aber Thorsten versprach, die Fotos nur für sich zu machen, und sie mochte Thorsten.

Als Thorsten ihr gestand, dass er sich in Lisa verliebt hatte und dass er am liebsten irgendwann einmal das Gleiche mit ihr auf einem Bild machen würde, wie der Mann und die Frau auf einem Foto, das er ihr zeigte, wusste Lisa nicht, wie sie noch aus dem System ausbrechen konnte. Irgendwann kam bald. Zu bald. Weil Thorsten sie anflehte und weil sie sich vor ihren Freundinnen schämte, schwieg sie. Sie tröstete sich mit den Geschenken, die Thorsten ihr machte, und mit der Tatsache, dass er ihr so viel Vertrauen schenkte, dass er sie mit in die Welt der Erwachsenen nahm.

Als Lisa einmal Zweifel äußerte, beschuldigte Thorsten sie: „Du hast mich verführt. Du bist doch schuld an diesem Schlamassel. In was hast du mich da hineingezogen? Weißt du eigentlich, was das für mich bedeuten kann? Ich kann meinen Arbeitsplatz verlieren und meine Frau verlässt mich! Wenn du etwas sagst, zeige ich das Video, wie du versuchst, mich anzumachen, deinen Freundinnen. Also sei bloß ruhig!“

Auch das ist typisch für Täterinnen und Täter. Sie verstehen es, die Realität so zu verdrehen, dass die Opfer die Schuld bei sich selbst suchen.

Täterinnen und Täter bauen gezielt Beziehungen auf

Täter werden häufig als sehr kinderlieb und engagiert beschrieben. Kein Wunder, denn sie benötigen eine breite Basis an Kontakten zu Kindern, die es Ihnen ermöglicht, jene herauszufiltern, die anfälliger für sexuelle Gewalt sind. Also engagieren sie sich in Berufen, in denen sie Kontakt zu Kindern haben, oder arbeiten ehrenamtlich in einem Verein oder einer Gemeinde mit Kindern. Sie bieten Fahrdienste oder Nachhilfe an. Sie haben die größte Legosammlung der Straße oder werden von Kindern wahrgenommen, weil sie ein ganz besonderes und seltenes oder teures Spielzeug besitzen. Ihr Ziel ist der Kontakt zu möglichst vielen Kindern mit der Möglichkeit, bei einzelnen Kindern Testrituale durchzuführen und herauszufinden, ob dieses Kind sich wehrt, distanziert oder ob es sich in den Sog, in den Trichter hineinziehen lässt, den der Täter beabsichtigt.

Nach den Testritualen und der Sexualisierung erfolgen erste Übergriffe. Die Kinder oder Jugendlichen werden durch Scham zum Schweigen gebracht und dadurch von den Personen isoliert, denen sie sich anvertrauen könnten. Schließlich reden die Täterinnen oder Täter ihnen ein, dass sie selbst schuld an allem seien. Die Schuld- und Schamgefühle sorgen dafür, dass die Opfer weiter schweigen.

Der besondere Nährboden in christlichen Gemeinden

Warum konnten Täterinnen und Täter gerade in Kirchen, Gemeinden und christlichen Institutionen so viele Jahre unbemerkt und frei agieren? Wieso gelang es ihnen, Missbrauchsstrukturen aufzubauen, und wie schafften sie es, dass sie selbst nach dem Aufdecken von Taten nicht zur Rechenschaft gezogen wurden? Wieso fanden sie im christlichen Milieu so viele Opfer und warum wurden die Stimmen der Betroffenen von den Verantwortlichen nicht gehört?

Ich bin überzeugt, jede Einrichtung, die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, hat spezielle Risikofaktoren, durch die sie sich von anderen Einrichtungen unterscheidet. Im christlichen Kontext lassen sich folgende weit verbreitete Risikofaktoren benennen:

→ das häufig sehr familiäre und sehr dichte Miteinander

→ das komplizierte Verhältnis zum Thema Sexualität

→ der Einsatz körperlicher Gewalt in der Erziehung

→ der Umgang mit dem Thema Gehorsam

→ der missbräuchliche Umgang mit dem Thema Vergebung

→ das Machtgefälle zwischen Mann und Frau

→ die Einstellung „Das gibt es bei uns nicht!“

Das familiäre und dichte Miteinander

Bis heute leben kirchliche Einrichtungen von einem gewaltigen Vertrauensvorschuss. Die Mitglieder in Kirchen und Gemeinden sind davon überzeugt, dass man in der eigenen Gemeinde sicher sein kann. Hier würde man als Erstes einen Babysitter oder Nachhilfelehrer für seine Kinder suchen. Man glaubt, solange die Kinder in die Gemeinde gehen, seien sie sicher. Nicht selten sind Christinnen und Christen von dem Dualismus geprägt: In der Gemeinde ist es besser und sicherer, während die eigentliche Gefahr in der „Welt“, in den Clubs, im Internet, in Schulen und in den nichtchristlichen Freundeskreisen lauert.