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ACROPORA
GEWEIHKORALLEN

IM MEERWASSERAQUARIUM

PFLEGE UND VERMEHRUNG

Dieter Brockmann

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Bildnachweis

Titelbild: Acroporiden im Schaubecken der Firma „Korallenzucht“

Foto: R. Schäfer und T. Pohl

Bild Seite 1: Schaubecken der Firma „Korallenzucht“

Foto: R. Schäfer und T. Pohl

Fotos ohne Bildnachweis vom Autor

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eISBN: 978-3-86659-351-0

© 2010 Natur und Tier - Verlag GmbH

Inhalt

Vorwort

Was sind Steinkorallen?

Der natürliche Lebensraum

Abiotische Faktoren

Nährstoffarmut und Licht

Temperatur

Strömung

Biotische Faktoren

Fressfeinde

Konkurrenz um Lebensraum

Physiologie und Körperbau

Aufbau eines Acropora-Polypen

Aufbau des Kalkskeletts

Systematik der Geweihkorallen

Buschförmig wachsende Arten

Geweih- und baumförmig wachsende Arten

Tisch- und plattenförmig wachsende Arten

Massiv und krustenförmig wachsende Arten

Aquarienpflege von Geweihkorallen

Das Meerwasser und die Dichte

Temperatur

Strömung

Beleuchtung

Wasserparameter

Die ZEOvit-Methode

Kalzium und Karbonate

Kalkwasser

Kalkreaktor

Kalziumchlorid/Natriumhydrogenkarbonat

Vergesellschaftung mit sessilen Wirbellosen

Vergesellschaftung mit Fischen

Vermehrung von Geweihkorallen

Sexuelle Vermehrung

Asexuelle Vermehrung, Fragmentierung

Krankheiten und ihre Bekämpfung

Ursachen für einen Krankheitsausbruch

Behandlung von Krankheiten

Parasiten

Optimale Wasserparameter und regelmäßige Pflegemaßnahmen

Liste der gültigen Acropora-Arten

Literatur

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Kleinpolypige Steinkorallen im Aquarium. In der Mitte ein Ableger der Stüber’schen Acropora, mit der die moderne Korallenriffaquaristik ihren Anfang nahm.

Vorwort

Kaum eine andere Tiergruppe hat die Entwicklung der Meerwasseraquaristik so nachhaltig beeinflusst wie die hermatypischen, also riffbildenden Steinkorallen. Für ihre erfolgreiche Pflege mussten neue Technologien entwickelt werden, die heute zum Standard in der Aquarienpflege von Meerestieren gehören. Abschäum- und Strömungstechnik sowie die Beleuchtung wurden optimiert, so dass Haltung und Vermehrung der meisten Vertreter dieser riesigen Tiergruppe heute keine Probleme mehr bereiten.

Man schätzt die hermatypischen Steinkorallen derzeit auf etwa 800 Arten, aber nur eine Gattung steht im Zentrum der Leidenschaft vieler Aquarianer: die Geweihkorallen oder Acroporiden (Acropora spp.). Dieser „Hype“ begann eigentlich mit einem kleinen, braunen Ast, der Anfang der 1980er-Jahre aus Lebendgestein im Aquarium von Dietrich Stüber, Berlin, herauswuchs.

Dietrich Stüber hegte und pflegte das Juwel, so dass es gut heranwuchs und er viele Ableger dieser Acropora-Art an befreundete Aquarianer weitergeben konnte. Dadurch fand diese Geweihkoralle, deren wissenschaftlicher Name nach wie vor unklar ist, bald weltweite Verbreitung. Infolgedessen wurden nun gezielt auch andere Acropora-Spezies in großer Zahl importiert und gelangten in den Handel. Tischförmig wachsende Arten, kompakte Arten mit dicken Ästen sowie filigrane Stöcke mit langen Korallenkelchen beherrschten bald das Bild in der Aquaristik. Der Bedarf an diesen Tieren war so groß geworden, dass – auch aufgrund der mahnenden Worte der Naturschützer, dass die Entnahme großer Mengen von Steinkorallen die Existenz und Artenvielfalt der Riffe bedrohen würde – sehr effiziente Nachzuchttechniken entwickelt wurden. Mittlerweile gibt es zahlreiche sowohl land- als auch meergestützte Korallenfarmen, die uns Aquarianer mit nahezu der gesamten Bandbreite an Acropora-Korallen versorgen. Daher konnten Naturentnahmen minimiert werden.

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Acropora der „ersten“ Stunde. In den 1980-er Jahren dominierten bei den gepflegten Geweihkorallen vor allem braune Farbtöne (Foto aus dem Jahr 1987).

Die Geschichte der Acropora-Aquaristik ist damit aber noch nicht zu Ende geschrieben, denn die Entwicklung schreitet stetig weiter fort. Waren es anfangs die natürlich braun gefärbten Arten, die in Korallenriff-Aquarien dominierten, so sind heute viele Becken mit Geweihkorallen extrem farbenfroh. Dies ist auf die Weiterentwicklung ausgeklügelter Filtersysteme, die für extrem nährstoffarmes Wasser sorgen, und auf das Hinzudosieren von Zusatzstoffen (Spurenelemente und organische Nährstofflösungen, u. a. Aminosäurepräparate) zurückzuführen. In diesem Zusammenhang möchte ich Regina Schäfer und Thomas Pohl von korallenzucht.de für die Fotos ihrer fantastischen Riffaquarien herzlich danken.

Die nötige Geduld vorausgesetzt, können mit der heute zur Verfügung stehenden Technik in Verbindung mit dem entsprechenden biologischen und chemischen Wissen kleine Riffe in Aquarien geschaffen werden, die ihrem natürlichen Vorbild nur wenig nachstehen und in denen man sehr interessante Beobachtungen machen kann.

Dieser Band aus der Ratgeber-Reihe „Art für Art“ soll die Grundlagen zum Aufbau solcher Aquarienriffe und zur Pflege und Vermehrung von Acroporiden vermitteln sowie einen Überblick über die große Gattung Acropora geben. Mein Ziel ist dabei vor allem, die Begeisterung für diese herrlichen Riffbildner zu wecken, damit möglichst viele Leser durch das Beobachten des „Korallenriffs im Wohnzimmer“ einen Einblick in die faszinierende Welt der Steinkorallen erhalten.

Dieter Brockmann, Ulm, im Sommer 2010

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Die Feuerkoralle Millepora dichotoma zählt nicht zu den Steinkorallen, obwohl sie ebenfalls ein Skelett aus Kalk bildet.

Was sind Steinkorallen?

Der Begriff „Steinkoralle“ wird für eine Tiergruppe verwendet, deren Vertreter ein kompaktes Skelett aus Kalk (Kalziumkarbonat, CaCO3) aufbauen. Wissenschaftlich werden sie als Ordnung Scleractinia bezeichnet. Nach VERON (2000) enthält die Ordnung 18 Familien, darunter die Acroporidae mit den vier Gattungen Montipora, Anacropora, Astreopora und den Geweihkorallen (Acropora).

Allerdings gibt es auch andere Korallen, die ein Skelett aus Kalk aufbauen, aber dennoch nicht zu den Steinkorallen gerechnet werden. Hierzu gehören z. B. die Feuerkorallen Millepora spp., die Filigrankorallen aus der Ordnung Filifera, die Blaue Koralle (Heliopora coerulea) und die Orgelkoralle (Tubipora musica). Was aber unterscheidet diese Korallen von den „echten“ Steinkorallen? Es ist insbesondere die Struktur ihrer Polypen, die hier als Kriterium herangezogen wird. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, dass die Polypen fast aller Steinkorallen sechs Tentakel oder ein Vielfaches davon besitzen. Daher wurde die systematische Klasse, der sie früher zugeordnet wurden, auch als Hexacorallia (griech. hexa = sechs) bezeichnet. Dieser Name wird heute allerdings nicht mehr verwendet, sondern wurde durch die Unterklasse Zoantharia ersetzt. Die Blaue Koralle und die Orgelkoralle haben dagegen als Vertreter der Unterklasse Octocorallia acht symmetrisch angeordnete Tentakel. Feuer- und Filigrankorallen als Vertreter der Ordnung Hydroidea (Unterordnung Athecata) besitzen recht komplexe Polypen und Polypensysteme, die sie deutlich von den Steinkorallen unterscheiden.

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